Der Wahnsinn geht weiter: So lief das Spiel in Cluj

Der Wahnsinn geht weiter: So lief das Spiel in Cluj
Die Entscheidung besorgte David Turpel (M.) in der 78. Minute. Sinani schickte seinen Teamkollegen in die Gasse, der mit einem Flachschuss das 3:0 erzielte.

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Der F91 Düdelingen hat das vor Wochen noch Unmögliche wahr gemacht und sich für die Gruppenphase der Europa League qualifiziert. Durch einen fantastischen 3:2-Sieg gestern (Hinspiel: 2:0) in den Play-offs gegen CFR Cluj schrieb die Mannschaft von Trainer Dino Toppmöller nationale Fußballgeschichte. Danel Sinani mit zwei Treffern und Clément Couturier mit zwei Ballgewinnen entschieden die Partie kurz nach dem Seitenwechsel.

Der F91 hatte nicht irgendeinen Gegner ausgeschaltet. Nach KF Drita (Kosovo) und Legia Warschau (Polen) schmissen die Düdelinger gestern Abend einen mehrfachen Champions- und Europa-League-Gruppenphasen-Teilnehmer aus dem Wettbewerb.

Dino Toppmöller musste beim größten Spiel seines Trainerlebens notgedrungen zwei Veränderungen in der Startelf vornehmen. Der verletzte Stammtorhüter Jonathan Joubert wurde durch Joé Frising ersetzt und für den gesperrten Mittelfeldregisseur Marc-André Kruska stand Danel Sinani als hängende Spitze auf dem Platz. In der 4-4-2-Aufstellung musste Stürmer Patrick Stumpf seinen Platz an Bryan Mélisse abgeben. Beim Gegner aus Cluj gab es nach der Hinspielniederlage gegen Düdelingen gleich fünf Veränderungen in der ersten Elf.

Als beide Teams das Spielfeld des Dr.-Constantin-Radulescu-Stadions betraten, waren die Gemüter der rund 12.000 Zuschauer aufgeheizt. Techno- und Rockbeats sowie das Vereinslied wurden aus den Boxen gepumpt. Spieler und Anhänger des Vereins waren fest gewillt, die Partie noch zu drehen. Direkt nach Anpfiff legten die Rumänen ein hohes Tempo vor. Der F91 wurde in den ersten Minuten stark unter Druck gesetzt und legte eine hohe Nervosität an den Tag. Bereits nach zwei Minuten köpfte Prempeh einen Ball von der Torlinie, der von seinem Mitspieler Da Cruz gekommen war.

Torwart hat mächtig Dusel

Doch dem luxemburgischen Meister gelang es, die Partie zu beruhigen. Zwei gefährliche Weitschüsse von Sinani (6.) und Mélisse (12.) sorgten für Entlastung. Aber es blieb ein Spiel auf Messers Schneide und etwas anderes hätte man auch nicht erwarten können. CFR-Starstürmer Tucudean hatte in der 17. und 33. Minute gleich zweimal die Möglichkeit, per Kopf zu treffen. Vor allem beim zweiten Versuch war Frising auf der Hut. Bei seinem ersten Europapokaleinsatz von Beginn an hatte der F91-Torwart in der 35. Glück: Bei einer Flanke rutschte er aus und konnte den Ball nicht fangen, Vinicius’ Schuss aus dem Hinterhalt flatterte knapp über seinen Kasten.

Vor dem Seitenwechsel legte der Eisenbahnerverein noch einmal zu und drückte die Düdelinger weit in ihre eigene Hälfte. Malget, Schnell & Co. hielt diesem Druck jedoch stand, ließen nur zwei Fernschüsse zu und retteten das 0:0 in die Pause.

Sinanis Geniestreich

Nach dem Dreh brachte Clujs portugiesischer Trainer Toni Conceição den bulligen Angreifer Robert També für Sebastian Mailat ins Spiel. Toppmöller nahm zunächst keine Veränderungen vor – und das zahlte sich aus.

In der 51. Minute eroberte Couturier einen Ball im Mittelfeld und hielt ihn, bis Sinani auf Augenhöhe war. Der luxemburgische Nationalspieler hielt aus 20 Metern drauf und versenkte das Leder mithilfe des Pfostens im Tor. Alle Dämme brachen, die Düdelinger stürmten in Richtung Trainerbank und bildeten dort eine Jubeltraube.

Der Gegner hatte sich noch nicht vom Schock erholt, als der unermüdliche Couturier einen weiteren Ball im Mittelfeld eroberte und wieder Sinani bediente, der mit einem Flachschuss das nach den ersten 45 Minuten nie für möglich gehaltene 2:0 erzielte.

Was danach passierte, war fast unglaublich: Die Zuschauer applaudierten den Düdelingern, feuerten sie sogar noch an und verließen teilweise das Stadion. Auf den Rängen kam es zu einigen Wortgefechten zwischen CFR-Fans. Die Wut über die Leistung der eigenen Mannschaft war groß und die Häme folgte auf dem Fuß. Doch es war noch nicht vorbei. Cluj brauchte zu diesem Zeitpunkt fünf Tore, um eine Runde weiterzukommen. Frising musste mehrfach eingreifen und hatte Glück, als ein Kopfballversuch von Omrani an der Latte abprallte.

3:0 – Zeit für ein Tänzchen

Die endgültige Entscheidung besorgte Turpel in der 78. Minute. Sinani, der Mann des Spiels, schickte seinen Teamkollegen in die Gasse, der mit einem Flachschuss das 3:0 erzielte. Nun nahmen sich die Düdelinger sogar Zeit für ein kleines Tänzchen, denn sie wussten: Sie hatten Historisches geschafft und vertreten Luxemburg zum ersten Mal in der Gruppenphase der Europa League. Die Freude konnten auch die Ehrentreffer von També und Omrani kurz vor Schluss nicht mehr trüben.

Direkt nach den 90 Minuten ging es in Richtung Flughafen, wo die Mannschaft per Charterflug und in Feierlaune in Richtung Luxemburg flog. Heute um 13.00 Uhr werden alle gespannt vor ihrem Computer oder ihrem Fernsehgerät sitzen, wenn die Auslosung in Monaco über die kommenden Gegner in der Europa-League-Gruppenphase bestimmen wird.


AM RANDE

Unterstützung aus Luxemburg

Rund 15 Luxemburger hatten in den Tribünen des Dr.-Constantin-Radulescu-Stadions Platz genommen, um den F91 Düdelingen zu unterstützten. Mäzen Flavio Becca war, wie auch in den vergangenen Europapokalrunden, mit seiner Entourage erst wenige Stunden vor dem Spiel angereist. Eine Auswärtsreise wurde vom Verein für seine Anhänger nicht angeboten. Vielleicht wäre ein solches Angebot für die Zukunft eine Überlegung wert.

Die Rückkehr des Henri Roemer

Die Reise nach Rumänien hatten auch der ehemalige FLF-Präsident Henri Roemer und seine Gattin unternommen. Für den 66-Jährigen ist der rumänische Vereinsfußball kein unbekanntes Pflaster. 1972 trat er mit Aris Bonneweg im Pokal der Landesmeister gegen Arges Pitesti an. Die Partie in Brasov ging mit 0:4 verloren. In Luxemburg gab es vor 350 Zuschauern im Stade Josy Barthel eine 0:2-Niederlage.

Torwart eilig eingeflogen

Am Montag teilte die UEFA dem F91 mit, dass eine Verpflichtung eines neuen Torwarts wegen der FLF-Statuten (Transferschluss: 31.7.) nicht möglich wäre. Am Mittwoch gab der europäische Fußballverband den Düdelingern dann doch grünes Licht für einen Wechsel. Noch am selben Tag wurde Landry Bonnefoi unter Vertrag genommen. Sieben Stunden vor dem Anpfiff des Europa-League-Rückspiels tauchte der Name des 34-jährigen Franzosen auf der UEFA-Liste der Düdelinger auf. Ein paar Stunden später landete Bonnefoi in Cluj. F91-Trainer Dino Toppmöller entschied sich jedoch, zunächst auf seine Dienste zu verzichten und setzte Nachwuchstorhüter Enzo Esposito auf die Bank. Der erfahrene Schlussmann, der zuletzt bei Racing Straßburg aktiv war und danach vertragslos wurde, wird den langzeitverletzten Jonathan Joubert (Schienbeinbruch) ersetzen.

Rodrigues ausgeschieden

Gerson Rodrigues schied gestern Abend mit dem moldawischen Meister Sheriff Tiraspol aus der Europa League aus. Trotz des 1:0-Vorsprungs aus dem Hinspiel reichte es gegen Qarabag (AZE) nicht: Auswärts kassierte Sheriff eine 0:3-Pleite. Rodrigues kam in der 68. (als bereits alle Tore gefallen waren) und kassierte in der Nachspielzeit eine Gelbe Karte.

Roberto
31. August 2018 - 9.39

All respekt