„Erpressung darf nicht durchgehen“: Alex Bodry empört sich über CSV-Forderung in Sachen Verfassungsreform

„Erpressung darf nicht durchgehen“: Alex Bodry empört sich über CSV-Forderung in Sachen Verfassungsreform

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2020 sollte das Jahr der Verfassungsreform werden. Wegen der rezenten Forderung der Oppositionspartei CSV nach Volksbefragungen befürchtet die Regierungspartei LSAP nun, dass Stillstand eintreten und die neue Verfassung scheitern könnte. Die Sozialisten seien offen für weitere Diskussionen, lassen sich aber nicht gerne von der CSV erpressen, sagte der LSAP-Fraktionsvorsitzende Alex Bodry gestern.

Die traditionelle Bilanzpressekonferenz der LSAP-Fraktion am Freitag (12.7.) wurde vom rezenten Sinneswandel der CSV im Hinblick auf die geplante Verfassungsreform bestimmt.

Vor fast zwei Wochen hatten Parteipräsident Frank Engel und der Abgeordnete Léon Gloden für viele überraschend konsultative Volksbefragungen zu bestimmten Themen als Bedingung genannt, damit die CSV die erste Lesung des Verfassungsentwurfs mit annimmt. Insbesondere über die eventuelle Zusammenlegung der Wahlbezirke und die Abschaffung der Doppelmandate will die CSV die Bürger befragen.

Ohne die Christsozialen kann die Verfassungsreform nicht gelingen, denn für konstitutionelle Änderungen wird eine Zweidrittelmehrheit benötigt. Die drei Regierungsparteien kommen gemeinsam aber nur auf 31 der insgesamt 60 Sitze. Selbst wenn die drei anderen Oppositionsparteien ADR, „déi Lénk“ und Piraten den Entwurf unterstützten, was aber eh unwahrscheinlich ist, würde die Zweidrittelmehrheit nicht erreicht.

Bereits viel  Vorarbeit geleistet

Dabei war die CSV maßgeblich an der Ausarbeitung des jetzt vorliegenden Texts beteiligt. Der Abgeordnete Paul-Henri Meyers hatte 2009 einen Entwurf im Parlament eingebracht, der als Grundlage für die Verfassungsrevision diente.

Die alte Verfassung stammt noch aus dem Jahr 1868 und wurde lediglich bei Bedarf immer wieder angepasst.

Im Herbst dieses Jahres wollte die Regierung eine große Informationskampagne starten und die Meinung der Bürger zur Verfassungsreform anhören. Dafür sei bereits viel Vorarbeit geleistet worden, erklärte der Fraktionsvorsitzende der LSAP, Alex Bodry, gestern. Werbefilme und eine Vereinfachung der Verfassungstexte seien schon in Auftrag gegeben worden. Auch die CSV hatte diesen Prozess bis vor zwei Wochen noch unterstützt. Durch ihren Sinneswandel wisse man nun nicht mehr, wie es weitergehe, meinte Bodry.

„Leichter Hang zum Chaos“

Über das „Ultimatum“, das die CSV den Regierungsparteien gestellt habe, zeigte sich Alex Bodry schockiert. „Diese Erpressung darf nicht durchgehen“, entrüstete sich der Fraktionsvorsitzende.

Der CSV warf er vor, aus parteipolitischen Gründen die Arbeit der vergangenen 15 Jahre kaputtzumachen. Den CSV-Präsidenten Frank Engel bezeichnete Bodry als „Provokateur mit leichtem Hang zum Chaos“.

Die LSAP sei offen für weitere Diskussionen über das Vorgehen bei der Verfassungsreform, doch die Drohung der CSV, den Text bei der ersten Lesung nicht mitzustimmen, dürfe nicht bestehen bleiben. Ansonsten hob Bodry vor allem die sozialpolitischen Leistungen der Regierung hervor, von denen die meisten von der LSAP ausgegangen seien: Die Erhöhung des Mindestlohns und des Revis, der zusätzliche Urlaubs- und Feiertag und die Diskussionen über die Arbeitszeit seien zentrale Themen, die die LSAP im Koalitionsprogramm habe verankern können.

Die Hälfte des Staatshaushalts seien Sozialausgaben, die Rekordinvestitionen in den öffentlichen Verkehr und in Infrastrukturen würden zum Teil durch Anleihen finanziert und nicht durch Sparmaßnahmen auf dem „Buckel der Leute“, sagte Bodry.

Als weitere Leistungen, die auf LSAP-Minister zurückzuführen seien, führte Bodry die Reform der Rettungsdienste und der Gemeindegesetzgebung an.

Bei den neuen Gesetzesprojekten über Jugendschutz, Waffenbesitz und das Notariatswesen müsse noch nachgebessert werden.

Beim Ausblick auf das kommende Jahr ging Bodry jeweils kurz auf den Nationalen Aktionsplan für Biolandwirtschaft, die Einführung der Möglichkeit von Sammelklagen beim Konsumentenschutz sowie die Reform des Stage-Gesetzes ein. Auch das Recht auf Weiterbildung und auf Abschalten müsse gesetzlich verankert werden.

Emanzipierung des Parlaments

Im Rahmen der geplanten Legalisierung von Cannabis hofft Bodry, dass erste konkrete Initiativen schon 2020 ergriffen werden. Doch das Gesetz brauche Zeit, denn erst müssten die komplexen Fragen um die Produktion und den Verkauf von Cannabis geregelt werden.

Eine große Reform stelle auch die geplante Einführung der Individualbesteuerung dar, die eine Abschaffung der traditionellen Steuerklassen darstelle, sagte Bodry. Die Reform der Grundsteuer und die Umweltsteuer dürften nicht zur Aufbesserung der Staatskasse dienen, sondern seien Instrumente zur Steuerung des Verhaltens der Bürger, präzisierte Alex Bodry.

Abgeordnete sollen sich besser vorbereiten

In den kommenden Jahren wollen sich die Abgeordneten auch mit sich selbst auseinandersetzen. Die LSAP will sich mit der „Emanzipierung des Parlaments“ beschäftigen, sagte Bodry. Abgeordnete sollten sich besser auf Sitzungen vorbereiten, um selbstbewusster in Diskussionen gehen zu können. Deshalb benötigten die Fraktionen mehr Personal, das den Abgeordneten dabei zur Hand geht.

Damit zusammen hängt auch eine Reform des Parteienfinanzierungsgesetzes. Politiker dürften ihren Wahlkampf nicht über private Kampagnen finanzieren, sagte Bodry wohl in Anspielung an den Piraten Daniel Frères, der seinen Tierschutzverein mutmaßlich zu Wahlkampfzwecken missbraucht hatte.

GuyT
22. Juli 2019 - 10.10

Die LSAP hat definitiv beim Refenrendum gezeigt was sie von demokratischen Wille der Bürger hält und wie leicht sie riskiert definitiv den Weg der Schwesterparteien in D und F zu folgen. Bodry will also konsultative Volksbefragungen verhindern und nennt die Forderungen danach Erpressung. Wie undemokratisch kann man sein. Hinzu kommt noch ein weiterer Sargnagel für die LSAP: Wer die Abschaffung der Steuersouveränität fordert für Luxemburg wird vom Bürger abgestraft werden.

J.C.KEMP
16. Juli 2019 - 20.03

Den Här Bodry hat awer leider Recht! Well déi meescht vun denen 80% hate villes net verstaanen, déi aner ware souwisou dogéint, well se zur rietser oder ganz rietser Mëtt gehéieren. ;)

J.C.KEMP
16. Juli 2019 - 20.00

Ja, aber nachdem die Verfassung vom Parlament gestimmt war, nicht vorher.

Jang
16. Juli 2019 - 8.55

Ett ass ëmmer daat selwecht Gesabbels. Politik ass ëppes aaneschtes.

tarzan
15. Juli 2019 - 15.20

kann mich irren, aber war nicht mal vorgesehen die bevölkerung zu dieser reform zu befragen/referendum?

Frank Goebel
15. Juli 2019 - 7.19

Das ist die übliche Formulierung, mit der etwa über laufende Ermittlungen oder Prozesse berichtet wird - was eine Hauptaufhabe einer freien Presse ist. Erst, wenn ein Gericht die Schuldfrage beantwortet hat, entfällt entweder das Wort "mutmaßlich" - oder die Berichterstattung an sich. - Ihre Redaktion

Le républicain zu London
14. Juli 2019 - 12.58

"den Piraten Daniel Frères, der seinen Tierschutzverein mutmaßlich zu Wahlkampfzwecken missbraucht hatte." wenn es nur mutmaßlich ist, sollte man das nicht in einer Tageszeitung erwähnen. Das ist gewisser Massen einen mutmaßliche Verleumdung und könnte ein gerichtliches Nachspiel haben...werden sie jetzt diesen Kommentar streichen?

KTG
14. Juli 2019 - 12.18

Einfach die Tür geschlossen halten und das Kind kommt nicht mehr rein. Die Krawallos dürfen dann draußen brüllen und fauchen.

Nomi
14. Juli 2019 - 11.13

Wellt hei den Hr Bodry den Bierger rem entmuendegen ? 80% vun dommen Bierger beim leschten Referendum duerf een nie vergiessen !

Schmeler Michel
14. Juli 2019 - 9.17

@de Prolet & KTG Wann der geient Oppositiouen sid dann hu der jo wahrscheinlech esou gewielt dass e freiere Minister deen eindeutech "abus de pouvoir" gemeet huet. Wann ee vun aeren Kanner emol eng komme leiest dann "Eddy" Staatsplatz an... Awer dass Een eventuel EU Kommissaer get deen sech esou e Fehlverhalten erlapt huet andeems e mengt seng wären besser an dann deen nach wielt, mojo da stenckert weider.

Jacques Zeyen
14. Juli 2019 - 9.16

Verfassungsreform? Sicher,wird auch Zeit. Wie wär's mit einer Republik und einem Verbot für "Sekten" aller Art in die Politik einzutreten? C-christen,M-oslems,usw. halten die Lehren ihrer Götter für sich in ihren vier Wänden. Also eher " Im Namen des Volkes" als "So wahr mir Gott helfe".

Nëckel
13. Juli 2019 - 19.21

Wéi ? an der Politik ass dach Alles erlabt. Sech an d'Regierung putschen ! Buurgermeeschter bleiwen an dann awer Premier gin ! "Unter ferner liefen" bei den Wahlen, dann awer Vizepremier ! D'Hypokrisie an senger schéinster Form.

KTG
13. Juli 2019 - 15.37

Krawall auf allen Ebenen. Die CSV ist am Ende.

de Prolet
13. Juli 2019 - 15.15

Man muss gegenüber der CSV etwas nachsichtiger sein. Sie hat sich immer noch nicht mit ihrer Rolle als Oppositionspartei ab-und zurechtgefunden. Sie benimmt sich wie ein verwöhntes Kind, dem sein Wille nicht getan wird, die Tür knallend das Zimmer verlässt und sich zum Schmollen zurückzieht.