Die Herausforderung, der Nikolaus zu sein – Anfang Dezember wird René Depienne zum „Kleeschen“

Die Herausforderung, der Nikolaus zu sein – Anfang Dezember wird René Depienne zum „Kleeschen“

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René Depienne hat Anfang Dezember eine Menge zu tun: Als Nikolaus überrascht er nämlich die Kinder zu Hause. Mit seiner ruhigen, besonnenen Art und seiner tiefen Stimme erinnert der 59-Jährige auch ohne Kostüm an den weißbärtigen Mann mit rotem Umhang. Im Gespräch mit dem Tageblatt wird schnell ersichtlich, dass es ihm gefällt, Anekdoten aus dem Leben eines „Kleeschen“ zu erzählen.

Tageblatt: Warum wollten Sie der Nikolaus sein?

René Depienne: Ich möchte den Kindern eine Freude bereiten. Eigentlich schwirrte mir diese Idee schon etwas länger im Kopf herum. Vor acht Jahren hat meine Frau dann Initiative ergriffen – und mir ein Kostüm mit allem, was dazugehört, gegeben. Doch sie hat jetzt mehr Arbeit damit als ich, denn sie übernimmt die ganze Organisation und erkundigt sich bei den Eltern darüber, was ich über die Kinder wissen muss. Es ist toll, die strahlenden Augen der Kinder zu sehen, wenn sie vor mir stehen und singen. Manchmal spielen sie sogar extra Musik für mich.

Damals, als ich noch als Busfahrer tätig war, habe ich mir hierfür immer freigenommen. Ich wollte nicht gehetzt von der Arbeit nach Hause kommen, schnell in das Kostüm schlüpfen und dann zu den Kindern fahren. Meine Frau hat sich dann ebenfalls Urlaub genommen, damit wir das auch richtig machen können.

Momentan haben Sie Hochsaison. Wie oft werden Sie gebucht?

An diesen speziellen Tagen, am 5. und 6. Dezember, bin ich natürlich viel unterwegs – hauptsächlich im Süden, allein schon wegen der Logistik. Ich fahre mit dem Auto von Termin zu Termin. Pro Besuch rechne ich mit etwa einer Stunde. Wenn ich von 17-21 Uhr unterwegs bin, dann sind das etwa fünf Kinder pro Abend. Oft gibt es ein kleines Fotoshooting mit der Familie. Bei solchen mit zwei Kindern dauert mein Besuch normalerweise zwischen 20 und 30 Minuten.

Dieses Jahr hat sich übrigens bereits im August ein Mann bei mir gemeldet. Er habe schon so oft gewollt, dass ich vorbeikomme, weil er schon „Kleesercher“ gebucht hatte, die nicht so gut waren.

Wie viele „Houseker“ stehen Ihnen zur Seite?

Ich nehme oft einen Studenten mit, mit dem ich dann vom ersten Tag an zusammenarbeite. Dann habe ich noch zwei Reserve-„Houseker“, für den Fall, dass jemand mal verhindert ist. Einer von ihnen ist ein sprachliches Multitalent, er beherrscht unter anderem Portugiesisch, Italienisch und Chinesisch. In Schifflingen haben wir beispielsweise mal ein kleines chinesisches Mädchen getroffen. Es stand vor mir und konnte nicht sehr gut luxemburgisch sprechen. Mein „Houseker“ hat die Kleine dann spontan auf chinesisch angesprochen. Ich war ganz baff – und das Mädchen danach sichtlich glücklich.

Wo decken Sie sich mit Kostümen ein?

In Deutschland und in den Niederlanden gibt es spezielle Läden, die solche Kostüme verkaufen. Das Wichtigste ist die richtige Qualität, denn die Stoffe sind sehr empfindlich. Dann muss ich darauf achten, dass das Kostüm den Abend über sauber bleibt. Jeden Tag nach Benutzung wird es aufs Neue gewaschen und gebügelt. Die weißen Handschuhe wechsele ich viermal pro Abend, damit ich stets saubere anhabe. Immerhin fasse ich die Geschenke, die Nüsse und den Gehstock an. Für unterwegs liegen sechs Paar im Auto. Kostüme, Haare und Bart besitze ich doppelt – für den Fall, dass mal was passiert. Ich habe auch eine Uhr, die ich nur als Nikolaus anziehe.

Was antworten Sie den Kindern, wenn Sie darauf angesprochen werden, dass es noch andere Nikoläuse gibt?

Man muss sich immer als den richtigen Nikolaus ausgeben – was ab und an aber gar nicht so einfach ist. Es ist nämlich verrückt, was sich Kinder alles merken können! Sie achten auf jedes Detail. Ein Junge wollte meinen Hirtenstab genauer betrachten, weil er so schwer war – der von einem anderen Nikolaus war allerdings nur aus Plastik. Das hat er auf den ersten Blick gesehen. Da habe ich ihm erklärt, dass ich schon sehr alt bin und der andere „Kleeschen“ irgendwann später meinen Hirtenstab bekommen wird. Der wird dann zum neuen, richtigen Nikolaus.

Zum falschen Bart sagen die Kinder nichts?

Nein, eigentlich nicht. Ich muss nur aufpassen, dass sie nicht zu fest daran ziehen. Doch mein Bart ist nicht synthetisch, er besteht aus natürlichem Haar. Erst letzte Woche habe ich mir einen neuen gekauft, der sogar noch echter aussieht.

Sie achten also darauf, dass alles so stimmig wie möglich abläuft.

Ja, wir trinken auch nichts bei den Kindern zu Hause. Wir verrichten unsere Arbeit und gehen dann wieder. Eine Frau aus Esch hat uns einmal erzählt, dass ein anderer Nikolaus geblieben ist, bis die Kinder im Bett waren. Er ging nach Hause und hatte Bart und Stock vergessen. So etwas akzeptiere ich nicht. Oder wenn andere Nikoläuse nach Feierabend in eine Bar gehen. Dort ziehen sie dann ihr Kostüm aus und legen alles auf den Tresen. Auch abends sind noch Kinder unterwegs, die das dann durchs Fenster sehen könnten: den Nikolaus ohne Haare und Mitra.

Was können Eltern antworten, wenn ein Kind fragt, wie es dem „Kleeschen“ gelingt, wirklich alles in Erfahrung zu bringen?

Der Nikolaus erfährt alles von seinen Engeln, die es ins goldene Buch eintragen. Die sehen auch, wenn das Kinderzimmer nicht aufgeräumt wurde. Wenn ich dann als Nikolaus mit ihnen rede, sind sie immer ganz erstaunt darüber, dass ich wirklich über alles informiert bin, und geloben Besserung. Doch es klappt nicht bei jedem Kind. Manchmal kommen schon die komischsten Fragen.

Letztes Jahr hat eine Frau Ende Januar bei uns angerufen und gefragt, ob der „Houseker“ nicht nochmal bei ihnen vorbeikommen könnte. Ihr Sohn würde einfach nicht auf sie hören. Doch alles hat seine Zeit, auch wenn die Geschäfte schon im August anfangen, alles für Weihnachten anzubieten.

Welche Fragen kommen noch auf?

Manchmal fragen sie mich, wo denn die Rentiere gerade sind. Dann sage ich immer, dass sie gerade bei einem Bauer unterstehen, der sie gut versorgt. Einmal, da war ich in der Gegend von Aspelt bei einer Familie, habe ich einem Mädchen gesagt, dass die Rentiere bei einem Bauer des Dorfes sind. Nur war das dann der Pate eines Mädchens, das ebenfalls dort war. Nachher bin ich dann zum Bauern gefahren und habe ihm alles erklärt.
Ein paar Tage später hatte ich ihn an der Strippe. Seine Patin hatte ihn tatsächlich darauf angesprochen und gefragt, ob die Rentiere gut versorgt wurden und was sie gegessen haben.

Die „ErwuesseBildung“ hat vor ein paar Wochen die erste „Formatioun fir Kleesercher“ organisiert, bei der Sie auch dabei waren. Konnten Sie mit Ihrer bereits gesammelten Erfahrung noch etwas dazulernen?

Ich hatte in der Zeitung darüber gelesen und war sofort interessiert. Die Verantwortlichen waren froh, dass auch Teilnehmer dabei waren, die bereits über eigene Erfahrungen berichten konnten. So war beispielsweise auch ein junger Mann anwesend, dessen Vater immer Nikolaus war, doch er ist leider gestorben. Da hat die Mutter gemeint, dass der Sohn das weiterführen soll. Er wird also einfach ins kalte Wasser geworfen – natürlich war er da froh, ein paar Erfahrungsberichte zu hören.

Der Kurs könnte meiner Meinung nach auf ein paar Tage ausgeweitet werden, um den Stoff noch weiter zu vertiefen. Es ist jedoch gut, dass man danach ein Zertifikat erhält. Das könnte zu einem Qualitätsmerkmal werden.

roger wohlfart
2. Dezember 2018 - 16.27

Und dieser Betrug setzte sich dann für die Erwachsenen mit der Belohnung Himmel und der Strafe Hölle fort. So hielt man uns " Fouss bei Mol " oder hat es zumindest versucht, ich meine die Kirche und ihre schwarzen Gesellen. " Wien gleewt dann haut nach un de Kleeschen ? ".

Jacques Zeyen
2. Dezember 2018 - 10.20

Ich erinnere mich auch noch an meine Kindheit wo diese katholische "Bestechungsaktion" für Kleinkinder großen Eindruck auf meine Psyche ausgeübt hat. Mit Schokolade und Kettenrasseln wurden wir auf "brav" getrimmt. Diese Theorie klappte aber nur solange bis die Schokolade aufgegessen war und keine schlaflosen Nächte mehr zu überstehen waren wegen des Kette rasselnden Schwarzen.Genau wie bei den Erwachsenen,die nach der Absolution wieder in die Vollen langen konnten.Das ist der Vorteil bei dieser Religion. Erziehung durch Angst und Belohnung. Aber als ich als 9-jähriger das erstemal den Nikolaus und den Houséker "stëppsgranatevoll" beim Nachbarn die Treppe hinuntertorkeln sah,war meine Welt wieder in Ordnung.