Der letzte Akt des Schuldendramas

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Von unserem Korrespondenten Eric Bonse

Die Eurogruppe will Griechenland aus dem umstrittenen dritten Hilfsprogramm entlassen – doch auch nach der Rückkehr an die Märkte wird es noch Auflagen und Kontrollen geben.

Rund zehn Jahre nach dem Beginn der Eurokrise verabschiedet sich die EU von den umstrittenen Hilfsprogrammen und Spardiktaten. Heute will die Eurogruppe in Luxemburg grünes Licht für den Ausstieg Griechenlands aus dem dritten Bailout geben. Nach Irland, Spanien, Portugal und Zypern hätte damit auch das letzte Euro-Krisenland das Schuldendrama hinter sich gelassen.

Ob Griechenland damit die ersehnte Freiheit wiedererlangt, bleibt jedoch abzuwarten. Vor allem Deutschland beharrt darauf, die griechische Budgetpolitik sowie die Umsetzung der Reformen, Privatisierungen und Kürzungen auch nach dem offiziellen Ende der Bailouts am 20. August streng zu überwachen. Zudem bleibt das Land noch mindestens bis 2060 im verhassten „Schuldenturm“ gefangen.

Athens Kredite laufen noch bis ins Jahr 2060

So lange laufen nämlich die meisten Kredite, die in drei Hilfsprogrammen auf insgesamt fast 300 Milliarden Euro angewachsen sind. Einen Schuldenerlass, wie ihn die griechische Linksregierung und der Internationale Währungsfonds (IWF) auf dem Höhepunkt der Krise 2015 gefordert hatten, wird es nicht geben. Auch hier hat sich die Bundesregierung mit ihrer harten Haltung durchgesetzt.

Stattdessen plant die Eurogruppe diverse Erleichterungen. Im Gespräch sind zum Beispiel längere Laufzeiten für die gewährten Kredite sowie eine Atempause von bis zu 15 Jahren bis zur Rückzahlung. Damit würden 130 Milliarden Euro oder 40 Prozent der Schulden restrukturiert. Außerdem würde die Hauptlast der Rückzahlungen über das Jahr 2030 hinaus verschoben. Bis dahin, so die Idee, wäre Griechenland auf der sicheren Seite.
Athen müsste keine neuen finanziellen Turbulenzen fürchten, sondern könnte sich in aller Ruhe um Wachstum und Wiederaufbau kümmern. So stellt es jedenfalls EU-Währungskommissar Pierre Moscovici dar. „Wir brauchen ein substanzielles und glaubwürdiges Schuldenpaket, das sowohl die Bürger als auch die Unternehmen und die Märkte überzeugt“, sagte der Franzose gestern in Brüssel.

Doch Moscovici und die Kommission haben nicht mehr viel zu melden. Sie waren 2015 von Kanzlerin Angela Merkel und ihrem damaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble an den Rand gedrängt worden. Auch drei Jahre später sind es die Deutschen, die den Ton angeben. Der neue sozialdemokratische Finanzminister Olaf Scholz gibt sich im Ton zwar moderater, in der Sache ist er jedoch genauso hart wie Schäuble.

Umgesetzt wurden nur radikale Kürzungspläne

Statt Griechenland bei den Schulden entgegenzukommen, möchte Scholz lieber Cash auf den Tisch legen. Athen soll bis zu 19,5 Milliarden Euro als „Puffer“ erhalten, um die alten Schulden bedienen zu können. Scholz will damit auch Zeit kaufen – mindestens bis zur nächsten Bundestagswahl soll Ruhe an der Schuldenfront herrschen. Natürlich dürfe der Zuschuss „nur im Notfall“ genutzt werden, sagte ein EU-Diplomat – und zurückzahlen muss Athen das Geld, das es gar nicht angefordert hat, selbstverständlich auch.

Auch den IWF hat Deutschland in die Schranken verwiesen. 2015, bei der Gewährung des dritten Bailouts, hatte die Bundesregierung die Beteiligung des Währungsfonds noch zur Grundbedingung für das nun endende dritte Programm gemacht. Umgesetzt wurden jedoch nur die radikalen Kürzungspläne der IWF-Experten, vor allem bei den Renten droht ein Kahlschlag. Demgegenüber war es Berlin nicht allzu wichtig, dass sich der IWF – wie noch 2015 gefordert – auch finanziell am Hilfsprogramm beteiligt.

Heute ist von einer Finanzspritze aus Washington gar keine Rede mehr. Die Bundesregierung will darauf verzichten, auch wenn sie dem Bundestag versprochen worden war. Der IWF wurde letztlich nur als Einpeitscher für neoliberale Reformen und Sozialabbau gebraucht. Nun hat der Mohr seine Schuldigkeit getan und kann gehen.