André Heiderscheid mit 91 Jahren gestorben

André Heiderscheid mit 91 Jahren gestorben

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Priester, Journalist, Soziologe, Politologe, Verleger und Unternehmer: André Heiderscheid hatte nicht nur eine vielseitige Karriere, er war auch eine der markanten Persönlichkeiten der christlichen Gemeinschaft. Am Samstagabend verstarb er im Alter von 91 Jahren.

Er sei mit Leib und Seele Journalist, hat der langjährige „Patron de presse“ der luxemburgischen Zeitungslandschaft einst über sich selbst gesagt. „Un diable d’homme“, hat einer seiner großen politischen und beruflichen Kontrahenten, der „Administrateur-délégué“ des Verlagshauses Editpress, Alvin Sold, ihn genannt. „Ein Mann fester Grundsätze“, schrieb auch der ehemalige Premierminister sowie heutige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zum 70. Geburtstag des langjährigen Verlegers und Journalisten, dessen Leitartikel den späteren Politiker von jüngsten Jahren an begleitet hatten.

Abbé André Heiderscheid hat es zeitlebens gut fertiggebracht, die weltliche Berufung des Journalisten mit der geistlichen zu kombinieren und aus der Bezeichnung „Abbé“ gewissermaßen ein Prädikat zu machen. Kenner bescheinigen ihm eine brillante Intelligenz, zähes Durchsetzungsvermögen, einen eisernen Willen, Fleiß, eine unbeugsame Autorität, aber auch eine gute Menschenkenntnis, scharfe analytische Fähigkeiten sowie ein leichtes Erkennen von Zusammenhängen und Trends sowie hohe Erwartungen an seine Mitarbeiter.
Am 30. Dezember 1926 in Lorentzweiler geboren, besuchte er dort die Primärschule, bevor er in den Kriegsjahren das Klassische Lyzeum in Echternach und später das Athenäum in der Hauptstadt absolvierte. 1944 ging er zunächst in den Arbeitsdienst nach Polen, wurde dann zwangsrekrutiert und zum Schluss des Krieges nach Osteuropa geschickt, wo er im Mai 1945 in russische Gefangenschaft geriet. Diese Erlebnisse hat André Heiderscheid ab 2000 in drei Büchern festgehalten.

Nach seiner Freilassung im September 1945 kehrte er zurück in den Schulbetrieb und machte 1947 sein Abitur. Sechs Jahre später, am 12. Juli 1953, wurde er zum Priester geweiht. Gleich danach ging er zum Studium nach Paris. Seine Doktorarbeit über die „Aspects de sociologie religieuse du Diocèse de Luxembourg“ in zwei Bänden war damals eine wahre Pionierarbeit. Sie gilt bis heute als eine der überragenden wissenschaftlichen Arbeiten über die luxemburgische Gesellschaft zwischen 1839 und 1960. Der hochdiplomierte Theologe, Soziologe und Politologe war zunächst Lehrer am Athenäum und am hauptstädtischen Mädchenlyzeum, bevor er 1959 als Wirtschaftsredakteur zum Luxemburger Wort ging. Parallel dazu lehrte er bis 1970 am Priesterseminar sowie an der damaligen „Université Internationale de Sciences comparées de Luxembourg“. 1967 wurde er Chefredakteur, 1971 trat er die Nachfolge von Direktor Mgr. Alphonse Turpel in der Direktion des Unternehmens an.

Werte-Konservatismus

Die Zeichen der Zeit hatte er schnell erkannt. Als Direktor förderte er die Neugestaltung der Zeitung und die Einführung moderner Technologien. Seine weitreichende Tätigkeit wird häufig als „Ära Heiderscheid“ betrachtet. Obwohl er konsequent einen gewissen Werte-Konservatismus verteidigte, setzte er im Zeitungswesen resolut auf die Moderne. Er plante schon früh das Multimedia-Unternehmen in Gasperich und passte die Technik der Evolution an. Initiativen wie Radio DNR, die portugiesische Zeitung Contacto, die französische Wort-Beilage La Voix de Luxembourg, die spätere Tageszeitung La Voix sowie die Wochenzeitung für Europäer gehen auf ihn zurück. 1994 gab er sein Amt ab und wurde (bis 1998) „Administrateur-délégué“ der Sankt-Paulus-Druckerei. Ein Jahr nach seinem Abschied erreichte die Zeitung mit 80.355 verkauften Exemplaren ihren höchsten, nie wieder erreichten Stand.

Schon 1965 wurde Abbé Heiderscheid Mitglied des Wirtschafts- und Sozialrates, von 1966 bis 1995 war er Mitglied des „Institut grand-ducal, section des sciences humaines“. Seine kirchliche Karriere ist genauso beeindruckend: Am 15. Dezember 1977 wurde er Kanon der Kathedrale von Luxemburg, 1993 zum Domprobst ernannt. Im internationalen Zeitungswesen war er von 1976 bis 1983 Präsident des Verbandes der Zeitungsverleger, von 1981 bis 1993 Mitglied des Verwaltungsrates der CLT und von 1983 bis 1985 saß er dem Presserat vor, den er 15 Jahre lang maßgeblich mitgeprägt hat. Neben vielen internationalen Auszeichnungen erhielt er 1986 in Antwerpen den Europäischen Journalistenpreis und 1992 den Europäischen Preis der geschriebenen Presse. Neben seinen Zeitungsartikeln und unzähligen Leitartikeln hat Abbé Heiderscheid viel und vielseitig publiziert. Das beginnt 1954 mit einer Ortsgeschichte seiner Heimatgemeinde und reicht von religiösen Betrachtungen bis zu einer Analyse der USA zwischen gestern und morgen (1963 im ISP-Verlag).

J.C. KEMP
19. März 2018 - 17.45

Iwwregens: wat mécht den hd do op dem Bild mat enger Filmkamera op der Rouder Plaaz zu Moskau? Vun der Dekoratioun ze uertele während enger 9. Mee-Parade. Schafft en do am Optrag vum Geheimdéngscht?

Urbain
19. März 2018 - 15.25

Oje, fréier huet een awer nach ganz aner Téin héiere, wann d'Tageblatt iwwer dee reaktionäre 'Journalist' hiergefall ass. Ech hat éischter geduecht, ech géif hei liesen "Ding, Dong ...."

jang_eli
19. März 2018 - 12.50

Einen "gewissen Werte-Konservatismus" ? erz-reaktionnär-klerikal, géif ech daat nennen.

J.C. KEMP
19. März 2018 - 11.43

E vehemente kaale Krieger an e fervente Kommunistefr...er.

Serenissima en Escher Jong
18. März 2018 - 23.00

Dann eben "requiescat in pace"......