Auch Senat stimmt für umstrittene Justizreform

Auch Senat stimmt für umstrittene Justizreform

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

In Polen hat die umstrittene Justizreform die letzte Hürde im Parlament genommen.

Polen hat die umstrittene Justizreform die letzte Hürde im Parlament genommen. Nach dem Abgeordnetenhaus stimmte in der Nacht zum Samstag der Senat für das Gesetz, das es der Regierung unter anderem ermöglichen soll, Richter am obersten Gerichtshof zu entlassen und zu ernennen. Beide Kammern werden von der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) dominiert. Präsident Andrzej Duda, der von der PiS unterstützt wird, muss das Gesetz nun noch unterzeichnen.

Gegen die Reform hatten seit Wochen viele Zehntausend Menschen in zahlreichen Städten protestiert, die die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung in Gefahr sehen. Auch während der Debatte, die im Senat bis tief in die Nacht zum Samstag dauerte, gab es in Warschau und anderen Städten Mahnwachen und Proteste. Einige Demonstranten trugen polnische und Europaflaggen. Andere hielten Plakate mit der Aufschrift: „Freie Gerichte“.

Auch im Senat wurde protestiert. Der Oppositionspolitiker Jan Rulewski warnte bei seiner Rede in Häftlingskleidung: „Polen verwandelt sich langsam aber systematisch in ein Gefängnis.“
Einer Umfrage des Senders TVN vom Freitag zufolge fordern 55 Prozent der Befragten, dass Duda ein Veto gegen die Justizreform einlegt. PiS-Politiker haben dagegen erklärt, mit der Reform solle die Justiz effizienter werden.

Optionen

Die EU-Kommission droht Polen wegen der Justizreform mit einem neuen Verfahren, das bis hin zum Entzug des Stimmrechts reichen könnte. Man hege schwere Bedenken, hatte Vizepräsident Frans Timmermans vor wenigen Tagen gewarnt. Sollten die Reformgesetze in der gegenwärtigen Form umgesetzt werden, würde dies sehr schwerwiegende negative Auswirkungen auf die Unabhängigkeit der Gerichte haben, sagte Timmermans. „Diese Gesetze verstärken die systemischen Bedrohungen für die Herrschaft des Rechts.“ Zusammengenommen würden sie die verbliebene juristische Unabhängigkeit gänzlich aufheben und die Justiz unter die vollständige politische Kontrolle der Regierung stellen, sagte Timmermans.

Die EU-Kommission will sich in der kommenden Woche erneut mit dem Thema befassen. Zu den Optionen, die laut Timmermans diskutiert werden, gehört ein neues Verfahren nach Artikel 7 des Vertrages von Lissabon. Danach ist eine Suspendierung der EU-Stimmrechte eines Staates möglich, wenn dieser in schwerwiegender Weise die Grundwerte der Europäischen Union verletzt, darunter Rechtstaatlichkeit, Freiheit, Demokratie und Achtung der Menschenrechte.

Auch die USA, der engste Nato-Verbündete Polens, reagierte besorgt. Die Justizreform dürfe nicht die polnische Verfassung oder internationale Rechtsverpflichtungen verletzen, erklärte die US-Regierung.

H.Horst
23. Juli 2017 - 18.49

"... dass sie so oder so mit den neuen Kräften in Europa zurechtkommen müssen, auch wenn ihnen das missfällt." Soll das heissen, dass man Appeasement 2.0 betreiben soll ? Sie wissen ja wohl wie das damals ausging als sich kurz nach der Sudeten-Krise Franzosen und Briten damit beruhigten, dass Hitler schliesslich nur seinen eigenen Hinterhof in Besitz nahm. "...historischen Exkurs, den sie sich so zu recht biegen bis sie ihre linken/grünen Thesen unterbringen können." Das sind beileibe keine "linken/grünen" Thesen. Es handelt sich vielmehr um gültige politikwissenschaftliche Lehrmeinung im akademischen Betrieb. Falls sie konkrete, belastbare Gegenargumente haben, die einer wissenschaftlichen Prüfung standhalten, so bitte ich darum diese der Welt nicht weiter vor zu enthalten.

Marius
23. Juli 2017 - 17.36

Danke für ihren historischen Exkurs, den sie sich so zu recht biegen bis sie ihre linken/grünen Thesen unterbringen können. Derlei Dinge tue ich auch manchmal, deswegen sei ihnen verziehen. Eines sollten sie sich merken, dass sie so oder so mit den neuen Kräften in Europa zurechtkommen müssen, auch wenn ihnen das missfällt. Versuchen sie aber fair zu bleiben, und nicht jedem der ihre Ansicht nicht teilt, sofort in die extremrechte Ecke zu stellen oder gar mit der Nazi Keule zu erschlagen. Trotzdem, ich habe sie verstanden, H. Horst.

Marius
23. Juli 2017 - 17.19

Ihre Sicht der Dinge scheint sich bei ihren Reflexionen ausschliesslich auf Luxemburger Verhältnisse zu fokussieren. Ein wenig über den Tellerrand gucken wäre in ihrem Fall ratsam. In den USA geht das nicht so simple, wie sie vermuten. Es gibt wohl einen Supreme Court + ein dutzend Federal courts of Appeals + ein hundert Federal district courts. Zugebenermassen kann ein Aussenstehender schnell den Überblick verlieren, sollte aber kein Grund sein wilde und dümmliche Behauptungen an dieser Stelle aufzustellen.

H.Horst
23. Juli 2017 - 16.23

Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, dass sie hier die Gelegenheit bieten, mit den Scheinargumenten der rechten nationalen Ecke aufzuräumen. Also, sie bringen das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" als Argument vor um sich gegen eine internationalistisch-globalistische Verschwörung linker Intellektueller unter dem Deckmantel der EU gegen die Völker Europas zu erwehren. Was bedeutet dieses Selbstbestimmungsrecht der Völker und was lesen die nationalistischen Rechten daraus heraus ? Was es keinesfalls bedeuten kann ist das Recht eine Politik zu betreiben die Ethnie, Staatsgebiet und Kulturraum zur Deckungsgleichheit bringen möchte. Als z.B. die Sudetendeutschen das große Brudervolk gegen die slavischen Tschechen zu Hilfe rief, da wurde dies wohl auch von ihrer Lesart des Selbstbestimmungsrechts der Völker gedeckt, oder ? Die Sudetenwollten mit ihresgleichen in einem Staat zusammenleben. Dass dadurch der 2. WK ausgelöst wurde,....na ja, dumm gelaufen. Als Hitler die Parole "Heim ins Reich" ausgab, steckte da auch ein "völkisches" Selbstbestimmungsrecht dahinter. Die deutschen Streusiedlungen im Osten sollten heimgeholt werden und zwar in der Form, dass überall da wo ethnische Deutsche lebten, Deutschland zu sein hatte. Das Reich wurde einfach bis dorthin ausgedehnt und zwar durch Krieg. Dieselbe Idee steckt hinter Putins Titel "Sammler Russischer Erden" zu sein. Er hat im Kaukasus seine durch Stalin angesiedelten ethnischen Volksgenossen auch heimgeholt, hat die Krim verschlungen und knabbert an der Ost-Ukraine. Die Balten fürchten sich vor dem sudetenähnlichen Hilferuf der ethnischen Russen ans große Brudervolk. Auch Milosevic wollte den ethnischen Flickenteppich "bereinigen" indem er die Siedlungsgebiete der ethnischen Serben mit Gewalt zu serbischem Staatsgebiet machen wollte. Der gesamte Balkan und Kaukasus ist voll von "Völkern" die von bösen Staaten unterdrückt werden bzw. wurden wie die armen Völker Europas von der bösen EU unterdrückt werden. Jugoslawien war in nationalistischen Augen ein Völkergefängnis. Kaum haben sie sich blutig davon befreit, schon wurde die Aufnahme in die EU beantragt. Vergessen hat man geflissentlich, dass die EU den Schutz von Minderheiten vorschreibt und, dass im westlich-pluralistisch-liberalen Sinne, eine Demokratie nicht die Diktatur einer Mehrheit sein darf und, wie im Falle Polens und Ungarns, formale Standarts der Gewaltenteilung einzuhalten sind. Wer das nicht möchte, der muss mit dem Lebensstandart, der persönlichen und politischen Freiheit und der Rechtssicherheit Russlands vorlieb nehmen. Die Vorzüge westlichen Lebensstandarts zu geniessen und für die eigene ethnische Gruppe reservieren zu wollen ist ein unauflösbarer Widerspruch. Nicht umsonst ist Putin die Lichtgestalt der reaktionär-völkischen Rechten Europas. Die Ironie dabei ist, dass diese Politik der polnischen Machtclique eigentlich sehr viel näher ist als der dekadente Westen. Sie mögen im Grunde seine Politik, hassen aber das Volk. Das Ganze beruht auf den Ideen der Deutschen Romantik und wurde von J.G Herder formuliert und hat seit dieser Zeit zig Millionen Tote für die Idee des "Volks" verursacht. Zum Teufel damit....!

Marius
23. Juli 2017 - 14.33

Mal die EU Charta lesen. Da steht was drin vom Selbstbestimmungsrecht, eines der Grundrechte von jedem unabhängigen Volk. Mal reinschauen, lohnt sich.

KTG__
23. Juli 2017 - 14.22

Ich verbiete mir dieses Duzen. Und nein, die Justiz in den USA läuft ganz und gar nicht rund. Der Supreme Court braucht nur anders zusammengesetzt zu werden und schon sind alle Instanzen darunter ziemlich schnell ausgekontert. Von den haarsträubenden Ungerechtigkeiten, die gerade in "roten" Staaten passieren oder dadurch, dass gewählte Staatsanwälte nur nach der Härte ihrer Urteile bewertet werden ganz zu schweigen. Auch das Jury-System ist faszinierend, bedenkt man doch die Zahl der Freisprüche für Polizisten. Sagt Ihnen "O.J. Simpson" etwas? Den Rest hat H.Horst Ihnen ja schon zur Genüge erklärt.

H.Horst
23. Juli 2017 - 11.30

Siehe hierzu aus dem aktuellen Wort. "Die angestrebte Justizreform ist längst keine innerpolnische Angelegenheit mehr. Die höchsten Richter Tschechiens und der Slowakei warnten vor einer Zerstörung des polnischen Rechtsstaats, der Deutsche Richterbund vor dem Streben der PiS-Regierung nach „einer politisch gelenkten Justiz, in der willfährige Richter und Staatsanwälte an ihren Fäden tanzen“. Selbst die US-Regierung als traditioneller Verbündeter riet Warschau dringend davon ab, „Gesetze zu erlassen, die die gerichtliche Unabhängigkeit und Rechtsstaatlichkeit in Polen zu untergraben scheinen“.

H.Horst
23. Juli 2017 - 11.24

Ihre Posts zeugen von einer antidemokratischen Grundhaltung. In ihren 1. Post haben sie nichts weniger gefordert als die Aufhebung des grundsätzlichen Dreiklangs von Exekutive, Legislative und Judikative als Grundvoraussetzung eines pluralistisch-liberalen Rechtsstaats. Die von Ihnen erwähnten "Checks &Balances" in den USA werden eben gerade durch den Red-Neck-Präsidenten Trump ausgehöhlt u.a. durch seine Erklärung, dass er begnadigen könne wen immer er wolle, nötigenfalls auch sich selbst. Vulgo: ihr könnt mir gar nichts, ich ziehe meine Karte Gehe-aus -dem-Gefängnis. Zurück zu Post 1: "Die von der polnischen Regierung ergriffenen Maßnahmen, um den Gerichten endlich eine demokratische Legitimität zu verleihen,..." Es ist keine demokratische Legitimität gegeben wenn eine Regierung die obersten Gerichte nach ihrem Gusto besetzen kann. Ironischerweise hat der reaktionär-islamistische Autokrat Erdogan sich zu Beginn seiner Amtszeit darüber beklagt, dass man mit einer unabhängigen Justiz nicht ordentlich regieren könne und diese flugs abgeschafft. Ist das die demokratische Legitimität von der sie sich trauten hier zu schrteiben ? Sie folgen derselben Argumentation wie Putin, Erdogan, Orban und ironischerweise auch ein linker Antidemokrat Maduro. Sie schwingen sich auf zum Verteidiger des "kleinen Mannes" gegen einen elitären, linken, liberalen Eliten-Apparat. Auch hier wieder das bekannte Schema der faschistoiden Rechtspopulisten die im trüben Reservoir verängsigter Klein- und Spiessbürger und der persistenten Reserve der bildungsfernen Unterschicht ihre dumpfen Anhänger rekrutiert. Die schaffen bewusst eine Situation des "Wir gegen die Elite mit ihrer Presse und ihrem Apparat". Wollen sie einen AfD-Ableger in L gründen ?

Marius
22. Juli 2017 - 22.34

Ob du dies oder jenes als Unsinn bezeichnest, bleibt deine ganz persönliche Auffassung, KTG. Deine Argumentation zeugt gerade von brüllender Unwissenheit, denn in den USA gibt es nachweislich eine vollends unabhängige und gut funktionierende Justiz, entsprechend dem demokratischen Prinzip der "Checks and Balances". (siehe Trumps Einwanderungsstop) Amerika braucht kein Lektion in Sachen Demokratie und schon gar nicht von den linken Eliten aus dem kleinen Grossherzogtum. Eine totale Selbstverwaltung des Justizapparates, wäre eine Katastrophe für jeden Rechtsstaat. Im Allgemeinen könnte man zurückbehalten, dass die Unabhängigkeit der Justiz in den westlichen Demokratien leeres Gerede ist, nur um den braven Bürger zu beruhigen, denn in der Praxis sieht es anders aus, sogar im kleinen Grossherzogtum von Meister Vogel.

KTG__
22. Juli 2017 - 17.25

Was für ein brüllender Unsinn. Eine derartige Forderung habe ich in Luxemburg noch nie gehört. Unsere Justiz ist unglaublich langsam und jeder kennt jeden, aber etwas brauchen wir nicht: eine Justiz, deren Richter von Politikern nach gusto und Parteikarte nominiert werden. Wo das fast zwingend hinführt, können wir am Supreme Court und allgemein am gesamten Gerichtsapparat der USA ständig beobachten. Ein faszinierendes Spiel von gewählten Staatsanwälten bzw. von Politikern bestimmten Richtern, wobei die Staatsanwälte eher gewählt werden, je mehr sie die Todesstrafe gut finden. Etwas weniger die Machwerke gewisser Vögel lesen, könnte hilfreich sein.

Marius
22. Juli 2017 - 16.33

Die von der polnischen Regierung ergriffenen Maßnahmen, um den Gerichten endlich eine demokratische Legitimität zu verleihen, wünschen sich kritische Bürger schon seit Dekaden im kleinen Grossherzogtum, wo Richter, genauso wie in Polen, einen Staat im Staat darstellen, obschon die Staatsanwaltschaft dem Justizminister unterstellt ist. In Luxemburg kommt noch erschwerend hinzu, dass in dieser Zunft, jeder jeden kennt und Richter und Anwälte unter sich verwandt, verheiratet oder verschwägert sind. Rechtsanwälte dürfen hierzulande sogar Mitglied im Staatsrat sitzen und nebenbei eine Kanzlei führen, u.a.m. Jeder sollte die Tatschen dahinter erkennen und sich seine eigene Meinung bilden. Es wäre an der Zeit Ordnung in den Luxemburger Justizapparat zu bringen. Geschieht "so etwas" im fernen Polen, ist dies sofort ein Gesprächsthema bei den blauäugigen Ideologen des roten Lagers, aber auch bei der Brüsseler Plutokratie, die sich sonst nicht mit Ruhm bekleckern, wenn es sich um demokratische Prozesse handelt.

H.Horst
22. Juli 2017 - 11.15

"Wir sind Zeugen wie eine reaktionär-national-katholische Partei mit Hilfe einer rückständigen Landbevölkerung sich gegen die Modernisierung stemmt. Man ist froh, dass die USA Truppen im Land stationieren um gegen den Erz-Feind Russland gewappnet zu sein. Warum sollten z.B. nichtweisse, nichtkatholische, LGBT-Angehörige....US-Soldaten ihr Leben aufs Spiel setzen um ein Regime mit derart reaktionärem Menschen- und Gesellschaftsbild zu verteidigen ? Die Polnische Regierung nutzt Gelder der wohlhabenden westlichen EU-Länder um ein Gesellschaftsmodell zu fördern welches diese westlichen Länder als verkommen und dekadent definiert. Die polnische Regierung lässt sich verteidigen von US-Soldaten die tw. in Polen größter sozialer Ächtung ausgesetzt wären. So wehrt man sich gegen Nichtweisse und Moslems als Flüchtlinge. Aber selbstverständlich dürfen diese bei der Verteidigung des allerkatholischsten Landes gegen die bösen Russen ihr Leben lassen. Selten eine solche Verlogenheit erlebt.