Ein grüner „New Deal“: Ohne Systemwechsel ist der Klimawandel nicht aufzuhalten

Ein grüner „New Deal“: Ohne Systemwechsel ist der Klimawandel nicht aufzuhalten
Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Am Mittwoch hat der Weltklimarat erneut vor einem rasanten Anstieg der Temperaturen in den Ozeanen und an Land gewarnt. Gletscher schmelzen und lassen den Meeresspiegel ansteigen. Gleichzeitig verliert das Meer an Sauerstoff, was drastische Folgen für Fische und Korallenriffe hat. Küsten und Inseln würden künftig häufiger überflutet. In den Bergregionen würden Erdrutsche und Lawinen in den nächsten Jahrzehnten zunehmen. Die Forscher haben einen direkten Zusammenhang zwischen diesen Phänomenen und den Kohlendioxid-Emissionen festgestellt. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Natur und Umwelt könnten auch zu einem dramatischen Anstieg von Armut und humanitären Katastrophen insbesondere in Entwicklungsländern führen.

Diese apokalyptischen Szenarien machen vielen Menschen Angst. Die Reaktionen auf diese Angst sind jedoch sehr unterschiedlich. Manche begegnen den Warnungen mit Ablehnung und werfen den Forschern Übertreibung und ideologische Panikmache vor. Andere flüchten sich in Fatalismus.

Eine sozial gerechte ökologische Wende

Immer mehr Menschen widersetzen sich aber der Gleichgültigkeit und Schicksalsergebenheit. Sie demonstrieren seit Monaten für Klimagerechtigkeit und fordern lautstark Taten von den politischen Entscheidungsträgern. Heute werden erneut Millionen Menschen auf der ganzen Welt für Klimagerechtigkeit demonstrieren. Auch in Luxemburg. Über 30 Nichtregierungsorganisationen und drei Gewerkschaften haben sich dem Aufruf der jungen Klimaaktivisten angeschlossen.

Hoffnung macht ihnen nun die Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD). Am Mittwoch bestätigte die Konferenz, eine sozial gerechte ökologische Wende sei möglich. Doch dafür brauche die Welt ein anderes Wirtschaftssystem. Die Forderung ist nicht neu. Gewerkschaften und linke Parteien warnen seit Jahrzehnten vor den verheerenden Auswüchsen des Kapitalismus. Doch nicht einmal die weltweite Finanzkrise konnte das neoliberale Dogma brechen. Stattdessen gewannen in vielen westlichen Demokratien rechtspopulistische Politiker in den vergangenen Jahren an Zuspruch. Auch und vor allem, weil sie vermeintlich einfache Antworten auf komplexe Fragen versprachen.

Die Versprechen der Rechtspopulisten

Nun wird aber immer deutlicher, dass die Rechtspopulisten ihre Versprechen nicht werden halten können, denn die wahren Probleme dieser Welt heißen nicht Migration und nationale Identität, sondern Zerstörung der Umwelt und Klimawandel.

Damit die ökologische Transition gelingt, müssten bis zu 2,7 Billionen Euro pro Jahr allein in den Entwicklungsländern investiert werden, rechnete die Welthandels- und Entwicklungskonferenz in dieser Woche vor. Um dieses Geld zu mobilisieren, fordert sie einen neuen, grünen „New Deal“, an dem sich die ganze Weltgemeinschaft beteiligt. Die finanziellen Mittel sind laut UNCTAD durchaus vorhanden. Globale Konzerne säßen auf einem Geldberg von schätzungsweise zwei Billionen Dollar, während die sogenannten „High net worth individuals“ (HNWI) Zugang zu Vermögenswerten von über 60 Billionen Dollar hätten.

Die OECD schätze, dass institutionelle Investoren in ihren Mitgliedstaaten über ein globales Vermögen von 92,6 Billionen Dollar verfügen. Der brasilianische Rentenfonds belaufe sich auf geschätzte 220 Milliarden Dollar und die afrikanischen Pensionsfonds kämen auf rund 350 Milliarden Dollar. Wenn nur ein Teil dieser Vermögen zum Erreichen der UN-Entwicklungsziele eingesetzt würde, könne die Agenda 2030 erfüllt werden, schreibt die UNCTAD in ihrem Bericht.

Besteuerung hoher Einkommen, Energiewende und öffentlicher Verkehr

Scheitern könnte das Vorhaben aber am derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld, das weiter von Austerität, Liberalisierung und Schuldenpolitik bestimmt werde, befürchtet die UN-Konferenz.

Gerade deshalb ist ein Systemwechsel, wie ihn die Klimademonstranten fordern, unerlässlich. Statt private und öffentliche Gelder in der internationalen Finanzspekulation zu verschleudern, um einigen wenigen maximale Renditen zu bescheren, müssen die Regierungen endlich verantwortliche Entscheidungen treffen. Eine konsequente Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen wäre eine erste sinnvolle Maßnahme. Öffentliche Investitionen in realwirtschaftliche Initiativen zur Umsetzung der Energiewende und zum Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel die nächste.

Denn wenn die Staaten nicht bald handeln oder nur kosmetische Änderungen vornehmen, wie es zurzeit in Deutschland passiert, wird mittel- bis langfristig nicht nur das Klima, sondern auch der soziale Frieden gefährdet sein.

Aender T.
29. September 2019 - 9.02

@Jupp: die Forschung wird bereits betrieben, wird aber in absehbarer Zeit (mindestens 1 Generation) nicht effizient genug sein, um irgend etwas rückgängig zu machen. Wenn das überhaupt möglich ist...man forscht daran. Es lohnt sich also schon, ein bisschen zu Verzichten. Auf Abgase vielleicht... Und : Forschung braucht Geld. Da sie keine gesicherten Fortschritte liefern kann, man "testet" ja, man sucht in der Masse der Möglichkeiten nach einer Lösung.., ist es immer eine Investition auf Verlust. Bis aus den Resultaten Technik entwickelt werden kann, die wieder Profit abwirft. Nun ist es ja so, daß Profite nicht alle in Forschung investiert werden. Meinesachtens wird noch zuviel Profit aus den gängigen Verfahren in die Erhaltung und Expansion der gleichen Verfahren gesteckt, so zB bei der Erdölförderung und der anderer fossiler Brennstoffe. . ..das wirft natürlich mehr Profit ab, weil weniger für Innovation bezahlt werden muss..wäre also ein Argument, massiv weiter alte Verhaltensmuster auszuführen, also mehr tanken zB...wer macht denn sonst den Profit . . . Und irgendwie wird Innovation dann am Ende vom doch Konsumenten bezahlt, der ein teureres Produkt kauft, weil es eben "besser" ist. Man verzichtet auf den billigen Kauf..idem bei Lebensmitteln... Man kann Forschung auch anders finanzieren, über Steuern zB, die aber auch erst einmal von der Privatwirtschaft erwirtschaftet werden müssen. Die abgezweigt werden, von Brutto-Einkommen, und dem Einzelnen fehlt erst einmal netto in der eigenen Kasse Geld. Also ein Verzicht für den Einzelnen.. Auf irgendenetwas müssen wir verzichten, ganz besonders in diesem reichen Land hier, das null-komma-nix selbst produziert. Und viel davon ist warme Luft aus Rechenzentren und Computern in Steueroptimierungsbüros, die kaltes Wasser oder Luft zur Kühlung brauchen... Und Klimaanlagen für die Computer-Bediener, die da bei 40° Ausentemperatur bei gemütlichen 21° in Anzug und Krawatte fast nicht schwitzen... Ich drifte ab... Verzicht ist leider unumgänglich.

Aender T.
29. September 2019 - 8.32

Bin mit der allgemeinen Analyse über den Planeten einverstanden. Über "Überbevölkerung" mus man aber kritisch diskutieren: wenn die "industrialisierten" Gesellschaften allen anderen das Wasser abgraben, um munter zu vergeuden, kann man nicht von "Mangel" auf der Erde sprechen. Sapiens war aber schon sapiens, bevor er industrielle Prozesse so weit auf die Spitze getrieben hat, daß sie im sprichwörtlich über den Kopf wachsen. Ich frage mich jetzt, wer den "bottleneck" überstehen wird: die "zivilisierte" Welt, in der ein paar wenige sich autarke Bunker leisten können, um die "zombi-attacke" abzuwarten, oder dann doch jene "Urvölker", die sich nie zu weit von der Natur wegbewegt haben...

Futurist
28. September 2019 - 18.38

Der Systemwandel wird über die neue Seidenstraße schneller kommen als die Einführung eines 5G Netzes in Europa!

Jupp
27. September 2019 - 16.15

Lasst uns doch mal darüber nachdenken wie wir Technologien entwickeln können die CO2 in der Atmosphäre neutralisieren. Wenn wir die nötigen Geldmittel für die Forschung in diesem Sinne zur Verfügung stellen, könnte dies ein realistischer Ansatz sein und wir bräuchten nicht die negativen Konsequenzen einer Verzichtökonomie in Kauf zu nehmen.

Janno
27. September 2019 - 13.29

Die Menschheit muss sich entscheiden: entweder weiter so mit dem endlosen Wachstum auf Kosten der Umwelt oder fundamental umdenken, nicht gegen sondern mit der Natur leben. Letzteres bedeutet für uns alle auf vieles verzichten, weniger Kosum, bewusster und verantwortungsvoller handeln aus Rücksicht auf unsere Nachkommen.Denn bei fortschreitender Industrialisierung und weiter steigendem Verbrauch an fossilen Energiequellen wird sich die Erde immer schneller erwärmen, bis 2030 schätzungsweise um weitere 1,4-4 Grad C. Bei weiterem Temperaturanstieg werden die Eismassen Grönlands und der Antarktis schmelzen, der Meeresspiegel drastisch ansteigen und ganze Küstengebiete weltweit überflutet. Es käme zu einer Ausdehnung der Wüsten und mit Sicheheit zu einer Klimakatastrophe. Vermehrte Missernten, bedingt durch die Verschiebung von Klima-und Vegetationszonen und der Zunahme extremer Wetterlagen, würden zu verheerenden Hungersnöten führen. Aber so lange der Mensch glaubt, dass sein höchstes Glück im Konsum liegt, wird sich das Leben auf unserem Planeten von Tag zu Tag erst schleichend, dann dramatisch verschlechtern.

Jemp
27. September 2019 - 13.18

Wetten, dass nicht viel passieren wird, außer dass der Normalbürger nicht mehr Auto fahren darf oder es sich nicht mehr leisten kann.

Steuern rauf
27. September 2019 - 12.23

Hört Ihrs, liebe Politiker, schlägt zu bevor Dei sich‘s anders überlegen ? Noch nie gingen Leute für höhere Steuern auf die Straße.

Realist
27. September 2019 - 11.50

Die zunehmende Hysterie um den "Klimaschutz" erinnert an die späten 60er Jahre, als eine fast ebenso realitätsferne Jugend am liebsten solche totalitären Schlagetots wie Mao Tse-Tung oder Che Guevara zum Weltpräsidenten ernannt hätten, bloss weil die Amerikaner in Vietnam Krieg führten. Irre. Wieso demonstriert man nicht in China oder Indien oder Indonesien für den "Systemwechsel"? Dort wird nämlich ungleich mehr klimaschädlicher Abfall produziert als im sehr bald schon de-industrialisierten Europa. Womöglich sind diese Länder für Fräulein Greta zu weit entfernt, um in See zu stechen?

Jacques Zeyen
27. September 2019 - 11.04

"denn die wahren Probleme dieser Welt heißen nicht Migration und nationale Identität, sondern Zerstörung der Umwelt und Klimawandel." Die wahren Probleme heißen Überbevölkerung und Ausbeutung(Rodung und Ressourcen). Umwelt und Klima sind das Resultat. Die Erde hatte schon einige Zeitalter OHNE Gletscher und Eispole. Und es ging ihr blendend,dann gab es wieder Eiszeiten.Aktuell befinden wir uns in einer ausklingenden kleinen Eiszeit.(Man stelle sich vor was noch zu kommen hat). Das Abschmelzen der Eiszonen( Gletscher und Pole ) wird noch einige Zeit viel Sonnenenergie verbrauchen und hält so die Aufheizung noch in Schach. Aber DANACH wird's richtig unangenehm. Das Abschmelzen des Nordpols wird den Meerespiegel nicht signifikant beeinflussen,aber wehe der Südpol schmilzt weg. Denn der Nordpol schwimmt im Wasser,der Südpol liegt auf Land.Hinzu kommt,dass unsere Sonne auch immer wütender wird,aber das wird noch einige Zeit dauern.Bis dahin haben wir es geschafft und das Kapitel Homo Sapiens ist abgeschlossen.

Aender T.
27. September 2019 - 10.08

"kosmetische Änderungen" ..in Deutschland...hm. Ich kann die Proteste nachvollziehen, unterstütze sie eigentlich auch, nur, dieses Land hier, Luxemburg, hat ein paar große Probleme: nicht nur sind wir abhängig im Alltag von Benzin bzw. Erdölprodukten, um unsere Straßenschiffe zu betanken, von denen es, man muß nicht übertreiben, Statistiken sind eindeutig, und wer nicht blind ist, sieht sie auch, und wer doch, der hört sie, sehr, sehr viele gibt. Überdimensional übermotorisierte Mobile die nicht nur für Mobilität sorgen. Das ist der Alltag. Dann gibt es ja auch noch die Abhängigkeit von Einnahmen aus dem Verkauf von Erdölprodukten: "un air de Berchem sur l'Europe", grösster Benzinausschank in Europa. Dann: über 90% von allem was diese Land braucht wird importiert: sowohl die nötigen Materialien die diverse nationale Veredlungsfirmen brauchen, um höchst exklusive, innovative Produkte zu produzieren, als ganz einfach alles was wir essen. 96%, wenn wir hier nur 4% produzieren, was 0.4% des BIP ausmacht.... Es wird reell nichts hier produziert, auch nicht der Strom den wir für alles alles alles brauchen. Und unsere Gewässer sind so erbärmlich, daß 1/3 der Quellen nicht einmal für Trinkwasser genutzt werden können. Vom Oberflächenwasser brauche ich ja gar nicht zu reden. Systemwechsel wird hier in Luxemburg sehr schwer. Kann mal jemand berechnen, wieviel Agrarfläche wir für unseren eigenen, nationalen Verbrauch bräuchten, Mittagstunden von Pendlern und Touristen eingerechnet? Idem für Strom. Idem für Benzin, Gas und immer noch Heizöl. Oder haarsträubende Pelletöfen... Wie klein kann unser ökologischer Fußabdruck denn werden? Können wir überhaupt die Transportwege von allem was wir hier brauchen und verbrauchen verkürzen, in dem wir es hier produzieren? Sind denn all die militanten Demonstranten bereit, auf vieles erst einmal zu verzichten, wie es üblich ist, in Krisen-- und Welthandleskriegszeiten? Bis wir besser aufgestellt sind, wenn das überhaupt in Einklang zu bringen ist mit allen Wachstumszielen, die gesetzt wurden? Geht das, nur mit Geld? Kann das nur mit Solar- und Windstrom und Biogas klappen? Kann das allein von der Industrie bewältigt werden, die sauberer produziern muss? Oder müssen nicht vielleicht ganz viele kleine Bürger und etwas größere Kleinbürger, und vielleicht sogar die reichen Kleinbürger echt etwas an ihrem eigenen Konsumverhalten und Lebensstyl ändern? Das sind Fragen, keine Kritik an Vorsätzen, und doch: eigentlich erwarte ich mir in den nächsten Jahren einen Ansturm auf die Ackerbauschule, weil all diese jungen Demonstranten verstanden haben, daß es selbst gemacht werden muss. Ich glaube aber eher, daß da viele Medienwissenschaftler aus den Universitäten sprudeln werden...weil die Welt auf dem taktilen Schlaugerät so viel einfacher umzugestalten ist. Ich wäre jedenfalls froh, wenn im Supermarkt mehr lokales Gemüse ohne Plastikverpackung angeboten würde, es würde mich einen großen Schritt weiterbringen, nach Verkauf des Autos vor fast 10 Jahren, und anderen konsequenten Schritten in Richtung Nachhaltigkeit. Zum Glück gibt es ja auch den Wochenmarkt , auf den ich, wenn ich nicht 40 Stunden die Woche arbeiten muss, 2 mal die Woche gehen kann (in der Stadt, anderswo ist das nicht möglich). Wenn ich aber 10-Tage-Schichten arbeite, geht das weniger oft gut... ...where do i begin...