Brexit-Stratege Dominic Cummings: Genie oder „Karrierepsychopath“?

Brexit-Stratege Dominic Cummings: Genie oder „Karrierepsychopath“?

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Ist ein EU-Austritt ohne Abkommen noch abzuwenden? Ein Blick auf Premierminister Boris Johnsons wichtigsten Berater, Dominic Cummings, lässt nichts Gutes hoffen. Er will das politische System auf den Kopf stellen.

Der neue britische Premierminister Boris Johnson will sein Land am 31. Oktober aus der Europäischen Union führen – um jeden Preis. Selbst einen Brexit ohne Abkommen will er in Kauf nehmen, sollte sich die EU nicht auf seine Forderungen einlassen. Nicht nur in Brüssel wird gerätselt, ob Johnson nur blufft oder ob er es ernst meint. Die wirtschaftlichen Konsequenzen wären wohl vor allem für Großbritannien drastisch.

Einen Hinweis könnte die Wahl von Johnsons wichtigstem Berater geben. Dominic Cummings hat inzwischen die Fäden im britischen Regierungssitz Downing Street in der Hand. Der Architekt der Pro-Brexit-Kampagne Vote Leave vor dem Referendum im Jahr 2016 gilt als genialer Wahlkampfstratege ohne Skrupel.

Countdown bis zum Austrittsdatum

Es spricht einiges dafür, dass er hinter der knallharten Festlegung auf einen Austritt am 31. Oktober steht. Als eine der ersten Amtshandlungen ließ Johnson eine Digitalanzeige im Regierungssitz installieren, die den Countdown bis zum Austrittsdatum anzeigt – angeblich auf Drängen Cummings. Der „Guardian“ zitierte jüngst Regierungsinsider, der 47-Jährige habe in der Downing Street eine „Terrorherrschaft“ errichtet. Mitarbeiter seien in ständiger Angst um ihre Arbeitsplätze.

Cummings ist kein typischer EU-Gegner. Er träumt nicht von einer Rückkehr in die glanzvollen Zeiten des Empires wie viele der konservativen Brexit-Hardliner. Er macht keinen Hehl daraus, dass er die meisten Politiker und Regierungsbeamten für völlig unfähig hält. Ex-Brexit-Minister David Davis bezeichnete er einst als „dumm wie Brot und faul wie eine Kröte“.

Für Cummings ist der Brexit ein Vehikel, um das System umzukrempeln. Einen Einblick in seine Gedankenwelt gibt er auf seinem Internet-Blog. Dort sind ausufernde Aufsätze zu finden, bei denen er oft einen weiten Bogen über Themen wie Bildung, Regierungsführung bis hin zu Mathematik und Raumfahrt schlägt.

Radikale Veränderung

Politische Institutionen und Abläufe sind seiner Ansicht nach fehlgeleitet. „Das ist, warum ich und ein paar andere auf das Referendum gesetzt haben – wir wussten, dass die systemische Dysfunktionalität unserer Institutionen und der Einfluss der grotesk Inkompetenten uns die Gelegenheit für extreme Hebelwirkung bot“, schreibt er auf seinem Blog.

Cummings ist ein Verehrer des Reichskanzlers Otto von Bismarcks. Wie sein Vorbild hat er wenig übrig für die Parlamentarische Demokratie. Womit er sie verbessern oder gar ersetzen will, bleibt aber diffus. Für die chinesische Führung äußert er Respekt wegen deren effizienter Entscheidungsfindung. Statt internationaler Organisationen wie der Vereinten Nationen und der Europäischen Union schlägt er eine bemannte Station auf dem Mond vor, um globale Konflikte zu vermeiden.

Neue Formen der Ausbildung, Mitarbeiterrekrutierung und Kommunikation sollen zu optimierten Entscheidungsprozessen in der Regierung führen. Besprechungsräume stellt er sich vor wie Kontrollräume der US-Weltraumbehörde Nasa mit Dutzenden Bildschirmen und interaktiven oder sogar begehbaren Diagrammen.

No-Deal-Brexit um jeden Preis

Sein Drang zu radikaler Veränderung geht soweit, dass er Berichten zufolge auch bereit wäre, einen No-Deal-Brexit gegen den ausdrücklichen Willen des Parlaments durchzusetzen. Sollte die Abgeordneten dem Premierminister etwa vor dem EU-Austritt noch das Vertrauen entziehen, könnte der sich seinem Rücktritt solange verweigern, bis mit Ablauf der Brexit-Frist Tatsachen geschaffen sind, äußerte sich Cummings angeblich in Regierungskreisen. Kolportiert wurde auch, Johnson könnte den Termin für eine Neuwahl auf den Tag nach dem Brexit legen, so dass die Wähler möglichst wenig Zeit hätten, sich über das Ausmaß eines No Deals klar zu werden.

Ob Cummings und sein Chef Johnson damit durchkämen, ist umstritten. Einige Verfassungsexperten weisen darauf hin, dass Königin Elizabeth II. eingreifen müsste, sollte Johnson trotz eines Misstrauensvotums nicht zurücktreten oder der Streit vor Gericht landen. Den Abgeordneten steht zudem noch der Weg offen, eine Verschiebung des EU-Austritts per Gesetz zu erzwingen, bevor es zum No Deal kommt.

Der frühere Premierminister David Cameron bezeichnete Cummings einst als „Karrierepsychopathen“. Doch der 47-Jährige ist kein Dummkopf. Möglicherweise sind seine Provokationen schon Teil einer Wahlkampfstrategie. Eine Wahl ließe sich für die Konservativen wohl nur gewinnen, wenn nicht die Regierung, sondern das Parlament für eine weitere Brexit-Verschiebung verantwortlich gemacht werden könnte. Ob Cummings und Johnson vor einem No Deal Halt machen würden, wenn es darum geht, eine Wahl zu gewinnen, scheint nicht sicher.

Lucinlinburhuc
26. Mai 2020 - 13.19

Frage: Was haben Bannon, Surkov und Cummings gemeinsam? Alles Pferdeflüsterer/Marionettenspieler nach altbewährter Manier von Rasputin :)

Grober J-P.
13. August 2019 - 18.04

Der Mann ist einfach krank, seht mal wie der sich in 3 Jahren verändert hat. Hat vielleicht zu sehr am BSE Fleisch genascht auf seiner mit EU Geldern finanzierten Farm. Vielleicht ist es auch das "Gelbfieber" :-) Gott Leute was werden die Britenn, nicht nur die Briten, verarscht.

Steuerzahler
13. August 2019 - 16.32

Dem teint seiner Haut nach scheint der junge Mann gerne Ferien zu machen, wahrscheinlich auf den Cayman Islands, dort soll es ja so schön sein ...

Grober J-P.
13. August 2019 - 13.27

Frage: Was haben Bannon, Surkov und Cummings gemeinsam?

Grober J-P.
13. August 2019 - 11.45

"Odyssean education." Glaube, ich verstehe den Mann so langsam. Er sieht die Welt wie ein grobmaschiges "Netz" wo die hart arbeitenden, gebildeten Genies das Sagen haben, er ist ja selbst ein Genie und die meisten Politiker verstehen nichts von der Welt und ihren Zusammenhängen. Die Leute welche sich nicht an dem Netz festhalten können, fallen halt runter in die Gülle. Mich würde nicht wundern, wenn er den Sklavenhandel wieder einführt. :-)

Grober J-P.
13. August 2019 - 11.00

Dominic der kleine Mann im Ohr von Boris. Er hat sie alle am Haken. Der Mann hat irre Gedanken, fast nicht zu verstehen. Was hat er eigentlich die paar Jahre in Russland gemacht?