Die Familie Menster fliegt mit dem Heißluftballon der Stadt Esch

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Esch hat einen eigenen Heißluftballon – und Familie Menster ein gemeinsames Hobby: damit zu fliegen. Vater Laurent Menster arbeitet seit 24 Jahren bei der Gemeinde und ist nicht unschuldig an der Marketingaktion.

Fotos: Tania Feller

Wenn Familie Menster den Heißluftballon der Stadt Esch aufbaut, geht alles ganz schnell. Jeder Handgriff sitzt und jeder weiß genau, was er zu tun hat. Der Himmel über dem Rathaus ist am Mittwochmorgen wolkenverhangen. „Hoffentlich bleibt es jetzt trocken“, sagt Mutter Sandra. Der Stoff des Ballons darf nicht nass werden. Laurent, Sandra und ihre beiden Söhne packen den 25 Meter langen Ballon eigens zur Demonstration fürs Tageblatt auf dem Rathausplatz aus. Als sie den Brenner betätigen, versammeln sich die ersten Schaulustigen um den handgefertigten Korb.

Der Ballon mit dem Namen LX-BEA macht Werbung für die Stadt Esch. „Das lohnt sich“, sagt Laurent Menster. Der Ballon mit einem Volumen von 2.600 Kubikmetern wurde vor einem Jahr in der größten Heißluftballon-Firma der Welt, in Schweich bei Trier, angefertigt und hat damals 65.000 Euro gekostet. „Der Ballon kann bis zu zwölf Jahre fliegen. Würde man während dieser Zeit in Plakate oder ändere Werbemittel investieren, würde das mit Sicherheit viel teurer“, sagt Menster. Zudem sind Heißluftballons sehr beliebt: „Die Menschen sehen sie sich gerne an und erfreuen sich daran.“

Laurent Menster ist gelernter Bauingenieur. Seit 1995 ist er bei der Stadt Esch angestellt. Dort arbeitet er in der Abteilung für vorbeugenden Brandschutz. Dass die Stadt heute einen eigenen Heißluftballon hat, ist nicht zuletzt ihm zu verdanken. Als der Familienvater 2010 erstmals Freunde bei einer Ballonfahrt begleitet, hat er Blut geleckt. Dabei war er damals noch nicht einmal in der Luft: Er unterstützte die Crew in der sogenannten Verfolgungsmannschaft. Dieser Teil des Teams hilft dabei, den Ballon startklar zu machen, und verfolgt später den Flug vom Boden aus, um den Piloten im Idealfall bei der Landung zu empfangen und das ganze Equipment wieder im Anhänger zu verstauen.

Heißluftballonfliegen ist Teamsache

Als sich Menster 2010 dem „Cercle luxembourgeois de l’aérostation“, kurz CLA, anschließt, dauert es nicht lange, bis auch seine Familie das Ballon-Fieber packt. Ein Jahr später meldet sich seine Frau Sandra im Klub an. 2012 nimmt Menster dann den Pilotenführerschein in Angriff – nicht ohne die Unterstützung seiner Familie: „Ich habe gleich gesagt, dass wir dieses Hobby entweder gemeinsam angehen oder gar nicht“, sagt er. Denn Heißluftballon fliegen ist Teamsache.

Allein für den Aufbau – den sportlichsten Teil einer Fahrt – braucht es acht Hände. Wenn Laurent Menster oben ist, begleitet ihn häufig sein jüngster Sohn Chris. Sandra und Jo gehören in der Regel zur Verfolgungsmannschaft. „Hierfür braucht man eine Menge Geduld. Wir veranstalten dann eine Art Schnitzeljagd“, sagt Sandra. Jo ist dabei fürs Kartenlesen zuständig.

Damit niemand verloren geht, ist die Familie den ganzen Flug über via Funk verbunden. „Wir haben sie bisher immer gefunden“, meint Sandra mit einem Lachen. Laurent weiß aus Erfahrung, dass sein Team ein ganz besonderes ist. Die Familie ist ideal aufeinander eingespielt. „Wenn ich mit einem anderen Team fliege, dauert es schon mal länger, bis sie mich gefunden haben“, sagt er.

Gleichzeitig ein Familienurlaub

Das gemeinsame Hobby hat noch einen Vorteil: Fliegen die Mensters im Ausland, ist das gleichzeitig wie ein kleiner Urlaub. „Es macht Spaß, diese Gemeinsamkeit zu haben. Wir sind viel zusammen unterwegs und fahren häufig an den Wochenenden weg – meistens in der Großregion.“ Besonders im Sommer ist viel los. Vor drei Wochen war die Familie mit dem Escher Ballon in Chambley auf dem „Grand Est Mondial Air Ballons“, dem weltweit größten Heißluftballon-Treffen. Am vergangenen Wochenende sind sie bei der „MoselBallonFiesta“ im deutschen Föhren in die Luft gestiegen.

Der Ballon der Stadt Esch fliegt zwischen 15 und 20 Mal im Jahr, je nach Wetterlage. Immer in Luxemburg oder der Großregion. Am Steuer sitzt nicht immer Laurent Menster, sondern auch mal ein anderer Pilot des CLA. Der Heißluftballon mit dem Namen LX-BEA wurde im Rahmen einer Konvention mit dem CLA von der Stadt Esch finanziert. Die Stadt kommt auch für die jährlichen Betriebskosten auf. Im Gegenzug kümmert sich der Klub darum, dass der Ballon geflogen wird.

Mit der Aufschrift „Esch“, „Ville universitaire“ und „Capitale européenne de la culture“ können in der Großregion die meisten etwas anfangen, sagt der Pilot. Fragen darüber, was es damit auf sich hat, müsse er auf seinen Ausflügen nur selten beantworten.

Zweijährige Ausbildung

Der jüngste Menster plant, im nächsten Jahr den Pilotenführerschein in Angriff zu nehmen. Sein Vater hatte damals zwei Jahre gebraucht, um offiziell fliegen zu können. Chris stehen noch etliche Lernstunden, eine theoretische und eine praktische Prüfung bevor. Mit 14 darf er mit der Ausbildung beginnen. Dann stehen unter anderem Wetterkunde, nationales Luftrecht, Sicherheitsbestimmungen und Funkverkehr mit der Verfolgungsmannschaft auf dem Stundenplan. Der praktische Teil besteht aus 18 bis 20 Flugstunden. Allein das Lenken des Ballons ist tückisch: Ein Heißluftballon lässt sich nur hoch und runterfliegen. Den Rest erledigt der Wind – und den muss der Pilot genau einschätzen können.


Ist das alles geschafft, dann ist das Examen ähnlich wie eine Fahrprüfung: „Der Examinator fliegt mit und entscheidet dann, ob ein Flugschein ausgestellt wird oder nicht“, sagt Laurent Menster, der seinen Schein gleich beim ersten Mal geschafft hat. Er findet es schade, dass immer weniger Menschen den Pilotenschein machen, versteht es aber auch. „Der Schein kostet um die 4.000 Euro. Zudem ist es ein sehr zeitaufwendiges Hobby. Für einen Flug gehen locker drei bis vier Stunden drauf – ohne tanken“, sagt er.

In eine brenzlige Situation ist Laurent Menster noch nie geraten. „Der Heißluftballon ist eines der sichersten Transportmittel auf der Welt.“ Bis auf einen Passagier, der aus Angst während einer Stunde keinen Mucks von sich gegeben und nur auf den Boden gestarrt hat, ist ihm im Korb noch nichts Außergewöhnliches passiert. Er weiß allerdings von Pilotenkollegen, denen bereits verrückte Dinge widerfahren sind: „Einer war dabei, als ein Mann seiner Freundin während einer Fahrt einen Heiratsantrag gemacht hat – und sie hat Nein gesagt. Das war ein langer und peinlich stiller Flug“, sagt Menster.

Chris ist 13 und plant im nächsten Jahr mit der Ausbildung zum Heißluftballon-Piloten zu beginnen

Nach einer knappen Stunde beginnt es auf dem Rathausplatz zu nieseln. Die Familie wirkt gestresst. Der Ballon muss schnellstmöglich eingepackt werden. Wieder sitzt jeder Handgriff. Nur ein paar Minuten und einige Schweißperlen später ist der Escher Heißluftballon wieder sicher und trocken im Anhänger verstaut – und besonders Chris freut sich schon darauf, ihn für den nächsten Flug auszupacken.

J.C.KEMP
20. August 2019 - 17.40

Schöne Verquickung! Oder wie kommt man an einen Heissluftballon?