Der Luxemburger Marc Schmitz verlegt mehrere Bücher des Nobelpreisträgers Denis Mukwege

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Es kommt nicht oft vor, dass ein Luxemburger ein Buch eines Nobelpreisträgers verlegt. Marc Schmitz tut es. Der gebürtige Diekircher kennt den kongolesischen Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege auch persönlich. Hier seine Geschichte.

Marc Schmitz stammt aus Diekirch, lebt aber seit langer Zeit schon in Brüssel. Die Liebe und der Beruf ließen ihn auswandern. Seiner Luxemburger Heimat fühlt er sich nach wie vor verbunden, besucht regelmäßig seine Familie, ist aber auch von Berufswegen her häufig im Großherzogtum unterwegs. So wird er am 17. und 18. November mit einem Stand auf der Buchmesse „Walfer Bicherdeeg“ präsent sein. Auch ist er regelmäßiger Gast des „Festival des migrations“. Denn Marc Schmitz ist Verleger. Er arbeitet für Grip („Groupe de recherche et d’information sur la paix et la sécurité“), eine eher auf Forschungsarbeiten spezialisierte Einrichtung. Grip hat aber auch mehrere Bücher über den diesjährigen Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege veröffentlicht. Schmitz war zudem an der Redaktion der Autobiografie des Arztes beteiligt. Aber wer ist dieser Mann, der Mukwege schon mehrmals getroffen hat?

Marc Schmitz erblickte im Oktober 1955 in Luxemburg-Stadt das Licht der Welt. Er hat zwei ältere Brüder. Sein Vater war Offizier in der Luxemburger Armee und beteiligte sich an der Besetzung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, sodass er neben Diekirch auch einige Zeit in Bitburg lebte. „Ich hatte eine schöne Kindheit“, erinnert sich der Verleger. 1974 schloss er sein Abschlussexamen im „Lycée classique de Diekirch“ ab. „Ich hatte damals nicht viel mit der Politik am Hut“, so Schmitz. Ebenso wenig wie mit dem Verlagswesen oder den Sprachen. Seine „Première“ absolvierte er nämlich auf der B-Sektion (Mathematik). Als er im Abschlussjahr eine der drei Sprachen weglassen konnte, wählte er Französisch. „Damals wusste ich nicht, dass ich Jahre später im französischsprachigen Verlagswesen unterwegs sein würde“, erzählt Schmitz mit einem Lachen.

Politische Lage in Afrika

Auf die Jahre im Lyzeum folgten Universitätsstudien. Und auch da ließ nichts auf eine Zukunft als „Editeur“ schließen, denn der Luxemburger schrieb sich an der Universität von Lüttich in der Ingenieursfakultät ein. Dort blieb er aber nur einige Monate. „Ich merkte schnell, dass dies nichts für mich war.“ Er wechselte die Bildungseinrichtung und begann, in Louvain und anschließend in Louvain-la-Neuve Sportwissenschaften zu studieren. Zu dieser Zeit wuchs auch sein politisches Interesse. Besonders die Lage in den mittel- und südamerikanischen Ländern weckte seine Neugier. Die letzten Jahre seines Studiums lebte Schmitz in einer Wohngemeinschaft. Dort kam er in Kontakt mit einer „alternativen Buchhandlung“, wie er es nennt. „Es waren meine ersten Schritte in die Welt der Bücher – und in ein neues Leben. Meine Frau, die ich während meiner Studien kennen- und lieben lernte, ist daran aber auch nicht unbeteiligt.“ Geprägt hat ihn auch die Begegnung mit dem ehemaligen luxemburgischen Diplomaten und Ex-Chef der Abteilung Kooperation- und Entwicklung im Außenministerium Jean Feyder.

Nach der Uni suchte Schmitz eine Arbeit. „Aber nicht als Sportlehrer, das war nichts für mich.“ Er fand sie 1983 beim 1979 gegründeten Grip. Die Einrichtung beschäftigt etwa 20 Personen, vorrangig Forscher, die Sicherheits-, Verteidigungs- und Rüstungsfragen behandeln. „Ich fing im Juli an und war für die Verteilung der Bücher verantwortlich. Also keine große Verlagsaktivität. Durch den Kontakt mit Andrée Gérard, einer erfahrenen Kollegin, konnte ich mich aber beruflich weiterentwickeln.“ 1992 dann verlegte er sein erstes Buch. Es trug den Titel „Les conflits verts“ und handelte von der Umweltproblematik in Kriegszeiten. „Während etlicher Jahre arbeitete Grip mit dem Verlagshaus ‚Complexe‘ zusammen. Gemeinsam veröffentlichten wir etwa 35 Bücher, viele davon auch außerhalb von Belgien“, erörtert der Luxemburger.

„Plaidoyer pour la vie“

Bei Grip wandte sich Schmitz aber nicht nur mehr Mittel- und Südamerika zu, sondern fing an, sich für die Situation in Afrika zu interessieren. „1989/90 schlug man mir vor, im Rahmen des 30. Jahrestags der Unabhängigkeit des Landes ein Buch über die Demokratische Republik Kongo zu verlegen. Ich sagte zu. Das war der Anfang einer neuen Ära bei Grip“, resümiert Schmitz. 2009 endete die Zusammenarbeit mit „Complexe“. Grip suchte nach einem neuen Partner – und fand ihn in André Versaille, dem Ex-Verleger von „Complexe“. „La paix contre la justice“ war das erste Buch, das gemeinsam veröffentlicht wurde. „Wir änderten unsere Strategie und kümmerten uns um alles: den Text, die innere Gestaltung, das Layout, die Vermarktung …“, erklärt Schmitz.

Ziel der neuen Partnerschaft war es, ein breiteres Publikum anzusprechen. Zu diesem Zweck wurde im Laufe der Jahre unter anderem ein enger Kontakt mit über 40 Buchhandlungen in ganz Belgien geknüpft. Da sich Marc Schmitz auch selbst um die Vermarktung der Bücher kümmert, ist er immer viel unterwegs, vor allem im französischsprachigen Raum. Man sieht ihn regelmäßig auf Konferenzen, Meetings, Buchmessen, Filmvorführungen zu einem im Buch behandelten Thema. „Glücklicherweise zeigt meine Familie viel Verständnis für meine Abwesenheit“, sagt er. Er ist dann auch mit ganzem Herzen bei der Sache: „Einmal verkaufte ich Bücher beim ‚Cinéma Vendôme‘ auf den Champs-Elysées in Paris. Dort feierte ein Film über Denis Mukwege Premiere. Das war in der Nähe des Fanshops des Fußballklubs PSG. Mein Stand hatte so viel Erfolg, dass ich den Zug zurück nach Hause verpasste“, scherzt Schmitz.

„L’homme qui répare les femmes“

Diese neue Ausrichtung und das Engagement trugen dann auch schnell erste Früchte. So öffnete sie unter anderem den Weg für eine Zusammenarbeit mit bekannten Autoren, darunter Colette Braeckman, die 2012 ein Buch über den späteren Friedensnobelpreis-Gewinner geschrieben hatte („L’homme qui répare les femmes“ – der Titel fand inzwischen seinen Weg in die Alltagssprache). Sie war auf der Suche nach einem neuen Verleger und fand ihn im Grip. Marc Schmitz schrieb die Einleitung des Buchs und zeichnete zudem für die Aufmachung und die Verlagsarbeit verantwortlich. Weit über 8.000 Exemplare des Werks gingen laut Schmitz seitdem über die Ladentheke. Es war aber nicht das einzige Werk von und über Mukwege, bei dem der Luxemburger an der Veröffentlichung mitarbeitete. Bei „Le viol, une arme de terreur“ (2015), von dem Mukwege die Einleitung verfasste, übernahm er die verlagstechnische Leitung, arbeitete das Layout aus und überarbeitete den Text des damals schon weltbekannten Arztes. „Rund 1.000 Bücher wurden in den belgischen Schulen an die Lehrer verteilt“, erinnert sich Schmitz.

Stolz ist er auch über seine Rolle in der 2016 im französischen Archipel-Verlag erschienenen Autobiografie des späteren Nobelpreisträgers mit dem Titel „Plaidoyer pour la vie“. Das Buch wurde zuerst auf Schwedisch veröffentlicht. Anschließend war es von nicht-französischsprachigen Schweden in die Sprache Voltaires übersetzt worden.

„Es wurde Zeit, dass er den Nobelpreis bekommt“

„Da war teilweise etwas ganz Komisches dabei herausgekommen“, so Schmitz. Er überarbeitete das Werk in seiner Freizeit, da Grip ihm kein grünes Licht gegeben hatte, um es im Rahmen seiner alltäglichen Verlagsarbeit zu tun. „Es war viel Arbeit. Da gingen ganze Abende, einige Urlaube und viele Wochenenden drauf. Ich tat es aber gerne“, so der Luxemburger. Im Buch wird er seitdem als „collaborateur éditorial“ aufgezählt. Die Verleihung des Nobelpreises an Mukwege überraschte Schmitz. „Er war schon mehrmals nominiert, wurde aber nie ausgezeichnet. Es wurde Zeit, dass er ihn bekommt“, so der Kommentar des Verlegers. Die Nachricht erfahren hat Marc Schmitz im Auto auf dem Weg zum Gemüsehändler. Seine erste Reaktion: „Hurra! Aber jetzt kommt viel Arbeit auf uns zu.“ Im Namen des Grip sendete er noch am selben Tag eine Pressemitteilung raus, in der er Mukwege für seinen Preis gratulierte.

Marc Schmitz kennt den diesjährigen Friedensnobelpreisträger auch persönlich. „2012 traf ich ihn zum ersten Mal bei einer Konferenz im BELvue-Museum in Brüssel. Die erste Begegnung fand am 22. Oktober, nur drei Tage vor dem Attentat auf den kongolesischen Arzt, statt. Über Mukwege sagt Schmitz, er sei eher reserviert. Große Gefühlsausbrüche gebe es bei ihm nicht. Er sei aber immer freundlich, korrekt und man könne hervorragend mit ihm diskutieren. „Er erkennt mich immer wieder. Wenn wir uns begegnen, begrüßt er mich und wir tauschen einige Worte miteinander aus, so wie zuletzt auf einem Parkplatz in Brüssel.“ Im März 2013 nahm Schmitz an der Seite von Colette Braeckman an einer zehntägigen Reise nach Kinshasa und Bukavu (Kongo) teil. Und wen traf er dort? Richtig. Denis Mukwege.

Es fand aber auch ein Treffen hier in Luxemburg statt. Am 27. Oktober 2016 besuchte der Arzt nämlich das Großherzogtum, gab in der hauptstädtischen Philharmonie auf Initiative des Europaparlaments eine Konferenz und traf Großherzogin Maria Teresa. Und nie weit entfernt: Marc Schmitz. Wo der Arzt ist, ist der Luxemburger meist in der Nähe. Der Grund: Er verkauft dort seine Bücher. „Und ich bekomme jedes Jahr über Emmanuel, den Bruder von Denis Mukwege, einen Neujahrsgruß zugesendet“, betont Marc Schmitz. Wiedersehen wird er Denis Mukwege wahrscheinlich auch demnächst. In Oslo findet nämlich am 10. Dezember ein Galaabend zu Ehren des Friedensnobelpreisträgers statt. „Eigentlich wollte ich mit meiner Frau nach Chile fliegen, aber daraus wird nichts. Jetzt reise ich in den Norden, anstatt in den Süden. Ich freue mich auf die Zeremonie.“

Ach ja, ein Projekt hat Marc Schmitz noch: Er will noch einmal in den Kongo reisen und sich vor Ort, im Krankenhaus von Panzi, wo Denis Mukwege medizinischer Direktor ist, selbst ein Bild über dessen Arbeit machen.