Die Tageblatt-Serie: Luxemburgs Banken im Sturm

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Ende September 2008, vor genau zehn Jahren, passierte das Undenkbare: Die ein Jahr zuvor in den USA ausgebrochene Finanzkrise schlug mit voller Wucht in Luxemburg ein. Nach der Finanz- und Schuldenkrise war der Finanzplatz Luxemburg ein anderer als vorher.

Aus Fortis Luxembourg und Dexia BIL waren BGL BNP Paribas und BIL geworden. Doch während die „Rettungen“ der BGL und der BIL vor zehn Jahren aus heutiger Luxemburger Sicht wie zwei sehr ähnliche Geschichten erscheinen mögen, verlief damals doch eigentlich fast alles komplett unterschiedlich.

Die beiden Luxemburger Banken BIL und BGL waren bereits vor der Finanzkrise Teil von größeren Finanzkonzernen. Die zwei Muttergesellschaften waren belgische Traditionsbetriebe, die sich in den Vorjahren überaus stark entwickelt hatten, auch international. Beide verfolgen immer größere Ziele. Und beide wurden in ihrem Elan jäh gebremst, als in den USA die Immobilienkrise ausbrach und die Finanzierungskosten für die Banken stiegen. Zudem mussten beide Banken gleich zweimal „gerettet“ werden. Nach den Rettungen waren beide Finanzgruppen nur noch ein Schatten ihres früheren Selbst.

Sehr unterschiedliche Geschichten

Doch hier enden die Gemeinsamkeiten. Fortis war eine belgisch-niederländische Universalbank. Dexia war eine Bank, die auf die Finanzierung von Kommunen spezialisiert war – und „politische“ Aktionäre in Belgien und Frankreich hatte.

Verglichen mit den Aktionären der Dexia sind die Besitzer von Fortis-Aktien mit einem blauen Auge davongekommen. Sie haben zwar – auch noch zehn Jahre später – einen Verlust von über 80 Prozent zu beklagen, was aber immer noch besser ist als das Ergebnis für die damaligen Dexia-Aktionäre. Die haben 100 Prozent ihres Einsatzes verloren. Fortis lebt unter anderem Namen weiter, während Dexia langsam abgewickelt wird.

Und um die Rettung der BGL stemmen zu können, musste sich das bis dahin quasi schuldenfreie Land im Jahr 2008 Geld leihen. Es war die bisher größte Staatsanleihe in der Luxemburger Geschichte. Der Schuldenstand des Staates machte einen Sprung nach oben. Im Gegenzug zahlt die BGL dem Staat heute Dividenden.

Ehe der Luxemburger Staat die BIL aus dem Schlamassel der Dexia-Gruppe mit herauskaufen konnte, sollten noch mehrere Jahre (bis 2011) vergehen. Die Rettung der BIL hingegen hat den Luxemburger Staat bisher kaum Geld gekostet. Für die staatlichen Garantien bezahlt das Finanzinstitut millionenschwere Gebühren. Der gekaufte Anteil von zehn Prozent an der Bank ist heute das Doppelte wert. Trotzdem ist es noch zu früh, um sich zu freuen: Noch bis 2031 kann die Entwicklung der Dexia-Gruppe zu milliardenschweren Kosten für den Luxemburger Staatshaushalt führen.

Zwei Wochen vor genau zehn Jahren

Die Folgen der Krise für den Finanzplatz sind tiefgreifend. Drei isländische Banken sind verschwunden. Die KBL wechselt den Besitzer. Die Zahl der Banken aus Deutschland schrumpft. Der Luxemburger Staat wird infolge der „Rettungen“ Aktionär von zwei der wichtigsten Schalterbanken des Landes. Mit dem Europäischen Stabilitätsfonds ESM ist Luxemburg um eine EU-Institution reicher. Der katarische Staatsfonds Precision Capital ist ein wichtiger Akteur geworden. Der Kampf gegen Steuerparadiese gewinnt an Elan. Ein paar Jahre später fällt das Bankgeheimnis. Luxemburg hat immer noch ein AAA, aber die Staatsschulden sind deutlich in die Höhe geschnellt.

Alles in allem lohnt es sich, noch einmal auf die spannenden zwei Wochen vor genau zehn Jahren zurückzublicken. In den kommenden Tagen wird das Tageblatt an das erinnern, was sich damals hierzulande abgespielt hat. Als Quellen für die Artikel der Serie dienen Gespräche mit zahlreichen Zeitzeugen sowie Zeitungsartikel und Geschäftsberichte von damals.

In den nächsten beiden Tagen berichten wir über die erste und die zweite „Rettung“ von Fortis Luxembourg. Danach widmen wir uns den Rettungen der Dexia-BIL sowie dem Ende der isländischen Banken in Luxemburg. Damals kam erstmals die Einlagensicherung zum Zug. Die Banken des Platzes mussten Millionen stemmen, um die Kunden der Kaupthing zu entschädigen. Und alles fand fast zeitgleich statt. Zudem stellen wir die Frage nach der Verantwortung, ob sich die „Rettungen“ gelohnt haben und ob so eine Krise erneut möglich ist.

 


Lesen Sie hier Teil 1 unserer Serie: 

Ein gewaltiges Beben kündigt sich an

 

Lesen Sie hier Teil 2 unserer Serie: 

Über Fortis bricht das Dach zusammen

 

Lesen Sie hier Teil 3 unserer Serie: 

Volles Risiko bei der Fortis-Rettung