Die Vergangenheit neu erleben

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Eines der bekanntesten Wahrzeichen Luxemburgs, das Viandener Schloss, ist um eine Attraktion reicher. Im neuen Dokumentationszentrum wird auf anschauliche Weise mit modernsten Mitteln die wechselhafte Geschichte der Hofburg erläutert. Bis es aber endlich soweit war, sind mehr als 17 Jahre ins Land verstrichen.

Gut Ding will Weile haben – das galt auch für das neue Dokumentationszentrum in der Viandener Hofburg. Die Idee, im Rahmen der Restaurationsarbeiten der Burganlage ebenfalls ein neues Gebäude für eine dauerhafte Ausstellung zur Geschichte der Festung zu errichten, ging auf das Jahr 2000 zurück.

200.000 Besucher pro Jahr

Seit 1977 gehört das Viandener Schloss dem luxemburgischen Staat. Seitdem wurde viel Mühe und Geld in die Burg investiert. 1978 wurden die „Amis du château de Vianden“ mit dem Auftrag, das hoch über dem Ourtal-Städtchen thronende Bauwerk zu verwalten, gegründet. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurde die touristisch und kulturhistorisch wertvolle Burgruine instand gesetzt. Durchschnittlich 200.000 Besucher pro Jahr zählt das Viandener Schloss heute und gehört damit zu den beliebtesten Ausflugszielen im Großherzogtum.

Mit dem neuen Dokumentationszentrum wurde ein weiterer wichtiger Schritt umgesetzt. Dem Besucher wird hier auf anschauliche Weise die wechselhafte Geschichte der gesamten Festungsanlage erläutert: von seinen Ursprüngen als römisches Kastell (360-450 nach Chr.) zur späteren imposanten Stauferburg und mächtigsten noch heute bestehenden Wehranlage Luxemburgs aus dem 11. Jahrhundert. Ebenfalls dokumentiert werden die verschiedenen Besitzerwechsel, der spätere Verfall des Schlosses und schließlich der Wiederaufbau.

Zerfall und Wiederaufbau

Bis zum 15. Jahrhundert waren die Grafen von Vianden die mächtigsten Herren zwischen dem Rhein, der Mosel und der Maas. Von 1417 bis zur Französischen Revolution gehörte die Burg dem Haus Oranien-Nassau. Während der Revolution wurde die Festung beschlagnahmt, jedoch schon 1815 wieder an Großherzog Wilhelm I. von Luxemburg zurückgegeben.

Fünf Jahre später erwarb der damalige Viandener Bürgermeister und Händler Wenzeslas Coster die Burganlage, welche er im Anschluss gewinnbringend abtragen ließ. Coster verkaufte die Materialien der Burg – also die Kupferverdachung, Bleiverglasung, Holztäfelung sowie die Eisenbeschläge, Türen und Fenster –, sodass die Bauten der Burganlage zusehends verfielen. Auch als „Steinbruch“ für Häuser im Städtchen diente die Wehranlage infolge.

Moderne technische Hilfsmittel

Im Jahr 1890 erwarb Großherzog Adolf aus der älteren Linie der Nassauer die Ruine, mit der Absicht, einen Wiederaufbau einzuleiten. Dazu sollte es aber nicht kommen und die Burg zerfiel immer weiter. Erst als der luxemburgische Staat im Jahr 1977 Besitzer wurde, begann man mit der schrittweisen Erneuerung der Anlage, die in großen Teilen heute abgeschlossen ist.

Zentrales Kernstück des neuen Dokumentationszentrums ist eine Art Auditorium mit einer digitalen Tonbildschau, welche die verschiedenen Jahrhunderte von der Geschichte der Festung Revue passieren lässt. Auch bei den übrigen Stationen der Dauerausstellung wurde viel auf moderne technische Hilfsmittel zurückgegriffen, um den Besuchern möglichst anschaulich die Welt des Mittelalters und die Geschichte des Viandener Schlosses zu vermitteln.

3,5 Millionen Euro

Das Konzept zum Projekt wurde von dem amerikanischen Büro „Binder Boland & Associates“ aus Princetown in Zusammenarbeit mit den luxemburgischen Architekten „Holweck, Mergen & associés“ (heute „Holweck & Bingen“) und dem „Service des sites et monuments nationaux“ entwickelt. Für die szenische Umsetzung war die Designagentur „res d“ aus Köln zuständig.

Kuratoren der Dauerausstellung sind die Archäologin Sophie Neuenkirch und der Historiker Pit Péporté. Für die filmische Aufarbeitung der Tonbildschau war Tom Alesch verantwortlich. Die bauliche Umsetzung wurde von den Büros „Holweck Bingen architectes“, „Goblet Lavandier & associés“ und „Rausch & associés“ sowohl geplant als auch begleitet.

Die Kosten für das 620 Quadratmeter große Dokumentationszentrum beliefen sich auf 3,5 Millionen Euro. Insgesamt wurden seit 2001 rund 5,2 Millionen Euro an staatlichen Mitteln für die neuen Einrichtungen im Vorhof des Schlosses ausgegeben. Dazu gehört ebenfalls der Bau einer neuen Gaststätte. Die Asbl „Les Amis du château de Vianden“ steuerte 990.000 Euro hinzu. Das Dokumentationszentrum wurde am Mittwoch im Beisein von Guy Arendt, Staatssekretär im Kulturministerium, offiziell eröffnet.

Von unserem Korrespondenten Olivier Halmes