Bye-bye, „Ciné Ariston“? Die Stadt Esch hat kein Interesse – Dem Traditionskino droht der Abriss

Bye-bye, „Ciné Ariston“? Die Stadt Esch hat kein Interesse – Dem Traditionskino droht der Abriss

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Bürgermeister Georges Mischo (CSV) habe ihn am vergangenen Freitag darüber informiert, dass die Stadt Esch kein Interesse mehr am Ariston habe, erzählte der Präsident der „Oeuvres paroissiales Sacré-Coeur“, Jacques Claus, am Mittwoch dem Tageblatt. Dabei steht die Neunutzung des Gebäudes im Koalitions- abkommen. Mischo selbst wollte sich auf Nachfrage nicht dazu äußern. Laut Martin Kox will der Schöffenrat erst am Montag eine Entscheidung treffen.

Seit fast drei Jahren hat das Ciné Ariston nun geschlossen. Die letzte Vorstellung fand am 5. Januar 2016 statt. Die urige Kneipe mit Kegelbahn im Untergeschoss hatte den Betrieb bereits kurz zuvor eingestellt. Der einzige Raum, der in dem dreistöckigen Bauhaus-Gebäude noch genutzt wird, ist der große Festsaal. In dieser Woche mietet die Stadt Esch ihn wieder an, um ihre traditionellen Rentnerfeiern dort abzuhalten. Bei volkstümlicher Musik wird an den beliebten Nachmittagen gefeiert und getanzt.

Schon als Mitte November 2015 bekannt geworden war, dass der mittlerweile insolvente Kinobetreiber Caramba sàrl. das Ariston aufgeben würde, hatte die damalige Escher Bürgermeisterin Vera Spautz (LSAP) das Interesse der Stadt bekundet, das Gebäude entweder zu kaufen oder zu mieten. Man könne das Ariston gut gebrauchen, um Veranstaltungen für Studenten oder andere Feiern zu organisieren, hieß es damals. Zusammen mit dem Stadttheater, dem Resistenzmuseum und der „Casa d’Italia“ war das Ariston auch Bestandteil des „Carré culturel“, das die LSAP-„déi gréng“-Mehrheit im Brillviertel geplant hatte.

Rechtsstreit führte zu Verzögerungen

Wegen eines Rechtsstreits zwischen dem Eigentümer „Oeuvres paroissiales Sacré-Coeur“ und Caramba kam es beim Verkauf des Ariston aber zu Verzögerungen.

Im Mai 2016 gründeten zwei luxemburgische Künstler eine Initiative zur Rettung des letzten Escher Traditionskinos. Der Fotograf Paulo Lobo und der Regisseur Adolf El Assal wollten das Ariston in eine Art selbstverwaltetes Programmkino umwandeln. Über 500 Facebook-Nutzer unterstützten das Vorhaben.

Am Rande des Bezirkskongresses der LSAP Süden im Februar 2017 gab Vera Spautz dann bekannt, dass die Stadt Esch das Ariston übernehmen werde. Die Verhandlungen mit dem Eigentümer des Gebäudekomplexes seien auf einem guten Weg. Auch Jacques Claus, Präsident der „Oeuvres paroissiales“, erklärte am Mittwoch, dass man sich damals quasi einig gewesen sei.

Kox: „Entscheidung fällt am Montag“

Doch dann kamen die Gemeindewahlen und eine Koalition aus CSV, „déi gréng“ und DP übernahm in Esch das Ruder. Anfangs sah es weiterhin gut für das Überleben des Gebäudes aus. „Der ehemalige Komplex Ariston soll zu einer multidisziplinären Kultureinrichtung umgestaltet werden“, heißt es im Koalitionsvertrag der schwarz-grün-blauen Mehrheit. Doch mittlerweile scheint der Schöffenrat es sich anders überlegt zu haben.

Nach einem einjährigen Hin und Her habe Bürgermeister Georges Mischo (CSV) ihn am vergangenen Freitag telefonisch darüber informiert, dass die Stadt Esch kein Interesse mehr am Ariston habe, erzählte Jacques Claus. Mischo habe im Schöffenrat keine Mehrheit für den Kauf des Gebäudes gefunden. Der Bürgermeister, der zurzeit im Ausland weilt, wolle sich vor den Antworten zu den Haushaltsdiskussionen im Gemeinderat nicht zu Immobilienkäufen äußern, teilte er auf Nachfrage mit. Bautenschöffe Martin Kox („déi gréng“) erklärte gestern, dass der Schöffenrat erst am kommenden Montag eine Entscheidung über das Ariston treffen werde.

„Showtime“-Betreiber zeigt Interesse

Tageblatt-Informationen zufolge scheiterten die Verhandlungen bislang auch am Verkaufspreis von rund 2,5 Millionen Euro. Außerdem hätten Mitglieder des Schöffenrats argumentiert, dass Esch mit dem Kinepolis in Belval ja bereits ein Kino habe. Priorität habe das neben dem Konservatorium gelegene ehemalige Direktionsgebäude von Arbed-Mines, das ebenfalls zum Verkauf steht.

Claus gesteht, dass aus Sicherheitsgründen einige Renovierungen vorgenommen werden müssten, doch das würde kein Vermögen kosten. Wenn man im Keller die Trennwände entfernen würde, hätte man eine Fläche, die mit der des großen Festsaals im Obergeschoss vergleichbar sei, meinte Claus. Zudem verfügt das Ariston-Gebäude neben dem Café, dem Kino und dem Festsaal noch über zwei 90 Quadratmeter große Wohnungen und mehrere Abstellräume.

Interesse beim Showtime-Betreiber

Der Betreiber des ehemaligen Cabaret-Clubs „Showtime“ in der rue d’Audun, der im Juli dieses Jahres einem Brand zum Opfer gefallen war, renne ihm quasi die Tür ein, berichtete Jacques Claus. Er wolle jedoch nur das Kino für Auftritte anmieten.

Für Jacques Claus stellt diese Lösung keine Option dar. Er ist mittlerweile 80 Jahre alt, seit 20 Jahren kümmert er sich um die Geschäftsführung des Ariston. Er schaffe es nicht mehr alleine, ein Nachfolger lasse sich nicht finden.

Deshalb wollen die „Oeuvres paroissiales Sacré-Coeur“ das Ariston-Gebäude verkaufen. Wenn die Stadt Esch es nicht wolle, kämen nur eine Transformation oder ein Abriss infrage, meint Claus.

Ein Verein habe bereits ein Projekt ausgearbeitet, das vorsehe, das Ariston abzureißen und einen Neubau mit 20 Sozialwohnungen und großer Garage dort zu errichten, sagte Claus. Auch Privatunternehmer hätten bereits Interesse bekundet.

Zeitleiste

1960
Das Ciné Ariston wird
im Rahmen eines Gemeindehauses der
„Oeuvres paroissiales
Sacré-Coeur“ gebaut und
1962 eröffnet.

1978
Ab 1978 werden vor allem
billige Erotikfilme gezeigt.

1986
Das Ciné Ariston wird
geschlossen.

1991
Die „Oeuvres paroissiales“
übertragen den Betrieb des
Kinos an Utopia SA. Der
Saal wird erneuert und eine
neue technische Anlage
installiert.

2006
Caramba übernimmt das Kino. Der Saal und der Empfang werden renoviert.

2016
Das Ciné Ariston wird
erneut geschlossen.

2017
Bürgermeisterin Vera Spautz kündigt im Februar an, dass die Gemeinde das Gebäude kaufen wird.

2018
Bürgermeister Georges Mischo lässt den Besitzer wissen, dass die Stadt Esch kein Interesse mehr am Ariston hat. Die Zukunft des Gebäudes ist ungewiss.