E-Sport in Luxemburg: Vom Kellerkind zum Top-Athleten

E-Sport in Luxemburg: Vom Kellerkind zum Top-Athleten

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Videospiele sind längst kein Nischenprodukt mehr – sie sind zum Hobby von Millionen Menschen avanciert. Der Videospielemarkt soll laut Prognosen der Marktforscher von Newzoo auf rund 104 Milliarden Euro anwachsen. Und was für den einen Hobby ist, wird für den anderen zum Lebensinhalt. Wie bei Profi-Athleten ist Training das A und O für gute Leistungen im Wettkampf – auch im E-Sport. Inwiefern ist E-Sport mit den traditionellen Sportarten zu vergleichen? Was sind die entscheidenden Faktoren, damit E-Sport in Luxemburg eine Zukunft hat? Das Tageblatt hat sich mit Fabio De Aguiar von 11FMedia und Sebastian Merten von der Lunex International University of Health über das Thema unterhalten.

Lesen Sie zum Thema auch unseren Bericht “Die E-Sport-Szene ist in Luxemburg nicht nur eine Randerscheinung“

Verbände und Lizenzen

Vereine übernehmen eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft. Ihre soziale Kompetenz ist ein wichtiger Faktor. Für Vereinsmitglieder ist der Klub oft eine zweite Familie – aber eben eine freiwillig gewählte mit ähnlichen Interessen. Auch im Gaming-Bereich bringen diese Vereine Menschen zusammen und können einen weiteren Lebensmittelpunkt schaffen. Doch nicht nur das: Vereine können einen Rekrutierungspool für Talente und eine Talentschmiede für Anfänger sein. Während das Vereinswesen im Sport bereits ziemlich gut ausgebaut ist, gibt es im E-Sport noch nicht so viele Klubs. „Es müssten geregelte Verbandsstrukturen geschaffen werden“, meint Sebastian Merten von der Lunex dazu. Ein großer Dachverband, der E-Sport-Turniere organisiert, sei zum Beispiel die in Köln ansässige Electronic Sports League.

In Luxemburg gibt es laut Fabio de Aguiar von 11F Media zurzeit vier Clubs: SweetSpot Asbl., We Live Games Asbl., videogames.lu Asbl. und E-Sports Luxembourg. Oft wird Gaming nicht in Verbindung mit Vereinstätigkeit gebracht. Hartnäckig hält sich das Klischee, dass Gamer Menschen sind, die abgeschieden in abgedunkelten Zimmern auf einen leuchtenden Bildschirm starren. PC- und Videospiele waren lange Zeit auch auf eine reine Einzelspielererfahrung ausgelegt. Doch mit dem Einzug von schnellen Internetverbindungen in die Spielzimmer änderte sich auch das Verhalten der Gamer: Man wollte sich mit anderen Spielern messen. Es entstanden Clans, Teams, Spielgemeinschaften. Die soziale Komponente gewann an Bedeutung.

Ein wichtiger Schritt für den E-Sport wäre die Förderung der E-Sport-Verbände. De Aguiar wünscht sich, dass alle bereits bestehenden Vereine an einem Strang ziehen. Er sieht auch den Staat in der Pflicht: Durch die finanzielle Unterstützung von Gaming-Events und die Anerkennung der Vereine als „richtige“ Sportvereine mit lizenzierten Spielern könnten sich Luxemburger E-Sportler mit den Teams anderer Länder messen.

Ab 30 reif für die Gamer-Rente

Der schwierigste Schritt ist wohl die Professionalisierung. Im E-Sport genau wie im Sport ist die Größe Luxemburgs eine der größeren Hürden. Im E-Sport sind Länder wie Südkorea und China die Vorreiter. Hier werden Teams von großen Firmen wie Samsung und SK Telecom gesponsert. Aber auch Automobilhersteller wie Audi unterstützen E-Sport-Teams finanziell. Laut einer PwC-Studie über Sponsoring hat der Automobilbauer 2017 670.000 Euro in ein dänisches CS:GO-Team investiert. Vergleicht man diese Summe mit dem Geld, das der Konzern in den Fußball steckt, scheint das noch recht wenig zu sein: 2011 investierte Audi zum Beispiel 90 Millionen Euro in den FC Bayern München. Für Fabio De Aguiar geht Professionalisierung nur mit der Anerkennung des E-Sports als Sport einher. Nur so könnten E-Sportler ihren Lebensunterhalt mit Games verdienen und auch genügend Zeit fürs Training haben, um mit internationalen Größen mitzuhalten.

Ein Problem bei E-Sport-Profis ist allerdings die sehr kurze Dauer der Hochleistungsphase bei den Sportlern. Das Durchschnittsalter von E-Sportlern liegt, abhängig von der Disziplin, häufig zwischen 16 und 24, ältere Spieler sind eher die Ausnahme, erklärt Merten. Die Reaktionszeiten nehmen ab circa 25 Jahren ab. In den sehr reflexbetonten E-Sport-Disziplinen „Starcraft“ und „League of Legends“ sind die Top-Spieler fast alle unter 20 Jahre alt. Im Shooter „CS:GO“ können sich auch oft noch Profis bis 30 Jahre an der Spitze halten, weil hier auch die Erfahrung eine große Rolle spielt. Wie die Karrieren solcher Profis nach ihrer doch recht kurzen Hochphase aussehen sollen, ist nicht bekannt. Besonders dann, wenn Schule und Ausbildung zulasten des E-Sports vernachlässigt wurden. Mit 25 Jahren in Rente gehen ist sicherlich keine Option. Fabio De Aguiar meint, dass die frühe Förderung der Talente bereits in der Schule beginnen könne.

Ab ins „Bootcamp“

Im E-Sport soll es viele Überschneidungen mit dem traditionellen Sport geben; so soll beides aus Wettkämpfen und physischen Aktivitäten bestehen. Bei Ersterem liegt der Schwerpunkt auf der Handlungsschnelligkeit und der Konzentration, weshalb die Anforderungen auch teils denen im traditionellen Sport ähneln. Je nach Spiel komme oft auch noch Teamarbeit und Kommunikation hinzu, erklärt Sebastian Merten von der Lunex. Die Begriffe E-Sport und Sport sollten jedoch als parallel nebeneinander existierend gesehen werden. Wettbewerbe treiben Sportler an, ihre Leistungen zu verbessern – das ist auch im E-Sport nicht anders. Leistungssportler trainieren jeden Tag – und das sogar mehrmals täglich. Beim E-Sport geht es nicht darum, jeden Tag beispielsweise zu joggen, um gesünder zu leben. Es ist tägliches Arbeiten an Technik und Körper – und das bis an die Grenzen der eigenen Gesundheit und darüber hinaus. Manche E-Sportler trainieren bis zu sechs Stunden täglich. Wie Fabio De Aguiar von 11FMedia sagt: „Das Spiel muss beherrscht werden.“

Doch auch körperlich müssen E-Sportler an sich arbeiten: Nur so kann die optimale mentale Fitness gewährleistet werden. Im Zuge der Professionalisierung nehme der Aspekt der körperlichen Fitness noch weiter zu, sagt Merten, da dies sowohl die Koordination als auch die Konzentration begünstige. Und dann gibt es noch die „Bootcamps“ vor den Wettbewerben. Vier bis acht Wochen vor wichtigen Terminen nehmen E-Sportler hieran teil. Hierbei handelt es sich um ein sehr intensives und zielgerichtetes Training. Die neuesten Taktiken werden besprochen, die Rollenverteilung im Team wird festgelegt, die Spieler werden im Detail über etwaige Updates und Patches informiert – und das bis zu zehn Stunden am Tag, erklärt De Aguiar. Manchmal treffen sie sich auch in einem „gaming house“. Dort herrschen ideale Trainingsbedingungen: geeignetes Equipment, Schlafplätze für das Team und die Möglichkeit, sich voll und ganz auf das bevorstehende Turnier zu konzentrieren. Fabio De Aguiar sieht in der Errichtung solcher Zentren in Luxemburg einen entscheidenden Schritt. Denn nicht jeder könne sich die teure Spieleausrüstung leisten, besonders nicht die jüngeren Talente.

„E-Sport ist ein Gleichmacher“

Erfolg im Sport wird oft auf physische Stärke reduziert. Doch mentale Faktoren spielen im Sport ebenfalls eine große Rolle. Im E-Sport stehen Konzentration und Ausdauer im Vordergrund. „Auch wenn jemand nicht so hoch springen oder so schnell laufen kann, kann er dennoch der Beste sein“, meint De Aguiar. „E-Sport ist ein Gleichmacher. Geschlechterunterschiede oder körperliche Beeinträchtigungen spielen keine so große Rolle wie in der Regel im traditionellen Sport“, sagt Sebastian Merten. Die Zukunft des E-Sport zeige sich schon durch die Vermarktungszahlen, welche die der Filmindustrie bereits übersteigen. Was die Auswirkungen der VR-Technik auf den E-Sport sind, lasse sich in dieser frühen Phase von VR pauschal noch nicht sagen. Im Bereich des passiven Sportkonsums lassen sich aber verschiedene Tendenzen ablesen, zum Beispiel die Stadionerfahrung mittels VR-Technik. Für 2019 werden sich Schätzungen zufolge weltweit 500 Millionen Menschen mit E-Sport beschäftigen, ob als aktive Spieler oder als Zuschauer.


Fabio De Aguiar, Unternehmer und Gründer der Medien-Firma 11F Media, sieht sich als eine treibende Kraft für den E-Sport in Luxemburg. Für ihn steht fest: E-Sport ist Sport.

Sebastian Merten ist Dozent für Marketing und Business Administration an der Sportuniversität Lunex und kümmert sich um das Thema E-Sport. Für ihn gibt es viele Überschneidungen mit Sport. Das macht das Thema auch für die Lunex interessant.

 


Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Pascal Federspiel.

Hochleistung vor dem Bildschirm: E-Sport ist kein „Daddeln“

roger wohlfart
19. Dezember 2018 - 16.58

Also mal ehrlich, was hat diese Freizeitbeschäftigung mit Sport zu tun?