Das Problem mit dem Handschlag

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Wie ist das eigentlich, wenn ein Moslem/eine Moslime einem anderen Menschen den Handschlag verweigert? Zwei Fälle in Deutschland und Frankreich erregen Aufmerksamkeit.

Es sah alles gut aus für die junge Algerierin im Jahre 2016. Mit einem Franzosen verheiratet, sollte sie die französische Staatsangehörigkeit erhalten. Dabei gibt es immer eine kleine Zeremonie mit Glückwünschen zur Zuerkennung der französischen Staatsangehörigkeit. Aber hier geschah ein Zwischenfall: Die junge Algerierin verweigerte dem Funktionär der Präfektur den Handschlag. Ihre muslimische Religion verbiete es ihr, andere Männer als den eigenen anzufassen.

Der Vertreter des französischen Staates reagierte unmittelbar. Er händigte die Unterlagen nicht aus. Die Zuerkennung der französischen Staatsangehörigkeit erfolgte nicht. Die junge Frau ging durch alle Instanzen und verlor nun endgültig. Wer einem anderen Menschen die Hand nicht gebe, der verweigere den üblichen Umgang von Menschen miteinander in Frankreich und erkenne französische Grundsätze somit nicht an. Daher sei eine Zuerkennung der französischen Staatsangehörigkeit nicht möglich, urteilte der französische Staatsgerichtshof, oberstes französisches Verwaltungsgericht, im April.

Die Verweigerung eines Handschlags hat weitgehende Auswirkungen. Die junge Frau wird nie Französin werden. Und: Muslime in Frankreich müssen sich daran gewöhnen, dass ihre religiösen Gewohnheiten deutlich von denen des täglichen Umgangs und der französischen Prinzipien zu trennen sind. Französische Gerichte auf allen Ebenen werden diesem Urteil der strengen Trennung von Kirche und Staat folgen.

Ähnlicher Fall in Rheinland-Pfalz

In Deutschland stellen sich ähnliche Probleme dar, die bisher aber noch nicht zu derartigen Folgen geführt haben. Das könnte sich nun ändern. Im rheinland-pfälzischen Montabaur verbeugte sich ein muslimischer Polizist mit der Hand auf dem Herzen, um all denen zu danken, die ihn bei einer kleinen Feier zur Beförderung beglückwünschten. Als ihm eine Kollegin allerdings die Hand reichte, verweigerte er den Handschlag, denn seine Religion verbiete ihm das, sprich: die Berührung einer fremden Frau.

Der Polizeipräsident reagierte ohne zu zögern. Der Beamte wurde in den Innendienst versetzt, ein Disziplinarverfahren eröffnet. Der Grund: Verletzung des Neutralitätsgebotes der Polizei. Der muslimische Beamte erhielt eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro. Er unterzeichnete eine Erklärung, dass er sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und Frauen ohne Ausnahme und Vorbehalte als gleichberechtigt anerkennt. Der Mann werde Frauen als Zeichen der Anerkennung ihrer Gleichberechtigung nicht mehr einen Handschlag verweigern, schreibt die deutsche Tageszeitung Die Welt. In einer Mitteilung heißt es, dass der Beamte bei einem Verstoß gegen seine Dienst- und Treuepflichten mit einer „Entfernung aus dem Dienst“ rechnen müsse.

Das ist nicht der erste Fall dieser Art in Rheinland-Pfalz. Aufsehen hatte in der Vergangenheit die Haltung eines Imams erregt, der sich zu einem Treffen mit der damaligen Oppositionsführerin Julia Klöckner im Mainzer Landtag bereit erklärt hatte. Der Imam wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass er ihr nicht die Hand geben könne, weil seine Religion ihm das verbiete. Klöckner, heute Ministerin für Landwirtschaft und Ernährung im Kabinett Merkel IV, sagte das Treffen ab.

Wie sich die islamische Gemeinschaft in solchen Fällen in Luxemburg verhält, war nicht in Erfahrung zu bringen. Weder die islamischen Kulturvereine in Wiltz und in Mamer noch Staatsminister Xavier Bettel waren für Fragen erreichbar.

Helmut Wyrwich
28. April 2018 - 14.31

Lieber Jeff, Ich danke Ihnen für Ihren Kommentar. Wichtig ist in beiden Fällen die juristische Begründung: In Frankreich wurde aus religösen Gründen eine geschlechterspezifische Ablehnung eines angebotenen Handschlags begründet, die von der Verfassung nicht gedeckt ist. Es ist eben ein Unterschied, ob ich gerade in meine Hand geniest habe, oder einer Mann oder einer Frau die Hand nicht gebe, weil eine Religion das nicht erlaubt. Im deutschen Fall gibt s keine Möglichkeit zur Interpretation. Ein Polizist ist ein Vertreter der staatlichten Ordnungsmacht. Er ist zur Neutalität verpflichtet und darf keinen Handschlag verweigern, wenn er ihm -wie in seinem Fall - angeboten wird. Im dritten Fall wird von vornherein der Handschlag aus religiösen Gründen gegenüber ener Frau abgelehnt. Auch das geht nicht, Weil es das in den westeuropäischen Verfassungen und auch in der europäischen Verfassung festgelegte Gleichheitsgebot verletzt. Im Grundsatz wird in allen drei beschriebenen Fällen dieses Prinzip verletzt wird, wie es in der deutschen und französischen Verfassung steht: Alle Menschen sind vor den Gesetz gleich. Damit wird die grundsätzliche Gleicheit zwischen Mann und Frau beschrieben. Den angebotenen Handschlag also zu verweigern, weil die Religion das zwischen Mann und Frau untersagt, - wie im Artikel beschrieben - ist ein Verstoß gegen die Verfassung. Nicht die Religion steht über der Verfassung. Die Verfassung und damit der Rechtsstaat stehen über der Religion. Die Religion muss sich hier anpassen. Ich danke Ihnen aber für Ihren Kommentar, der, würden wir nicht so weit voneinander entfernt sein, sicher Anlass zu einem interessanten Gespräch sein könnte.

Jeff
27. April 2018 - 11.22

Ich muss gerade an die Seinfeld-Folge denken, in der der Chef von Elaine den firmenrettenden Merger mit einem Verlag aus dem asiatischen Raum nicht abschließen kann, weil er sich kurz vor dem Treffen in die Hand niest und aus Rücksicht den Handschlag verweigert, was beim Gegenüber als Respektlosigkeit hängen bleibt. Ich selber gebe auch nicht die Hand, wenn ich krank bin, und sage das dann auch. Auf meiner Arbeit geben wir uns auch nie die Hand, sondern umarmen uns im Team. Wir betreuen unbegleitete geflüchtete Jugendliche. Ich habe dabei auch Christinnen getroffen, die nicht die Hand geben, zumindest nicht mir als Mann. Ebenfalls zu beobachten ist, dass dieses Symbol kein Zeichen von Abwertung des Gegenübers sein muss. Bei manchen mag dies sein; ich kenne aber auch viele Beispiele, in denen dies als Ausdruck des Respekts gemeint ist. Das mag man immer noch als sexistisch bewerten, weil nach Geschlecht entschieden wird. Aber es ist in etwa so abschätzig gemeint, wie einer Dame die Tür aufzuhalten und den Vortritt zu lassen - was in der hiesigen Kultur lange Zeit als das nec-plus-ultra guter Manieren galt. Mir fehlt in dieser ganzen Diskussion die Differenzierung. Außerdem ärgere ich mich über die zunehmende Oberflächlichkeit, weil was bedeutet noch ein Handschlag oder auch ein Symbol wie das Kreuz, wenn es zu einer hohlen Floskel gemacht wird? In Japan gilt oder galt die Verbeugung als Ausdruck des Respekts. Andernorts fassen Menschen sich ans Herz. Und selbst bei dem Argument, dass 'hier' nun mal der Handschlag Respekt ausdrückt - geben wir uns denn alle ständig die Hand? Wichtig ist doch, dass wir uns respektieren. Wie dieser Respekt zum Ausdruck gebracht wird, sollte zweitrangig sein; vielmehr sollte Respekt, dort wo er zum Ausdruck gebracht wird, auch wertgeschätzt werden. Anders liegt der Fall, wenn aus Ablehnung ein Handschlag verweigert wird. Dafür braucht es aber keinen religiösen Hintergrund, da gibt es auch viele andere. Die Unterscheidung, wann das lediglich als momentaner zwischenmenschlicher Affront gewertet wird, und wann es als negatives Gruppenmerkmal durchs Dorf gezogen wird, ist einigermaßen künstlich.

Jacques Zeyen
26. April 2018 - 17.25

" Der Moslem verwehrt mir den Handschlag,der Jude ist auserwählt und der Bayer hängt im 21.Jahrhundert ein Kruzifix in öffentliche Gebäude." Glaube und absurde Traditionen haben noch nicht eine Glühbirne zum Leuchten gebracht. Auf die Art werden wir es nicht schaffen.

Guy L.
26. April 2018 - 14.28

Religion hat noch nie zur Bereicherung beigetragen

CESHA
26. April 2018 - 13.03

Wenn das das Einzige wäre, was die Muslime verweigern, so könnte ich damit gut leben - asiatische Völker z.B. kennen auch nicht die Tradition des virusübertragenden Handschlags. Die Diskriminierung von Frauen und das unsägliche Kopftuch und andere Vermummungen finde ich wesentlich schlimmer.

:
26. April 2018 - 12.46

Es geht hier nicht um Symbole es geht um das zusammen Leben hier in Europa

robespierre
26. April 2018 - 11.56

Richteg esou.Wann ech eng Traditioun oder Regel an engem Moslemeschen Staat missachten,gin ech gestengecht!Wann dei Leit hai wellen liewen,sollen se sech och upassen.

Claude Oswald
26. April 2018 - 8.57

Hier wird ein unsäglicher Streit um Symbole geführt. Oder reduziert unsere Kultur sich etwa auf den Handschlag?

Franz
25. April 2018 - 19.02

Mir macht es Freude, endlich zu lesen, dass die Justiz unsere europäische Kultur auch mal verteidigt, und nicht nur die, die am lautesten schreien und sich über sogenannte Ungerechtigkeiten beschweren!

René Charles
25. April 2018 - 17.05

Ganz einfach: eines der Gebote der Scharia. Wenn wir das als unsinnig und unangebracht ansehen, wirft man uns Islamophobie vor. Derartiges genügt den radikalen Muslimen um einen Angriff auf ihre Religion zu sehen, die "es zu verteidigen gibt". Wie das ausarten kann steht nachher in den Medien.