Aus der Not eine Tugend gemacht: Fleur Maxwell hat ihre aktive Karriere beendet

Aus der Not eine Tugend gemacht: Fleur Maxwell hat ihre aktive Karriere beendet

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Nach ihrer Premiere 2006 wäre Fleur Maxwell liebend gerne noch einmal für Luxemburg bei Olympischen Spielen angetreten. Ihr Körper verhindert vor über einem Jahr jedoch die Teilnahme am Qualifikationswettbewerb für Pyeongchang (Südkorea) und eben dieser Körper zwang die 30-Jährige vor einem halben Jahr dazu, ihre Eiskunstlaufbahn zu beenden.

Von Chrëscht Beneké

Bei den Olympischen Spielen 2006 in Turin war die damals 17-Jährige die einzige Olympionikin aus dem Großherzogtum und im Rückblick ist ihre Einschätzung zwiegespalten: Einerseits „war es der schönste Moment meiner Karriere“. An den Einlauf bei der Eröffnungsfeier kann sie sich auch 13 Jahre später noch sehr gut erinnern, an ihre Nervosität, die relativ schwere Fahne und meint: „Es war sehr emotional und ich war so stolz, die Flagge meines Landes in das Stadion zu tragen.“

Doch mit ihrer sportlichen Leistung bei diesem „unvergleichbaren, überwältigenden Erlebnis“ Olympischer Spiele ist die Ehrgeizige einfach nicht zufrieden und, ohne Entschuldigungen für ihren 24. Platz zu suchen, urteilt sie heute: „Mir fehlte es an Reife, dem richtigen Training, Umfeld und Team. Ich war eigentlich nicht vorbereitet für die Spiele 2006. Später versuchte ich wieder und wieder, mich erneut zu qualifizieren.“

Durchhaltevermögen

Als eine ihre großen Stärken kann man jedenfalls diese Verbissenheit für ihren eigenen Traum vom Eiskunstlaufen sehen. Erst spät mit neun Jahren entdeckte sie bei einem Kindergeburtstag auf der Kockelscheuer diese so anspruchsvolle wie ästhetische Sportart für sich. Auch unter dem Eindruck der Olympischen Spiele von Nagano 1988 machte die Zehnjährige beim Remicher Verein ihre erste Lizenz, wobei die luxemburgischen Vereinsstrukturen nicht für ihre olympischen Träume ausgelegt waren. Vieles musste sie selbst entdecken und erarbeiten.

„Es war sehr schwer“, findet sie noch heute. Am Mittwochnachmittag fuhr sie ins rund 140 Kilometer entfernte Charleville-Mézières zum Training, übernachtete dort alleine im Hotel, um freitagmorgens mit dem Zug über Paris nach Champigny-sur-Marne für drei weitere Trainingstage zu fahren, wo es dann sonntagabends mit der Mutter zurück nach Luxemburg ging.

Sport und Schule

Neben dem Training und Reisen musste sie dabei das am Donnerstag und Freitag in der Schule Verpasste nachholen und lernen. Gleich nach den Olympischen Spielen 2006 in Turin legte sie ihre Karriere deshalb auch auf Eis und konzentrierte sich erst mal auf die Schule: „Ich brauchte eine Pause.“

Sie war aber auch selbst von ihrer sportlichen Leistung enttäuscht und schnürte erst nach dem erfolgreichen Abitur 2009 wieder ihre Schlittschuhe mit ernsthaften Ambitionen. Für die 34. der EM in der Saison 2009/10 stand die Olympiaqualifikation im September 2009 einige Monate zu früh an. In der nächsten olympischen Saison 2013/14 waren es dann Verletzungssorgen, die sie aus ihrem gewohnten Niveau um den 20. Platz bei der EM auf den 33. Rang abstürzen ließen und auch die erhoffte Qualifikation für Sotschi scheiterte.

Unverdrossen arbeitete sie jedoch weiter, erreichte als 20. der EM 2015 ihr Punktemaximum im Kurzprogramm (51,36), um mit der besten Kür ihrer Karriere (91,21) im Folgejahr auch ihr bestes Total (137,76) als 18. vorzutanzen. Doch die Zeit nagte weiter an ihr und ihrem zierlichen Körper.

Hüft-Operation

„Bereits mit 25 Jahren merkt man als Eiskunstläufer am eigenen Körper, wie schwierig es mit 30 oder 35 Jahren werden wird“, doch sie ließ sich auch für die nächsten Olympischen Spiele nicht entmutigen. Eine der Qualitäten von Fleur Maxwell ist ihre Flexibilität, doch damit wurde die enorme Belastung gerade von Dreifachsprüngen weniger von der Muskulatur und stärker von der Hüfte aufgenommen.

Nach fast 20 Jahren auf dem Eis musste sie sich am 1. Februar 2017 einer Hüft-OP unterziehen. „Ich wusste, dass ich rund ein halbes Jahr hatte, um nach der OP wieder fit für die Olympiaqualifikation zu werden“, berichtet sie und unterschätzte die Folgen einer solch schweren OP. Anfangs war es ihr nicht möglich, selber Schuhe anzuziehen, aus dem Auto zu steigen oder auf einem Bein zu stehen. Erst im August konnte sie wieder mit dem Sprungtraining anfangen.

„Ich war eigentlich in einer sehr guten Form und hatte mit einem tollen Team in New Jersey alles Mögliche getan, um möglichst früh auf dem Eis zu stehen. Doch für Oberstdorf (der Qualifikationswettbewerb) hatte ich noch nicht alle meine Sprünge und Kombinationen zurück“, erklärt sie ihre schweren Herzens vorgenommene Absage. „Ich verbrachte zehn Jahre meines Lebens damit, es wieder zu den Olympischen Spielen zu schaffen, und verpasste es knapp.“

Doch noch immer war sie nicht bereit, aufzugeben. „Ich hatte Schmerzen, aber gleichzeitig liebte ich es“, erzählt sie von jener Zeit auf dem Eis, „und so machte ich noch ein paar Monate weiter.“ Für eine in naher Zukunft drohende künstliche Hüfte fühlt sie sich mit 30 Jahren dann doch noch zu jung.

Fitnessprogramm ausgearbeitet

„Es war einfach unmöglich, weiterzumachen. Ich musste aufhören“, erklärt sie das erzwungene Ende ihrer Wettkampfambitionen vor sechs Monaten. Doch damit wartete eine neue Herausforderung: „Nach all den Jahren als Leistungssportlerin war es sehr schwer, wieder in ein normales Leben zurückzufinden“, erklärt sie.

Mit ihrer langen Sporterfahrung, aber auch den vielen Reisen und Verletzungen hat sie sich über die Jahre ein Fitnessprogramm mit wenigen Hilfsmitteln ausgearbeitet, das sie in eine „fantastische Form“ bringe. Nachdem sie in amerikanischen Fitnessstudios auf ihr Programm angesprochen wurde, entwickelte sie hieraus das Fitnesskonzept und die Geschäftsidee „body by fleur“, die sie nach ihrer Rückkehr aus ihrem langjährigen Lebenszentrum Vereinigte Staaten ins Großherzogtum hier zu etablieren versucht.

So ganz abgeschlossen hat sie mit dem Eiskunstlaufen aber immer noch nicht: „Es gibt hier eine tolle Infrastruktur. Ich wurde in Luxemburg geboren und lief für Luxemburg Schlittschuh. Leider kann ich im Moment hier noch nicht coachen, aber ich würde es lieben, im Großherzogtum das Eiskunstlaufen zu unterrichten.“

Wer ihren sportlichen Werdegang kennt, weiß, dass die 30-jährige mit ihrer Ausbildung als ICF-Coach (int. Eiskunstlaufverband) alles daran setzen wird, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen.