Die Fans haben keine Lust mehr: Wie der luxemburgische Fußball wieder Zuschauer finden könnte

Die Fans haben keine Lust mehr: Wie der luxemburgische Fußball wieder Zuschauer finden könnte

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Es gibt nicht den einen Grund, der erklären würde, wieso immer weniger Menschen sich Fußballspiele ansehen. Trotzdem gibt es Möglichkeiten der Entwicklung entgegen zu treten. 

von Lex Bruch

Die Ursachen sowie Erklärungen für den Zuschauerschwund sind vielseitig. Einer der Hauptgründe besteht unweigerlich in der Veränderung der Gesellschaft. Früher reichten einige Quadratmeter freie Fläche oder ein beliebiger Fleck Rasen, um dem Ball nachzujagen. Bolzplatzkinder stellten keine hohen Ansprüche. In den Gassen wurde gespielt, in den Ferien öfters von morgens bis abends. Den Platz der Straße haben mit zunehmender Zeit diverse Spielkonsolen eingenommen. Heutzutage wirken die Straßen fast wie leergefegt von Kindern, es sei denn, sie befinden sich auf dem Schulweg. Daran trägt auch das hohe Verkehrsaufkommen Schuld. Auf vielen Straßen ist das Spielen eine Sache der Unmöglichkeit geworden.

Andererseits trug die Errichtung zahlreicher Mehrzweck- sowie echter Sporthallen ihren Teil dazu bei, dass es so manchen Sportbegeisterten – ob aktiv oder passiv – eher in die Richtung von anderen Mannschaftssportarten verschlug. Bis etwa Mitte der 70er-Jahre wurden Basketball und Handball noch im Freien gespielt. Heute haben diese Sportarten den Vorteil, dass die Zuschauer diese Spiele in geheizter Halle und im Trockenen verfolgen können.

Entfremdung

Eine weitere mögliche Erklärung ist die fehlende Identifikation mit dem eigenen Verein, die nicht nur, aber vor allem im Fußball, kaum noch gewährleistet ist. Der sonst vereinstreue Zaungast entfremdet sich zusehends von seinem Verein. Einst bestanden die Klubs vornehmlich aus Spielern aus dem eigenen Dorf oder es wurde allenfalls in den benachbarten Ortschaften rekrutiert. Zahlreiche Familienmitglieder, Nachbarn, Leute aus dem Bekanntenkreis sowie die Jugendspieler aus der vereinseigenen Talentschmiede zog es früher quasi zu jedem Heimspiel ins Stadion. Im Laufe der Jahre ging es immer mehr in Richtung Legionärentum.

Die neuen Spieler kamen aus den Nachbarländern Frankreich, Belgien oder Deutschland. Heutzutage sind Akteure aus ganz Europa in der BGL Ligue aktiv. Erfolg oder Identifikation? Eine berechtigte Frage, mit der sich die Vereine auseinandersetzen müssen. Es ist wohl eine Mischung aus beiden. Bei den Fusionsvereinen wie dem F91, Déifferdeng 03, UN Käerjeng, dem RFCUL und einigen weiteren blieben nicht wenige Anhänger auf der Strecke. Die Fusionen waren nicht immer von Erfolg gekrönt. Nicht selten wendeten sich Mitglieder der aufgelösten Klubs von den neu gegründeten Vereinen ab.

TV und Infrastruktur

Auch das Fernsehen wurde zur Konkurrenz und bietet dem Sportfan heute quasi tagtäglich Live-Events an. Bequemer geht’s nimmer und zuhause ist es weitaus gemütlicher als in den allermeisten Stadien, wo die Infrastruktur oft nicht mehr zeitgemäß ist und sogar teilweise eine abschreckende Wirkung auf die Besucher hat. Früher war das Angebot an Sportarten zudem wesentlich übersichtlicher als heute. Im Laufe der Zeit vermehrten sich sowohl Sportvereine als auch Sportarten. So hat der Fußball mit dem Futsal sogar hauseigene Konkurrenz bekommen.

„Last but not least“ reißt auch die Diskussion über Transferzahlungen, Trainerbezüge und Spielergehälter nicht ab. Es gibt diesbezüglich freilich viele Befürworter, jedoch auch reichlich Kritiker. Jedenfalls sorgen verschiedene Summen für mächtige Verstimmungen unter den Fußballfans. Dies trägt nicht gerade dazu bei, die Zuschauerränge wieder zu füllen. Aber es gibt Hoffnung, denn vergangene Saison kamen im Schnitt 84 Zuschauer mehr in die Stadien als in der Saison 2004/05, als die BGL Ligue ihren bisherigen Tiefpunkt erreicht hatte. Fest steht allemal, dass die Musik heute noch immer im Süden des Landes spielt. Mittlerweile verdrängte der Progrès aber die Jeunesse Esch auf den zweiten Platz. Auch Déifferdeng 03 war letzte Saison auf Tuchfühlung mit den „Grenzern“.

Als der F91 aus der Taufe gehoben wurde, strömten fast 1.000 Neugierige zu den Heimspielen, letztes Jahr nur noch die Hälfte. Die Kulissen sind nahezu allerorts arg geschrumpft. Wie zum Beispiel in Ettelbrück, wo 1971/72 immerhin durchschnittlich 1.172 Leute die Etzella-Heimspiele verfolgten. Oder etwa in der Hauptstadt, wo die Gründervereine Union, Aris und die Spora große Beliebtheit genossen. In Luxemburg-Stadt ist der negative Trend nicht erst nach der Fusion 2005 wohl am krassesten und es herrscht seit Jahrzehnten regelrecht Flaute.

Lösungsansätze

Früher wurden Plakate in Kneipen, Vereinslokalen und Geschäften verteilt, auf denen für die Heimspiele des örtlichen Fußballvereins geworben wurde. Das war ein erprobtes Mittel, um zusätzliche Zuschauer in die Stadien zu locken. Heute bieten die sozialen Netzwerke eine sehr hilfreiche Plattform. Durchaus recht positiv wirkte sich früher die Ansetzung der Juniorenmeisterschaftsspiele als „lever de rideau“ der ersten Mannschaft auf die Zuschauerzahlen aus. Aus organisatorischen Gründen finden jene bereits seit längerer Zeit am Samstag statt und nicht selten fast „unter Ausschluss der Öffentlichkeit“. Zusehends beliebter werden Aktionen, sprich Nebenveranstaltungen einzelner Vereine am Spieltag selbst, um die Anziehungskraft auf die Fans zu erhöhen.

Eine Zauberformel, um dem Besucherschwund entgegenzuwirken, gibt es nicht. Neue Wege einzuschlagen und vielleicht ein paar altbewährte Maßnahmen wieder ins Auge zu fassen, könnte jedenfalls Abhilfe schaffen.


Dieser Text ist das Fazit unserer Serie über die Entwicklung der Zuschauerzahlen im luxemburgischen Fußball. 

Teil 1: Die allgemeine Statistik – ein Überblick

Teil 2: Zuschauerkrösus Jeunesse Esch

Teil 3: Der Zuspruch in Düdelingen und Differdingen

Teil 4: Leere Ränge in der Hauptstadt

Teil 5: Blick auf die Regionen

Mephisto
8. November 2018 - 16.27

Hauptgrund ist meiner Meinung nach , dass man fast keinen Spieler mehr kennt. Früher hütete der Nachbarsjunge das Tor, der Dorfpolizist war linker Verteidiger und der Dorfwirt war Mittelstürmer. Dazu kamen oft lokale Derbys zwischen Nachbarsdörfern, wochentags wurde schon im Pendlerzug gestachelt und die Stimmung angeheizt. Das führte dann dazu , dass in der 1. resp. 2. Division über 200 Zuschauer erschienen wohingegen es heute oft nur mehr 50 sind. Ich bin mir bewusst, dass dies nicht die alleinigen Ursachen sind.

Jimbo
8. November 2018 - 13.30

Vläit hun dLeit gemierkt, dass et mei wichteg Sache gett wei e puer Leit nozekuken wei se engem Ball nolafen...