Durch das Raster gefallen? Hunderte Menschen in Luxemburg sind nicht abgesichert

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Das Recht auf soziale Absicherung ist in Luxemburg durch die Verfassung garantiert. „La loi règle quant à ses principes la sécurité sociale, la protection de la santé, les droits des travailleurs, la lutte contre la pauvreté et l’intégration sociale des citoyens atteints d’un handicap“, heißt es in Artikel 11. Doch nicht alle Einwohner Luxemburgs profitieren von der Krankenversicherung.

Die LSAP-Abgeordnete Taina Bofferding weist in einer parlamentarischen Anfrage darauf hin, dass es 500 bis 600 Menschen in Luxemburg gibt, die von der staatlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Diese Menschen müssten sich zum Beispiel an die Nicht-Regierungsorganisation „Médecins du monde“ wenden, um Zugang zu einer medizinischen Behandlung zu erhalten.

Die Politikerin will von Romain Schneider, Minister für soziale Sicherheit, wissen, ob diese Informationen stimmen – und wie er das Problem angehen will.

620 Patienten sind nicht krankenversichert

In seiner Antwort verweist der LSAP-Politiker auf den Jahresbericht von „Médecins du monde“, in dem von 620 Patienten in Luxemburg die Rede ist. Offizielle Zahlen gibt es dazu aber nicht, erklärt der Minister. Weder das Ministerium für soziale Sicherheit noch das „Centre commun de la sécurité sociale“ oder das Familienministerium hätten Informationen über die genaue Zahl der betroffenen Personen.

Die Gesetzeslage sehe aber vor, dass jeder Antragsteller das Recht auf eine „freiwillige Krankenversicherung“ (Assurance volontaire) habe, wenn er seit sechs Monaten in Luxemburg gemeldet sei. Ist dies nicht der Fall, kann der Antragsteller einen anderen Wohnsitznachweis erbringen, um in die Gunst der Versicherung zu kommen – zum Beispiel einen Mietvertrag, eine Unterkunftserklärung oder die Erklärung einer anerkannten Organisation, die sich um „Neuankömmlinge“ kümmert.

Das „Centre commun de la sécurité sociale“ überprüfe alle sechs Monate, ob der Antragsteller noch in Luxemburg gemeldet ist und gebe diese Daten an das zuständige Ministerium weiter. Zurzeit gebe es 355 „freiwillig Versicherte“ ohne offiziellen Wohnsitz in Luxemburg. Der Großteil dieser Personen besitze die portugiesische Nationalität (40 Prozent), sieben Prozent seien Luxemburger und 18 Prozent hätten die Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates. Etwa 125 „freiwillig Versicherte“ ohne offizielle Anschrift in Luxemburg seien Staatsangehörige von Drittstaaten.

„Es existieren bereits Maßnahmen“

Auf die Frage, wie das Ministerium mit den Patienten verfahren will, die tatsächlich ohne Krankenversicherung dastehen, entgegnet Schneider ausweichend: „Da das Ministerium die Gründe nicht kennt, warum sich diese Leute an „Médicins du monde“ wenden, ist es schwierig, angemessen zu reagieren, was eine Aufnahme in die Krankenversicherung angeht.“ Bereits jetzt gebe es aber Lösungen für solche Fälle – auch „spezifische Instrumente für Flüchtlinge“.

Bei Sozialhilfeempfängern übernehmen die „Offices sociaux“ die Kosten für eine medizinische Behandlung. Zudem kümmern sich diese um die Eingliederung von betroffenen Antragstellern in das luxemburgische Sozialversicherungssystem. Außerdem habe die Gesundheitskasse mit dem Familienministerium ein Abkommen über den „Tiers payant social“ geschlossen. Dadurch könnte das Arzthonorar bei Vorlage einer Marke des zuständigen Sozialamtes direkt von der Krankenkasse übernommen werden.

Abschließend erklärt Schneider, dass die derzeit existierenden Maßnahmen bereits für eine soziale Absicherung von Menschen sorgen, die eine Aufenthaltsgenehmigung haben. Und auch das Gesundheitsministerium verfüge über ein Budget, um für die Kosten von medizinischen Behandlungen, unbezahlten Rechnungen und Krankenhauskosten aufzukommen.

jang_eli
8. Januar 2018 - 22.56

Sie haben wohl die Geldsammelaktion (jeder bezieht ein Einkommen von mehr als 5.000 €) von MdM vergessen. Da war MdM doch nachträglich in Erklärungsnot geraten. 500 bis 600 Menschen ohne Krankenversicherung haben bloss MdM als Helfer, und haben noch nie den Weg zu ihrer Gemeinde, zur CNS usw. gefunden um dort auf die vorhandenen Hilfen hingewiesen zu werden ? Es tut mir leid, aber das kann ich mir nicht vorstellen. Und sollte ich in eine solch missluche Lage geraten, werde ich dort Hilfe beantragen, wohin ich ein Leben lang Menschen den Weg gewiesen habe, sowohl als privat Person als auch als Angestellter einer Hilfsorganisation. Dort wurde ihnen immer geholfen, und aus diesem Grund bezweifle ich die Zahl von 600.

René Charles
8. Januar 2018 - 19.22

Eine wirksame Kontrolle, wenn überhaupt, zur Vorbeugung von unrechtmässigem Abgreifen von Unterstützung in sozialen Bereichen scheint es in diesem spezifischen Bereich jedenfalls nicht zu geben. Die Strukturen und Vorgaben bestehen, man braucht sie nur effizienter zu gestalten. (Heisst in diesem Fall: endlich mal ankurbeln.)

Charles Rumé
8. Januar 2018 - 19.05

@jang_eli: Gsd gibt es Organisationen wie "Medecins du Monde", die den Alltag und die Not von Obdachlosen jeden Tag erleben. Ich persönlich finde es unverschämt, hier von "Provokation zum Geld sammeln" zu reden. Nicht alle Menschen sind in der Lage sich in der doch relativ komplexen Gesetzgebung der Sozialversicherung sowie der "Office Social" der jeweiligen Gemeinden zurecht zu finden. Ich hoffe nur, Sie geraten nie in solch eine missliche Lage. Die Antwort von Minister Romain Schneider zeugt nur von der Unfähigkeit des CCSS Fakten zu liefern. Und wie so oft besteht kein Handlunsbedarf.

jang_eli
8. Januar 2018 - 18.25

@ Médecins du monde: woher stammen Ihre Zahlen ? Entsprechend der Antwort des Ministers, besteht kein Handlungsbedarf. Wieso sprechen Sie von 500 bis 600 Menschen, oder kennen Sie die luxenburgische Gesetzgebung nicht, und wollen bloss wieder provozieren um Geld zu sammeln ?