Die französische Kette Decathlon mischt weltweit den Sportartikelmarkt auf

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Der Norden Frankreichs gehört einer der größten Handelsmarken, die ein gigantisches Firmenimperium darstellt. Teil des Imperiums ist der zweitgrößte Sportartikel-Konzern weltweit: Decathlon. Wie wurde das Unternehmen zu einem der wichtigsten Handelskonzerne Frankreichs? Eine Erfolgsgeschichte.

Gérard Mulliez ist längst nicht mehr aktiv, aber er ist eine Legende im französischen Handel. Der 1931 Geborene holte sich in den 1950er Jahren in den USA sein Wissen über das Funktionieren von Supermärkten. 1961 eröffnete er in Lille seinen ersten, nannte ihn „Auchan“ und erlebte einen Reinfall. Der Laden lief nicht.

Die Menschen in Frankreichs Norden sind speziell, industriell geprägt, zu vergleichen mit denen des Ruhrgebiets, ohne Furcht vor Kontakten und Ratschlägen. Mulliez holt sich Rat. Ausgerechnet bei denen, für die er schärfster Konkurrent werden sollte. Der Bretone Michel Edouard Leclerc erklärt ihm, dass die Marge gering sein müsse, der Warendurchlauf aber dauerhaft hoch. Sprich: niedrige Preise und Waren, die sich schnell und gut verkaufen. Gérard Mulliez macht daraus eine Philosophie, auf der sich heute ein Imperium aufbaut, das mit 38 Milliarden Euro zu den wichtigsten Handelsketten gehört.

Ein Clan von Unternehmern

Jedes Familienmitglied wird angehalten, sich unternehmerisch zu betätigen. Ideen werden von Fachleuten der Familie geprüft. Ist das neue Unternehmen einmal lanciert, muss es sich durchbeißen, darf aber auf Hilfe der Familienholding rechnen, wenn es nötig ist. Auf diese Weise haben viele der 500 Clan-Mitglieder mittlerweile ihr Unternehmen aufgebaut.

Ein Mulliez-Familienkonzern in Form einer Holding ist daraus nicht unbedingt entstanden, aber ein Clan von Unternehmern, zusammengehalten von Familienbanden. Wenngleich eine Familienbeteiligungsgesellschaft sich teilweise an dem Unternehmen beteiligt. Michel Leclercq ist ein Neffe von Gérard Mulliez. 1976 entscheidet er sich – nach ausführlichem Studium des Auchan-Konzeptes –, das Prinzip im Handel mit Sportartikeln einzuführen. Günstige Preise, für jeden erschwinglich bei geringen Margen. Das Prinzip des Onkels soll greifen. 42 Jahre später ist Decathlon ein weltweiter Sportartikel-Händler mit der Zentrale in Villeneuve d’Ascq, Vorort von Lille, dort, wo 1961 alles begonnen hatte. Vier Dekaden später ist das Geschäft in Frankreich in aller Munde.

Ob man Kinder für das neue Schuljahr mit Kleidung ausrüsten muss, ob man Ferien im Gebirge mit Wanderungen vorbereiten muss, ob man günstig Golfbälle kaufen will oder Golfhandschuhe, ob man Schwimmzeug benötigt oder Jogging-Kleidung, der erste Gedanke der Franzosen geht immer in Richtung Decathlon. Der Reflex Decathlon liegt in Frankreich der Untersuchung des Marktforschungsinstitutes OC&C zufolge vor dem Reflex Amazon. In gewisser Weise haben Zulieferer, die Decathlon in der Anfangsphase nicht trauten und zögerlich mit Lieferungen waren, den Erfolg des Unternehmens befördert. Die Frage, ob man Markenartikel ins Sortiment nehmen oder Eigenmarken entwickeln sollte, entschieden so die Zulieferer.

Groß in Eigenmarken

In Lille gibt es heutzutage in einem Backsteinbau, der einmal eine Zigarettenfabrik war, das größte Fahrradgeschäft Frankreichs mit der Fabrik gleich nebenan, alles zusammen in der Größe von 17 Fußballfeldern. Decathlon ist Frankreichs größter Fahrradhändler mit den Marken B’Twin, Rockrider oder Triban. Typisch für die Ansiedlung: In Lille heißt sie B’Twin Village. Hier werden 25.000 Fahrräder pro Jahr verkauft. Durchschnittspreis: Um 300 Euro. Und gleich nebenan regiert Leroy Merlin, der größte Baumarkt-Händler Frankreichs, von einem Cousin und Mitglied des Mulliez-Clans entwickelt. In einer Vorstadt der bretonischen Hauptstadt Rennes heißt die Ansiedlung von Decathlon und Leroy Merlin „Village de la forme“. Es gibt keinen Moment, in dem die Parkplätze beider Kaufhäuser nicht mindestens zur Hälfte gefüllt sind.

Decathlon setzt auf die Entwicklung von Eigenmarken. In Lille sitzen Biomechaniker im Forschungslabor und prüfen die Haltung auf dem Fahrrad oder auch die Haltung der Füße auf den Pedalen. In Lille wurde die Golfmarke Inesis entwickelt, mit der man sich heutzutage auf Frankreichs Golfplätzen durchaus sehen lassen kann. Decathlon hat mit seinen Produkten Millionenerfolge. Das kleine runde Zelt, das sich selbst in Sekunden öffnet und auf allen Stränden und Campingplätzen vertreten ist und zur Ausrüstung eines jeden Rucksacktouristen gehört, wurde bisher acht Millionen Mal verkauft.

Der „Zehnkampf“, wie das Unternehmen übersetzt heißt, bedeutet Ausdauer und Durchsetzungsvermögen. Die nötige Strecke hat das Unternehmen bisher überwunden. Die Philosophie heißt nach wie vor: „Wir machen unsere Produkte selbst.“ Wirtschaftlich ist das eine Erfolgsstraße. Von der Entwicklung über die Produktion bis zum Handel hat Decathlon die gesamte Wertschöpfungskette in seiner Hand. Dabei haben die einzelnen Marken den Status eigenständiger Unternehmen. Angesiedelt sind sie jeweils dort, wo sich bei den Kunden die größte Expertise befindet.

Neue Anläufe auf neue Märkte

Das kleine Zelt hat seinen Sitz am Fuße des Mont Blanc, Fahrräder etc. befinden sich in Lille, alles, was mit Jagd und Fischerei zu tun hat, an der Dordogne-Mündung. Decathlon bietet aus der eigenen Forschung dieser kleinen Unternehmen jährlich 2.800 neue Produkte oder Verbesserungen von Produkten an. Konkurrierende Sporthändler klagen längst, dass sie nicht mehr mithalten können. Das Problem für sie: Decathlon setzte auf seine 20 Eigenmarken. 42 Jahre nach Gründung der Handelskette verfügt Decathlon über 310 Geschäfte in Frankreich, hatte Schwierigkeiten in Deutschland und macht dort einen neuen Anlauf wie in den USA, wo das Geschäft von Kalifornien aus neu gestartet werden soll.

Die Zehnkämpfer aus Frankreichs Norden sind insgesamt heutzutage in 39 Ländern der Erde vertreten. Beim Aufbau ihres Konzerns haben sie allerdings die Internet-Tendenz übersehen. Nur 3,5 Prozent der Sportartikel und nur zehn Prozent der Sportkleidung werden in Frankreich über das Internet verkauft. Decathlon verzichtet so auf die Kundschaft in den ländlichen Gebieten. Eine Schwäche, die aufgearbeitet werden soll. Und Überraschungen erleben die Zehnkämpfer auch. Zu einem bestimmten Zeitpunkt stieg der Verkauf von Reitpeitschen sprunghaft an. Die Erklärung: Der Film „50 Shades of Grey“ war angelaufen. Insbesondere Interessentinnen vertrauten Decathlon mehr als Erotikgeschäften, das „richtige“ Instrument zu finden.

roger wohlfart
27. August 2018 - 16.59

Grosse Auswahl an guten, preiswerten Sportartikeln jeder Art für jedermann. Das Preis-Qualitätsverhältnis stimmt, fachmännische und zuvorkommende Bedienung. Die angebotene Ware ist nicht immer unbedingt exklusiv und mondän chic, aber das wird ja auch nicht von der Décathlon Kundschaft verlangt, zu der auch ich mich zähle. Für die Modebewussten und die sich teure Marken leisten können, gibt es ja die entsprechenden Kaufhäuser mit entsprechenden , nicht unbedingt berechtigten Preisen. Eleganz hat ihren Preis,muss aber nicht auch Qualität sein.