Einfach wau: Der „Escher Hondsveräin“ ist der älteste Hundeklub des Landes

Einfach wau: Der „Escher Hondsveräin“ ist der älteste Hundeklub des Landes
Foto: Editpress/Claude Lenert

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„Und zum Schluss planscht Bello“, titelte das Tageblatt Ende August. Eine spektakuläre Aktion des „Escher Hondsveräin“ hatte besondere Aufmerksamkeit erregt. Am Sonntagvormittag vor der Schließung der Escher Badeanstalt zu Wartungsarbeiten durften nämlich die Hunde des Vereins erstmals allein das kühle Nass des großen Schwimmbeckens in vollen Zügen genießen. Und so mancher Leser fragte sich, was eigentlich genau der „Escher Hondsveräin“ macht. Wir haben nachgefragt.

Von Christiane Wagner

Mit freudigem Schwanzwedeln empfangen uns Bruno, Neo, Faye und Kati, als wir das weitläufige Trainingsgelände des „Escher Hondsveräin“ am Fuße des „Gaalgebierg“ betreten. Doch nicht nur die Fellnasen begrüßen uns erfreut, auch der gesamte Vorstand hat sich eingefunden, um uns Aufschluss über „seinen“ 130 Mitglieder zählenden Klub zu geben.

„Wir sind der älteste Hundeverein des Landes“, erzählt uns Präsident Marc Kayser. „1913 wurde er unter dem Namen ,Société du chien de police et de garde Esch/Alzette (SCPG)‘ in Esch gegründet. Zahlreiche Hundeliebhaber aus allen Schichten der Bevölkerung traten dem Verein bei und innerhalb kürzester Zeit wuchs er zu stattlicher Größe heran. Damals stand neben der Dressur auch noch die Zucht im Mittelpunkt.“

Polizisten ließen ihre Diensthunde hier ausbilden

Der Klubname, der die Begriffe Polizei- und Wachhund enthält, sei dadurch bedingt gewesen, dass viele Polizisten im Verein tätig waren. Hier ließen sie ihre Diensthunde dressieren oder ausbilden. Meist habe es sich dann auch um Schäferhunde oder Malinois gehandelt.

Sogar mit einer Anekdote aus der Gründungszeit kann der Präsident aufwarten. Die erste Veranstaltung des Vereins sei ein Ball mit Saaltombola gewesen, bei der es einen viermonatigen Bernhardinerwelpen zu gewinnen gab. Unvorstellbar in heutigen Zeiten! Zur Beruhigung aller Tierliebhaber: Der Welpe kam in gute Hände und führte ein glückliches Leben.

Suche nach einem geeigneten Terrain

Nicht ganz so einfach allerdings war es für die Pioniere, ein geeignetes Trainingsfeld zu finden. Entweder störte das Hundegebell die Anlieger oder das zur Verfügung gestellte Gelände lag zu abgelegen. Dies wiederum wirkte sich negativ auf die Aktivitäten und die Mitgliederzahl aus. Eine ganze Reihe Umzüge waren die Folge, bis dann 1937 die Grubenverwaltung von Arbed-Mines den Klub ermächtigte, ein Dressurfeld am Rand des Galgenbergs einzurichten. Es kostete viel Mühe und Geld, das abwegige Gelände zu planieren. 1938 wurde die Schutzhütte fertiggestellt und das Trainingsfeld eingeweiht.

Aufgrund des großen Zulaufs und der gestiegenen Anforderung nach den Kriegsjahren musste 1961 weiter ausgebaut werden. Und der Aktivitätskalender war stets gut gefüllt. Neben den regelrechten Hundesportveranstaltungen machten sich die Klubmitglieder eine Ehre daraus, mit ihren Hunden am feierlichen Festzug zu Nationalfeiertag und am Nikolausumzug mitsamt den Hunden teilzunehmen.

Internationale Erfolge

Auch wurde alljährlich ein großes Wald- und Wiesenfest mit Attraktionen für das große Publikum organisiert. Diese Traditionen hält der Klub auch heutzutage noch hoch. Besonders stolz konnte der Verein auf seine internationalen Erfolge sein. Auch als Ausrichter internationaler Wettbewerbe machte er sich einen Namen.

ArcelorMittal stellt weiterhin das Terrain für ein bescheidenes Entgelt zur Verfügung und die Mitglieder geben sich alle Mühe, das Areal mithilfe der Gemeindedienste bestens zu unterhalten. So ist am Rande des Waldes, abgeschieden von der Hektik des Alltags, eine grüne Oase entstanden. Lediglich leises Hundegebell und Kommandos unterbrechen die Stille.

Spielerisches Lernen

Murphy, Marina Irrthums Golden Retriever, stupst mit der Nase gegen das Fenster und unterbricht den Exkurs in die erfolgreiche Geschichte. Der Vierbeiner wird hereingelassen und lässt sich gemütlich zu unseren Füßen nieder, während Cocker Lola auf dem Schoß ihres Frauchens Lara Grilli ein paar Schmuseeinheiten einfordert.

Und sofort dreht sich das Gespräch um die Hauptakteure, die Hunde. Aus jedem Satz der Vorstandsmitglieder, die oft auch Trainer sind, wird deren Liebe zum treuesten Begleiter des Menschen ersichtlich. „Wir konnten inzwischen die Ausrichtung des Klubs modernen Erkenntnissen anpassen. So sprechen wir lieber von spielerischem Lernen als von Dressur und gebrauchen vorzugsweise den Namen ,Escher Hondsveräin‘“, so der Präsident.

Ab 2011 versuchten er und sein Team, die Geschicke des Vereins in neue Bahnen zu lenken. „Als wir uns entschieden, Mitglieder des Escher Hundeklubs zu werden, lief alles sehr routinemäßig ab. Die SCGP schien in eine Art Dornröschenschlaf gefallen zu sein. Den ehemals sehr renommierten Hundesportverein kannte kaum noch einer“, fügt Vorstandsmitglied Sonja Kayser hinzu. „Mittlerweile haftet uns nicht mehr das Image der harten Dressur an. In der Hundeschule tummeln sich heute Vierbeiner aller Rassen und Größen. Es ist unnötig zu bemerken, dass auch Mischlinge willkommen sind.“

Braucht mein Hund eine Hundeschule?

Uns drängt sich die Frage auf, aus welchem Grund eigentlich der Besuch einer Hundeschule wichtig ist. Die einstimmige Antwort der Vorstandsmitglieder Martine Kayser und Maryse Wallenborn lautet: „Es geht ganz einfach um die Sozialisation unserer vierbeinigen Freunde. Genau wie Kinder in der Schule lernen sie mit Artgenossen umzugehen, mit ihnen zu spielen und sie zu akzeptieren. So findet unser Training auch in der Gruppe statt. Viele Welpen kennen meist noch sehr wenig von der Welt, wenn sie vom Züchter oder auch von sonst woher zu ihrem definitiven Herrchen oder Frauchen kommen. Wir führen die Neulinge an alles heran. Dazu gehören sowohl Lift- als auch Zugfahren oder unter größere Ansammlungen von Leuten zu gehen.“

Die Trainer legen großen Wert darauf, die Hunde von klein auf an alle Situationen des täglichen Lebens zu gewöhnen. Spielerisch und mit viel Zuspruch lernt jede Fellnase verschiedene Untergründe, Geräusche und Situationen kennen. Natürlich wird auch dem Grundgehorsam viel Aufmerksamkeit gewidmet. Dieser ist nötig, um das Zusammenleben angenehm zu gestalten und den Hund in die Öffentlichkeit mitnehmen zu können. Außerdem fördert er das Vertrauensverhältnis zwischen Besitzer und Tier.

Auch sogenannte Listenhunde willkommen

„Doch vor allem soll das Ganze Hund und Besitzer Spaß machen. Raue und veraltete Methoden haben keinen Platz bei uns. Geduld und Einfühlsamkeit sind die notwendigen Voraussetzungen zum Erfolg“, fügt Martine Kayser hinzu.

Auch Besitzer von sogenannten Problemhunden wenden sich an die erfahrenen Trainer. In diesem Fall wird der Hund erst mal einzeln beobachtet. So versucht man, die Wurzel des Übels zu benennen. Meist gelingt dies auch. Nicht nur bei schwierigen Hunden liegt das Problem oft beim Menschen, meist in dessen Unsicherheit oder falschen Herangehensweise. Auch die sogenannten Listenhunde können beim Escher Verein ihren „Führerschein“ machen.

Freundschaftliche und familiäre Atmosphäre

„Neben 50 Unterstützungsmitgliedern haben wir aktuell 80 aktive Mitglieder, Tendenz steigend“, bilanziert Sekretärin Sophie Alter. „Wir konnten auch wieder bei den Escher Einwohnern Fuß fassen. Diese genießen heute vermehrt die familiäre und freundschaftliche Atmosphäre, die den Klub charakterisiert. Auch unsere Aktivitäten finden viel Anklang. Die regelmäßigen gemeinschaftlichen Spaziergänge, das große Hundefest ’Journée du chien‘, das dieses Jahr am 29. September mit vielen Überraschungen aufwarten wird, sowie viele andere Unternehmungen ziehen zahlreiche Hundeliebhaber und Interessierte an.“

Dem Verein sei es wichtig, am gesellschaftlichen Leben der Stadt Esch teilzunehmen. So trete er weiterhin regelmäßig mit einer Staffel beim Nikolausumzug und der feierlichen Parade am Nationalfeiertag an. Sophies Hund Shadow wird übrigens von ihrer 15-jährigen Tochter Emma trainiert, die diese Aufgabe mit viel Ernst und Ausdauer erledigt.

Jeder Hund ist anders

Ob Jugendliche eigentlich Hunde ausbilden können, fragen wir. Bei jungen Leuten käme es auf die jeweilige menschliche Reife, nicht unbedingt auf das Alter an, bestätigt die Tischrunde. Trainiert werde jeden Dienstag nach Feierabend und am Samstag den ganzen Tag. Doch im Grunde ist den Verantwortlichen keine Stunde zu früh oder zu spät, um sich in den Dienst der geliebten Vierbeiner zu stellen.

„Jeder Hund ist anders, hat seinen Charakter, seine Stärken und Macken“, sagt Marina Irrthum. „Man kann Dutzende von Hundebüchern gelesen haben und doch entdeckt man in der Praxis immer Neues. Deshalb fördern wir den Austausch untereinander. Wenn wir zusammensitzen und über unsere besten Freunde sprechen, erkennen wir Gemeinsamkeiten, erfahren, wie bei Problemen geholfen werden konnte und insgesamt wie man seinem Hund am besten gerecht werden kann. Erfahrung und Einfühlsamkeit sind die besten Ratgeber.“