Der Tag der gelben Westen – Franzosen wehren sich gegen hohe Steuerbelastungen

Der Tag der gelben Westen – Franzosen wehren sich gegen hohe Steuerbelastungen

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Staatspräsident Emmanuel Macron hätte sich die laufende Diskussion um die sinkende Kaufkraft der Franzosen gerne erspart. Aber: An Erhöhungen von Steuern und Gebühren kommt derzeit in Frankreich viel zusammen. Und: Der Amateurismus in der staatlichen Kommunikation öffnet Protesten Tür und Tor.

Der 17. November droht in Frankreich ein Tag der nationalen Mobilität zu werden, wie ihn keine Gewerkschaft oder politische Partei seit der Wahl von Emmanuel Macron zum Staatspräsidenten zustande gebracht hat. Äußerer Anlass ist der Benzinpreis. Aber dahinter steckt sehr viel mehr.

Der Benzinpreis ist ein politischer Preis in Frankreich. Fast 70 Prozent davon bestehen aus der Mineralölsteuer, hinzu kommen 20 Prozent Mehrwertsteuer auf die Mineralölsteuer. Nur 20 Prozent gehen wirklich auf den Erdölpreis und den schwankenden Euro- und Dollar-Kurs zurück.

Die Versuchung, über die „versteckte“ Mineralölsteuer die Staatseinnahmen zu erhöhen, besteht seit über 30 Jahren in Frankreich. Auch Macron hat ihr nicht widerstanden. Die Steuer wurde erhöht, als der Benzinpreis wegen eines schwachen Dollarkurses erträglich niedrig war.

Franzosen wehren sich gegen Benzinpreis

Derzeit wehren sich die Franzosen gegen den politischen Benzinpreis. Über Jahre wurde der Diesel niedrig besteuert. Jetzt greift die Regierung im Rahmen ihrer Umweltpolitik zur Steuer, um Dieselkraftstoff und -Autos im Rahmen ihrer Umweltschutzpolitik zu bekämpfen. Die Mineralölsteuer ist im Rahmen dieser Politik zu einer globalen Umweltsteuer deklariert worden, die dem Umweltschutz und dem energetischen Umbau der französischen Wirtschaft gewidmet ist.

Für den französischen Staatshaushalt ist diese Steuer ein einträglicher Einnahmeposten, der kontinuierlich steigt. Im Haushalt 2019 ist sie mit 37 Milliarden Euro veranschlagt. Was die Leute auf die Straße treibt, ist die Tatsache, dass gerade einmal 17 Prozent dieser Steuer dem wirklichen Zweck zugeführt werden. Die Franzosen sind zudem zornig darüber, dass sie mittlerweile für den Liter Diesel je nach Tankstelle zwischen 1,50 bis zu 1,65 Euro zahlen. Im internationalen Vergleich hat Frankreich damit den Spitzenplatz errungen.

Des Weiteren wurde die Mineralölsteuer um über 20 Prozent angehoben. Das Auto als die Milchkuh für den Staatshaushalt, so wird die Politik empfunden. Dieselöl wird so teuer wie Benzin, Benzin wird durch die Steuerpolitik ebenfalls teurer. Dieselfahrer erleben daher einen mehrfachen Anstieg des Preises. Um sieben Cent wurde der Diesel gerade verteuert. Anfang 2019 erfolgt ein weiterer Preisanstieg.

Verkehrsministerin Elisabeth Borne empfiehlt den Franzosen, auf Fahrgemeinschaften zu setzen sowie die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Staatssekretärin Emmanuelle Wargon rechnet den Franzosen vor, dass sich durch den Kauf eines neuen Autos mithilfe der Staatsprämie von 2.000 Euro und der Prämien der Automobilhersteller der Erwerb innerhalb weniger Jahre rechnet. Und weitere Mitglieder der Regierung rechnen der Bevölkerung vor , dass es sich ja nur um Erhöhungen von maximal 270 Euro pro Jahr handelt.

Politik geht nach hinten los

Aber wenn man ein Nettogehalt von 1.200 Euro hat, sind 27 bis 30 Euro im Monat eben viel Geld. Die Inkonsequenz der französischen Politik besteht nun darin, denjenigen die das Minimum Gehalt verdienen, einen Benzinscheck anzubieten. Man erhöht die Steuer, um anschließend die Geringverdiener unter den Autofahrern zu subventionieren. Dieses System der staatlichen Unterstützung und des Lebens von der Subvention hatte Macron eigentlich abschaffen wollen. Er muss nun erklären, dass die Umweltpolitik nicht mit Strafen wie höheren Steuern arbeitet. Genau so wird seine Politik aber empfunden: Umweltpolitik als Bestrafung der Autofahrer, insbesondere der Dieselfahrer. Jeder Besuch an einer Tankstelle straft seine Argumentation in den Augen der Autofahrer Lügen.

Statistisch gesehen leben 78 Prozent der französischen Bevölkerung in Städten. Die restlichen 22 Prozent auf dem Land. Einen gut ausgebauten öffentlichen Personen-Nahverkehr gibt es nur in den großen Städten. Zwischen den Städten ist der Nahverkehr in Frankreich nicht ausgebaut. Die ländlichen Gegenden selbst mit ihren Mittel- und Unterzentren sind selten miteinander verbunden.

Wer im Département Manche in der Normandie zur Präfektur fahren will, braucht vom Mont-St-Michel dazu einen Tag und muss seine Zug- und Busfahrten genau kalkulieren. Der Transport in Frankreich ist mit Ausnahme der Superzentren Paris, Lyon, Marseille schlecht organisiert bis nicht existent. Die Franzosen brauchen ihr Auto, sonst sind sie bewegungsunfähig. Die Politik aber wird in den Augen der Franzosen in der Provinz aus Paris für Paris gemacht.

Macron zäumt das Pferd von hinten auf

Warum aber ist der hohe Benzinpreis nun der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt? Staatspräsident Macron hat in seiner Reformpolitik das Pferd von hinten aufgezäumt. Er hat mit den Belastungen begonnen, um Geld in die Kassen zu bekommen, um danach die Entlastungen zu verwirklichen. Anfang des Jahres wurde die Sozialsteuer CSG für Rentner um 1,7 Prozent erhöht. Die Rentenerhöhung lag dagegen bei 0,3 Prozent.

Macron erklärte den Rentnern, dass sie einen Solidarbeitrag zu leisten hätten, und brachte sie gegen sich auf. Wo immer er auftaucht, muss er sich gegenüber Rentnern rechtfertigen. Dabei blieb es nicht. Die im Gaspreis enthaltende Transitionssteuer für den Umbau der französischen Energiewirtschaft stieg von einst 22 Euro auf über 150 Euro an. Ein Haushalt in Frankreich, der mit Gas arbeitet, gibt dafür im Durchschnitt jährlich um die 1.500 Euro aus. Aber auch diese Rechnung geht für die Haushalte nicht mehr auf. Am 1. November stieg der Gaspreis um 6,1 Prozent an. Noch ist das nicht auf das monatliche Budget durchgeschlagen, sonst würden auch hier Proteste laut.

Hinzu kommt, dass im Oktober die Inflationsrate in Frankreich auf 2,2 Prozent kletterte. Die Inflationsrate aber wird ohne die Lebensmittelpreise und ohne Energiekosten gerechnet. Genau dort, wo es die Franzosen in ihrem Geldbeutel trifft. Im kommenden Jahr aber muss mit höheren Lebensmittelpreisen gerechnet werden.

Keine Sonderaktionen im Einzelhandel mehr

Ein neues Gesetz unterbindet Sonderaktionen im Einzelhandel, wenn sie zu Verkäufen mit Verlust auch bei einem einzelnen Produkt führen. Frankreichs Regierung will so den Landwirten zu höheren Einnahmen verhelfen. Die aber wissen, dass sie nicht davon profitieren werden. Der Verbraucher kauft stetig weniger Fleisch. Und: Die Versicherungen haben bereits angekündigt, dass auch sie mit höheren Prämien in den Geldbeutel der Franzosen greifen werden. Außerdem soll der Verkauf mit Verlust genau geprüft werden. Damit sollen die Landwirte für ihre Produkte besser bezahlt werden.

Selbst da, wo Emmanuel Macron Erleichterungen plant, geht die Politik nach hinten los, weil Macron von Mitarbeitern umgeben ist, die nicht kommunizieren können, die Entwicklungen nicht vorhersehen und die nicht in der Lage sind, die präsidiale Politik zu erklären. Macron gerät daher immer häufiger in Erklärungsnot und in eine Verteidigungshaltung. Das führt auch dazu, dass die Begeisterung, die ihn vor 18 Monaten noch umgab, nun mehr und mehr in Enttäuschung umschlägt. So gehen selbst die Vorhaben unter, die an sich positiv sind.

Endlose Diskussionen um Abschaffung der Wohnsteuer

Im Wahlkampf hatte Macron die Befreiung von der lokalen Wohnsteuer angekündigt Gelten soll diese Aktion zunächst nur für etwa 80 Prozent der Steuerzahler. Bis zum Ende seines Mandates sollte sie ganz abgeschafft werden. Gestreckt wird die Abschaffung nun auf drei Jahre und betrifft nur die unteren Einkommensschichten. Der zunächst positive Effekt ist durch eine endlose Diskussion darüber, wie die Gemeinden den Einnahmeausfall ersetzt bekommen sollen, beschädigt worden. Die Streckung auf drei Jahre ist in einem Land, in dem man alles sofort und total erwartet, eine Enttäuschung.

Ein wesentlicher Teil der Gemeinden hat sich nicht auf Paris verlassen und entsprechend reagiert. Jede fünfte hat die Wohnsteuer angehoben, um den Einnahme-Ausfall zu ersetzen. Betroffen und verärgert wurde einmal der Mittelstand, der unverändert und nachhaltig von den Präsidenten Hollande und nun Macron benachteiligt und erneut zur Kasse gebeten wird. Die Entlastung der kleinen Einkommen geht unter im Protest gegen die Benzinsteuer, im Protest der Rentner und in der Unzufriedenheit des Mittelstandes.

Protest gegen Macrons Autopolitik

Die Bretonin Jacline Mouraud hat in einem Video in den sozialen Medien den französischen Staatspräsidenten aufgefordert, endlich mit dem Einschlagen auf den Autofahrer aufzuhören. Innerhalb von drei Wochen hat sie sechs Millionen Zustimmungen bekommen. Wirtschaftsminister Bruno le Maire bleibt hingegen bei der Planung, in sechs Wochen die Mineralölsteuer erneut zu erhöhen und den Benzin- und Dieselpreis weiter in die Höhe zu treiben.

Auch Staatspräsident Macron zeigt sich unbeeindruckt. „Ich ziehe es vor, Benzin zu besteuern als die Arbeit“, meinte er bei einem Besuch in Frankreichs Osten. Das erinnert an den deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Der fragte sich einst, ob er fünf Prozent Arbeitslose oder fünf Prozent Inflation haben wolle. Am Ende hatte er beides.

n der Parad
12. November 2018 - 9.23

Mr.Jacques,eine Flugstunde Rafale schlägt mit mehr als 10000 Euros zu Buche,aber,wer hat's der hat's,oder auch nicht so wie die Franzosen!Sie wollen die erste Geige spielen und pfeifen auf dem letztzn Loch!

Jacques Zeyen
11. November 2018 - 10.07

An der Zapfsäule steht ein Betrag von 13€. Das war der kleine Peugeot der soeben weggefahren ist. Volltanken ist für viele ein Traum geworden in Frankreich. Was an Geld noch verfügbar ist kommt in den Tank,das muss bis zum Monatsende reichen. Der Fahrer des Wagens wird,wie viele ,oben in einem entfernten Dorf in den Bergen leben,wo er Milch und Käse produziert. Er braucht seinen Wagen und auch seinen uralten Traktor sonst ist er von der Welt abgeschnitten und er ist arbeitslos. Er muss seine Kinder in eine entfernte Stadt zur Schule fahren,denn die Dorfschulen existieren nicht mehr. Zur gleichen Zeit wo ich den Betrag an der Zapfsäule ablese fliegen zwei Kampfjets der Force de Frappe über unsere Köpfe.Tiefflug durch die Bergtäler. Kreise am Himmel ziehen bis die Tanks leer sind und zurück nach Orange zur Basis. Kosten pro Flugsekunde- 1000€. (diese Summe ist aus der Luft gegriffen,könnte aber auch noch höher liegen). Das französische Volk muss die Prioritäten setzen und das wird es auch bald tun. Sie kennen sich aus mit Revolutionen.

anne
9. November 2018 - 20.38

Nujee sie hun de Macron jo gewielt an elo mussen se en erdroen.Sie wiren frouh wann se en erem lass wieren