Ein Besuch auf dem Bourghaff bei Cruchten ist wie eine Zeitreise

Ein Besuch auf dem Bourghaff bei Cruchten ist wie eine Zeitreise

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der „Bourghaff“ bei Cruchten in der Gemeinde Nommern steht nicht alleine da. Rund um ihn sind auch noch der „Zaaneschhaff“ und der „Schleederhaff“ zu finden. Alles Höfe, die schon seit Jahrhunderten hier stehen. Ehe der „Bourghaff“ in den Besitz der Familie Lommel kam, gehörte er den namensgebenden Bourgs. Der Hof hat eine große Tradition –  und wir sind seiner Geschichte auf den Grund gegangen.

Von Pit Beffort

Das erste offizielle und noch existierende Dokument, das den Bourghof betrifft, ist vom 15. April 1680 datiert. In dieser Pergament-Urkunde überschreiben Bernard Albrecht von Heisgen und Marie Gisberte von Loen den Hof an Johan Bourg und seine Frau Elsa. „Das ist schon etwas witzig. Mein Name ist Els und mein Mann hieß Jean. Der Kreis hat sich irgendwie geschlossen“, erzählt Els, die jetzt im ehemaligen Wohnhaus zu Hause ist.
Die Eheleute, die vorher Leibeigene waren, wurden damit zu freien Bauern. Anschließend wurde der Hof traditionsgemäß durch sieben Generationen weitergereicht.

Nicolas Bourg und seine Frau Barbara Weis fanden allerdings keinen Nachfolger. Von ihren fünf Kindern blieben vier unverheiratet auf dem Hof und eines wurde Nonne. So suche Florian Bourg anderswo nach einem Nachfolger – und wurde schließlich fündig: 1927, nach dem Tod des letzten Bourg, ging der Hof in den Besitz von Agnes Wagner über, die Schwiegermutter von Els, die den Hof übernehmen sollte.

Die Familie Wagner/Mehlen zog samt Eltern und Geschwistern 1923 von Gonderingen auf den Bourghof. Da Agnes Wagner zu dem Zeitpunkt allerdings noch minderjährig war, übernahm ihr Vater vorerst den Hof, bis zum Jahr 1930, als Agnes volljährig wurde. Sie heiratete alsbald Nicolas Lommel und hatte zusammen mit ihrem Mann sieben Kinder – von denen zwei früh verstarben. Jean Lommel, der älteste Sohn, wurde 1969 Hofherr. Im selben Jahr heiratete er Els. Nach seinem Tod im Jahr 2003 wurde der Hof ein Jahr später an den ältesten Sohn, Henri, überschrieben. Dieser wohnt, genauso wie sein jüngerer Bruder und Els, auf dem Bourghof.

Die alten Gebäude des Hofes haben ihre ursprüngliche Funktion verloren. Zwar sind sie noch in großen Teilen vorhanden, doch genutzt werden sie heute nur noch als Wohnhäuser und nicht mehr als Ställe.

Voller schöner Erinnerungen

Henri Lommel hat einen neuen, größeren Kuhstall und eine Halle neben dem Hof errichten lassen. Aus ursprünglich einem Wohnhaus und ein paar Ställen wurden somit drei Wohnhäuser, die umgestaltet werden mussten, um die Ställe bewohnbar zu machen, eine Renovierung von Fenstern und Dach fiel ebenfalls an. Els ist heute stolz auf ihr schönes Bauernhaus und alle alten Möbel und Installationen, die noch enthalten sind.

Zum alten Wohnhaus samt Möbeln gehört, nach mündlicher Überlieferung, auch der handgefertigte Kleiderschrank. Der Schreiner wohnte während dessen Anfertigung ebenfalls im Haus. Deswegen ist es nicht möglich, den Schrank auseinanderzunehmen. Zu den anderen bemerkenswerten Holzmöbeln gehören ein Schrein und ein Sekretär. Das Haus ist voller schöner Erinnerungen, die die Familie Lommel, aber auch die vorigen Generationen sehr zu schätzen wussten. Viele der Räumlichkeiten sind noch sehr gut erhalten, so auch die Küche oder der Brandweinkeller und die Brennerei, die noch bis 1990 in Betrieb war. Ein Backofen und Jagdtrophäen erinnern ebenfalls an vergangene Zeiten. Die Hofkapelle, in der der Bruder der Schwiegermutter Agnes Wagner 1939 seine erste offizielle Messe als Pfarrer, die Primiz, feierte, ist ebenfalls noch unberührt. Zu jedem Gebäude, zu jeder Räumlichkeit gibt es solch eine Anekdote zu berichten, auch dank des gut geführten Familienarchivs und der vielen Erzählungen.

Die Geschichte und die gute Instandhaltung des Hofes haben sogar dazu geführt, dass hier zwei Filme gedreht worden sind. Die Wohnung hat einen einzigartigen Charme durch die Vielzahl an alten Einrichtungsgegenständen. Draußen, in der Mitte des Hofes, entsteht das Gefühl – abgesehen von den neuen Fenstern und den modernen Autos –, als wäre man in ein anderes Jahrhundert zurückversetzt. Wegen des sichtbar historischen Wertes wurden die Gebäude 2009 auf die Liste der „nationalen Monumente“ gesetzt.

Auf diesen Hof kann die Familie Lommel zu Recht stolz sein, solange er in einem solch hervorragenden Zustand erhalten bleibt.