Gamer-Verband: „Die E-Sport-Szene ist in Luxemburg nicht nur eine Randerscheinung“

Gamer-Verband: „Die E-Sport-Szene ist in Luxemburg nicht nur eine Randerscheinung“

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Auch hierzulande wird viel vor dem PC und vor Konsolen gespielt. Aber was ist eigentlich E-Sport? Das Tageblatt hat mit Sven Cannivy gesprochen. Er ist Mitgründer der Vereinigung E-Sports Luxembourg, die sich u.a. für die Anerkennung von E-Sport als Sportart starkmacht, und selbst leidenschaftlicher Gamer.

Lesen Sie zum Thema auch unseren Bericht E-Sport in Luxemburg: Vom Kellerkind zum Top-Athleten

Tageblatt: Was genau ist E-Sport?
Sven Cannivy: Eine einschlägige Definition hierfür gibt es nicht. Unsere Vereinigung sieht E-Sport als eine Art Oberbegriff für alle Videogames, die in einem Wettbewerbsmodus gespielt werden können, also kompetitiv sind. Dazu gehören mitunter Echtzeit-Strategie-, Kampf- und Sportspiele sowie Ego-Shooter. Zudem gibt es Games, die man gleich mehreren Genres zuordnen kann. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sieht das hingegen etwas anders: Ihm zufolge ist der Begriff E-Sport nur Sportspielen vorenthalten, Games aller anderen Genres fallen in die Kategorie E-Gaming. Das ist etwas, was wir konkret ablehnen – wir rechnen jedem kompetitiven Spiel die gleichen sportlichen Eigenschaften zu, unabhängig von dessen Gattung.

Wie sieht der Tagesablauf eines Gamers aus?
Wie beim herkömmlichen Sport sind Videospiele für die meisten Menschen nur ein Hobby. Deswegen sieht der Tagesablauf eines Spielers wohl so aus wie Ihrer oder meiner.
Bei professionellen Spielern ist es wie bei Profi-Sportlern: Training, Training, Training. Teils alleine, wenn es um die Verbesserung von Reflexen und Motorik geht, aber auch im Team, um sich strategisch weiterzuentwickeln. Hinzu kommen dann Turniere, für die sich Spieler oder Teams anmelden müssen oder zu denen sie eingeladen werden. Da bestimmen die Spieler/Teams selbst, für welches Turnier bzw. für welche Liga sie sich anmelden wollen oder – im Falle einer Einladung – ob sie überhaupt zusagen. Unterscheiden muss man hier übrigens zwischen Online-Turnieren, also welchen, die übers Internet laufen, und solchen, die offline – also an einem festgelegten Ort – ausgetragen werden. Bei Letzteren muss man sich dann für die Teilnahme vor Ort begeben. Es gibt verschiedene Organisationen, die große und weniger große Turniere ausrichten. Darunter fallen auch sogenannte Majors. Majors sind im E-Sport Turniere oder Ligen, die vom Entwickler des Spiels selbst unterstützt werden – sei es in Bezug auf die Preisgelder oder aber bei der Organisation und Austragung des Turniers selbst.

Was für Equipment muss man als Spieler haben?
Einen Computer oder eine Konsole. Letztere sind in ihrer Konfiguration sehr begrenzt. Bei PCs aber gibt es etliche Hersteller von Hardware und dementsprechend auch große Qualitäts- und Preisunterschiede. Als professioneller Spieler muss man sich um den Preis der Komponenten wohl keine Sorgen machen, weil Hardwarehersteller sehr daran interessiert sind, Profispieler zu sponsern. Hierfür muss man sich als Gamer selbst aber in der Szene etabliert, Kontakte geknüpft und auf sich aufmerksam gemacht haben. Vollständiges Computer-Equipment erhält man ab rund 500 Euro, nach oben hin sind kaum Grenzen gesetzt. Am wichtigsten ist, dass Maus und Tastatur auf die Bedürfnisse des Spielers angepasst sind, weil ein gewisser Komfort einfach gegeben sein muss.

Gibt es professionelle Gamer hierzulande?
Es gibt semi-professionelle Spieler, die mit kompetitiven Games Geld verdienen. Das sind aber eher magere Beträge. Die E-Sport-Szene steckt weltweit zwar nicht mehr in den Kinderschuhen, aber in Ländern wie Luxemburg hat sie sich noch nicht so recht etabliert. Es freut uns allerdings, ein Teil der wachsenden Gemeinschaft hierzulande zu sein und damit potenzielle Profispieler zu unterstützen.

Kann man in Luxemburg vom E-Sport leben oder gar reich damit werden?
Als Luxemburger sind einem keine Grenzen gesetzt, um im Ausland an großen Turnieren teilzunehmen. Viele professionelle Teams bestehen aus Spielern verschiedener Nationalitäten. Im Großherzogtum selbst jedoch gibt es keine Turniere mit Preisgeldern, von denen man angemessen leben könnte. Wenn man mit E-Sport seinen Lebensunterhalt verdienen will, muss man also Grenzen überwinden.

Welche Disziplinen gibt es im E-Sport?
Ganz grob kann man zwischen Eins-gegen-eins- und Teamspielen unterscheiden. Darüber hinaus ist alles Vorstellbare dabei: Echtzeitstrategie-, Kampf- und Racing-Spiele sowie Ego-Shooter und viele Games, die mehreren Genres zuzuordnen sind, wie beispielsweise „Rocket League“ – eine Art Fußballspiel mit Autos statt Menschen.

Sie haben eine Petition im Parlament eingereicht, die das erforderliche Quorum mit nur 377 Unterschriften nicht erreicht hat. Wie wollen Sie den E-Sport in Luxemburg fördern? Gibt es weitere Bestrebungen, ihn eventuell durch das Ministerium oder das COSL als Sportart anerkennen zu lassen?
Wir freuen uns, dass sich die neu gebildete Regierung im Koalitionsvertrag darauf geeinigt hat, sich konkreter mit dem E-Sport zu befassen. Das beweist, dass die Szene in Luxemburg nicht nur eine Randerscheinung ist. Indem wir das Wachstum in Luxemburg stets vorantreiben, fördern wir auch den E-Sport. Das Thema hat in den Medien kürzlich sehr viel positive Aufmerksamkeit bekommen. Die politische Auseinandersetzung mit dem Thema werden wir im Auge behalten und auch als Ansprechpartner stehen wir gerne zur Verfügung. Auf eine Stellungnahme des COSL wären wir übrigens sehr gespannt. Besonders weil das deutsche Pendant, der DOSB, dem E-Sport gegenüber eher negativ eingestellt ist und hierfür kein gutes Feedback von seiner wichtigsten Zielgruppe – also den jungen Menschen – erhalten hat.


„Wie eine Sucht“

Jérémy ist ein sog. Gamer. Der Schüler verbringt fast jede freie Minute vor dem Bildschirm und zockt. Lieblingsspiele: FIFA und Counter-Strike. „Wenn man gut spielen will, muss man sich auf ein, zwei Spiele beschränken, diese aber konsequent trainieren“, so der 18-Jährige. Er verbringt so manchmal bis zu sechs Stunden vor dem Computer oder seiner Konsole.

Seine Eltern stört sein Spielen nicht. „Solange meine Noten in der Schule ok sind und ich Sport als Ausgleich treibe und ein Musikinstrument spiele, haben sie kein Problem damit“, lacht er. Aber leider seien nicht alle Eltern „so cool“. So hätten einige Freunde bereits mit dem Zocken aufhören müssen. „Es ist schwer, aufzuhören. Es ist eine Sucht. Man will immer höher, weiter gehen, besser werden.“

Was benötigt ein guter Spieler denn überhaupt? „Wir sind keine Nerds, sondern eine Art Athleten. Sitzen wir vor dem PC, trainieren wir unsere Konzentration, unsere Reflexe, die Motorik, die Ausdauer usw. Wie bei anderen Sportarten ist Aufgeben keine Option. Ich bin sehr ehrgeizig“, so Jérémy. Wenn er aber Kopfschmerzen bekommt, legt er den Controller beiseite.

Ob er Profi werden will? „Vielleicht. Ich bin noch jung, aber das beste Gamer-Alter liegt zwischen 15 und etwa 30 Jahren. Man kann Geld damit verdienen, aber nur wenn man in einer Profi-Mannschaft ist oder z.B. für Fußballvereine im E-Sport-Bereich aktiv ist. Dafür muss man aber ins Ausland.“ Es sei auch nützlich, eine berufliche Alternative zu haben, wenn es mit der Profi-Karriere nicht klappt oder für danach.


Earnings

Ein allgemein anerkanntes Ranking der besten Spieler existiert nicht. Es gibt aber verschiedene Listen mit den erfolgreichsten Spielern Europas und der Welt, wie bei www.esportsearnings.com. Hier führt Kuroky (Kuro Takhasomi) aus Deutschland die Liste an, mit 4.128.926,95 US-Dollar, gefolgt von NOtail (Johan Sundstein – Dänemark) mit 3.735.055,59 US-Dollar, Miracle- (Amer Al-Barkawi – Jordanien) mit 3.701.337,28 US-Dollar, MinD_ContRoL (Ivan Ivanov – Bulgarien) mit 3.484.411,76 US-Dollar und Matumbaman (Lasse Urpalainen – Finnland) mit 3.468.116,04 US-Dollar.

Sämtliche Zocker haben laut Ranking ihr Geld mit dem Spiel Dota 2 verdient.
Diese Beträge sind weit von denen der Luxemburger entfernt. Ja, in diesem Ranking ist auch das Großherzogtum vertreten. Das Land belegt den 100. Platz. Sieben Spieler werden in der Liste der besten Gamer aufgeführt. Hier die Rangliste:
– Damonte (Tanner Damonte), League of Legends, 6.927,37 US-Dollar;
– Jinsh (Xiao Zhou Gilles Chen), League of Legends, 1.322,49 US-Dollar;
– Senu, Yu-Gi-Oh! Duel Links, 214 US-Dollar;
– JackO (Jacques Fuchs), StarCraft II, 173,51 US-Dollar;
– Simply (Daniel Dias), Counter-Strike: Global Offensive,59 US-Dollar;
– otek (Alexander Konior), Project M, 48,17 US-Dollar;
– Baker, Super Smash Bros. Melee, 9,14 US-Dollar.
Bei anderen Rankings sind die Preisgelder jedoch weit höher. Insgesamt kann man aber sagen, dass die besten Zocker aus den USA, China und Südkorea kommen.