Deltour bekommt recht: LuxLeaks-Prozess geht weiter

Deltour bekommt recht: LuxLeaks-Prozess geht weiter

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Die eigentliche Verhandlung Ende November hat knappe 50 Minuten gedauert, das Urteil hingegen war am Donnerstagmorgen nach nur einigen Minuten vorgelesen. Sowohl Antoine Deltour als auch Raphaël Halet waren bei dem Urteil anwesend.  Es war eigentlich eine Überraschung, dass das Urteil von Deltour „kassiert“ wurde.

Kurz nach dem Urteilsspruch verließ Deltour den Sitzungssal und lachte. Sofort telefonierte er mit seinem Pariser Anwalt Me William Bourdon, um ihm die freudige Nachricht mitzuteilen. „Ich bin nicht überrascht. Ich hatte vollstes Vertrauen in die Justiz und ich hatte gute Argumente, um diesen Kampf zu gewinnen. Dies ist ein eindeutiger Beweis, dass das Berufungsgericht das Gesetz falsch angewandt hat. Nun geht es ein weiteres Mal vor das Berufungsgericht mit anderen Richtern“, so Deltour dem Tageblatt gegenüber.

Sein Rechtsanwalt Me Philippe Penning erklärte, dass sie ihr Ziel vor dem Kassationsgerichtshof erreicht haben. „Wie kann man als Whistleblower anerkannt sein und dann als Dieb verurteilt werden?“, das war die Frage, die die Verteidigung aufgeworfen hatte. „Nun muss das Berufungsgericht die Entscheidung der Kassationsrichter respektieren und wir sind zuversichtlich, dass das Urteil nun anders ausfallen wird“, sagt Penning dem Tageblatt.

„Wir wollen nicht aufgeben“

Halet erwartete ein anderes Urteil. Die Richter waren der Meinung, dass das Gesetz bei ihm richtig ausgelegt wurde. „Nach diesem Urteil werden wir eindeutig vor den Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg ziehen. Auch wenn es ein Kampf ist, der einem Marathon nahekommt, wollen wir nicht aufgeben. Enttäuscht bin ich nicht, doch es gibt, wie immer bei Prozessen, Höhen und Tiefen“, so Raphaël Halet gegenüber dem Tageblatt.

Deltour und Halet, beide ehemalige Angestellte von PricewaterhouseCoopers (PwC), waren am 15. März 2017 im sogenannten LuxLeaks-Berufungsprozess  verurteilt worden: Deltour zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung sowie zu einer Geldstrafe von 1.500 Euro und Halet zu einer Geldbuße von 1.000 Euro. Der Journalist Edouard Perrin wurde freigesprochen. Deltour wurde in zweiter Instanz wegen Diebstahls verurteilt.

Fehlender Zeuge 

Das Argument von Me Penning, dem Verteidiger von Deltour, dass es ein Paradox in der Verurteilung geben würde, war eindeutig. Er versteht nicht, wie man als Whistleblower anerkannt und dann aber wegen Diebstahls verurteilt werden kann. Zudem stellt sich die Frage, ob Deltour im eigenen oder im öffentlichen Interesse gehandelt hat. Ohne im Besitz von Daten zu sein, kann man auch nicht zum Whistleblower werden. Deswegen leuchtet es ihm in keinster Weise ein, warum er wegen Diebstahls verurteilt wurde, gab er nach der Verhandlung an. Halet war ebenfalls vor den Kassationsgerichtshof gezogen.

Sein Rechtsanwalt Me Bernard Colin war der Meinung, dass sein Mandant keinen fairen und gerechten Prozess hatte, wie das in der Menschenrechtskonvention vorgesehen ist. Marius Kohl sei laut Halets Verteidiger der wichtigste Zeuge. Dieser hatte sich sowohl in erster als auch in zweiter Instanz krankgemeldet und wurde nicht vor Gericht gehört. Kohl, alias Mr. Ruling, leitete bis zu seiner Rente die Steuerabteilung „Sociétés 6“, über die die Steuer-Rulings abgewickelt wurden. Über seinen Schreibtisch gingen demnach die Anträge der ausländischen Firmen.

In erster Instanz hatte der Zeuge sich krankheitshalber entschuldigen lassen. Das gleiche Szenario spielte sich in zweiter Instanz ab. Halet verwies darauf, dass jeder laut Artikel 6 der Konvention für Menschenrechte das Recht auf einen fairen und gerechten Prozess hat. Dies sei aber im LuxLeaks-Prozess nicht der Fall gewesen.


Die LuxLeaks-Akte

Die zwei ehemaligen PwC-Angestellten Antoine Deltour und Raphaël Halet sollen geheime Daten aus der Firma entwendet und dem Journalisten Edouard Perrin weitergegeben haben. Dabei ging es vor allem um die sogenannten „Tax Rulings“. Bernard Colin, der Anwalt von Halet, hat im LuxLeaks-Berufungsprozess erklärt, „Tax Rulings“ habe es in vielen Ländern gegeben, doch Luxemburg sei das einzige gewesen, in dem sie über keine gesetzliche Grundlage verfügten.


„Tax Rulings“

„Tax Rulings“  sind sogenannte Steuervorbescheide, mit denen der Staat großen multinationalen Firmen niedrige Steuersätze garantiert. Die Praxis war ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, nachdem Antoine Deltour, ein früherer PwC-Mitarbeiter, dort rund 45.000 Seiten Dokumente kopiert hatte, die dann später von dem französischen Journalisten Edouard Perrin und einem internationalen Journalisten-Konsortium veröffentlicht wurden. Im Zuge der LuxLeaks-Affäre wurden Deltour und Perrin angeklagt, ebenso wie Raphaël Halet, der früher auch für PwC gearbeitet hat. Halet hatte mehrere Steuererklärungen an Perrin weitergeleitet, nachdem er dessen erste Sendung zu den Deltour-Dokumenten gesehen hatte. Deltour und Halet betonen beide, dass sie im allgemeinen Interesse gehandelt hätten, und berufen sich auf den Schutz, der sogenannten „Whistleblowern“ durch Artikel 10 der Europäischen Konvention für Menschenrechte zusteht.


Kassation

Der Kassationsgerichtshof ist keine dritte Instanz. Falls ein Urteil in Berufung gesprochen worden ist, ist ein sogenannter „Pourvoi en cassation“ möglich. Vor dem Kassationsgerichtshof wird dann verhandelt, ob eventuelle Fehler auf juristischer Ebene geschehen sind. Die Fakten werden nicht mehr debattiert.

 

BillieTH
12. Januar 2018 - 9.04

et quand est-ce que Luxembourg obtient justice, qd est-ce que la population aura de nouveau la certitude que notre justice et le cour de Strasbourg ne sont pas just là pour protéger des voleurs ? peut-on avoir encore confiance ds cette justice ?

Serenissima en Escher Jong
11. Januar 2018 - 16.21

Genau das ist die Gretchenfrage vert solitaire, zuerst klaut man Daten und um sich abzusichern erklärt man im Nachhinein ein Whistleblower zu sein um straffrei raus zu kommen....indem man die Daten an einen willigen Journalisten weitergibt der berufsmässig "Luxembourg bashing" betreibt...meine Einschätzung der Angelegenheit.

Vert solitaire
11. Januar 2018 - 13.59

“Wie kann man als Whistleblower anerkannt sein und dann als Dieb verurteilt werden”? NEIN: “Wie kann man als Dieb anerkannt sein und dann als selbsternannter Whistleblower straffrei davonkommen? That is the Question!

Nomi
11. Januar 2018 - 9.40

Huet d'Justiz hei so'uvill Zeit ze verplemperen fir PingPong ze spillen ???????? An wei' ass et mat den Rulings vun Fr, NL, Be, UK, etc. etc.