Alexander Missurkin – ein Kosmonaut landet in Luxemburg

Alexander Missurkin – ein Kosmonaut landet in Luxemburg

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Gelegenheit, sich mit einem staatlich geprüften Helden fotografieren zu lassen, hat man in Luxemburg nur selten. Geduldig und stets lächelnd ließ sich Alexander Missurkin, zweifacher Raumfahrer und „Held der Russischen Föderation“, am Samstag in Mondorf auf unzähligen Selfies und anderen Fotos ablichten. Der Grund für seine Anwesenheit im Park des Thermalbads: die Enthüllung einer Plastik zu Ehren des ersten Weltraumfliegers und sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin neben dem Fliegermuseum.

Warum derlei „Weltraum-Nachmittag“ ausgerechnet an einem regnerischen Novembertag stattfand? Weil die Internationale Weltraumstation ISS in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag feiert und Russland und Luxemburg vor 25 Jahren ein Kooperationsabkommen in Kultur, Wissenschaft und Erziehung unterschrieben. Zwischen Bändchenschneiden und Begegnung mit Weltraum-Aficionados stand Alexander Missurkin dem Tageblatt für ein Gespräch im Fliegermuseum zur Verfügung.

Tageblatt: Herr Missurkin, Sie beendeten im Februar 2018 nach 166 Tagen im All Ihren zweiten Weltraumflug. Wann geht es zurück zur Internationalen Weltraumstation (ISS)?
Alexander Missurkin: (lacht) Wir machen keine Prognosen, denn das alles hängt nicht von dir ab. Von dir hängt es lediglich ab, gut in Form, bereit und ausreichend trainiert zu sein, damit man dich für einen Flug auswählt. Ich hoffe, bald alle medizinischen Tests zu bestehen und mich erneut vorbereiten zu können. Ich möchte nicht darüber spekulieren, wann ich erneut für einen Flug ernannt werde. Ohnehin wird das nicht vor zwei, drei Jahren sein. Dann sehen wir weiter.

Warum dauert das so lange? Muss man sich so lange vorbereiten?
Die Vorbereitung einer Flugmannschaft dauert zwei Jahre. Von der Ernennung einer Mannschaft bis zum Start vergehen mindestens zwei Jahre, deshalb sind die Mannschaften, die in den zwei kommenden Jahren fliegen werden, bereits bekannt und befinden sich in der Vorbereitung.

Sie können als Kosmonaut also nicht die Hand ausstrecken und sich für einen Flug melden?
Natürlich nicht. (lacht) Der Kosmonaut streckt nur einmal die Hand aus, und zwar, wenn er in die Musterung kommt. Ab diesem Moment musst du deine Pflichten erfüllen und je nachdem, wie du sie erfüllst, wird der Zeitpunkt deiner Auswahl für eine Flugmannschaft bestimmt.

ZUR PERSON: Alexander Alexandrowitsch Missurkin (41) …

… startete am 29. März 2013 als Bordingenieur mit der Sojus-TMA-08M zu seinem ersten Flug zur Internationalen Weltraumstation ISS. Nach 167 Tagen Aufenthalt in der ISS und drei Außenbordeinsätzen kehrte er am 11. September 2013 zurück zur Erde. Am 13. September 2017 begann Missurkin, nunmehr Kommandant, seinen zweiten Langzeitflug von 166 Tagen an Bord der Sojus-MS-06 und beendete ihn am 28. Februar 2018. Zwei Wochen vor seiner Rückkehr absolvierte er einen längeren Außenbordeinsatz, mit 8 Stunden und 12 Minuten der bisher längste Einsatz russischer Kosmonauten im freien Kosmos. Vor seiner Aufnahme in die Kosmonautenstaffel 2006 diente Missurkin sieben Jahre lang als Militärpilot. Er ist der 116. sowjetische/russische Kosmonaut und der 513. Weltraumflieger weltweit. 2016 verlieh Präsident Wladimir Putin ihm den Titel „Held der Russischen Föderation“.

 

Sie sind Kosmonaut-Testflieger. Erklären Sie uns, was darunter zu verstehen ist? Testen Sie neues Flugmaterial?
Jedes Sojus-Raumschiff unterscheidet sich von seinem Vorgänger. Wir befinden uns in einer Phase permanenter Tests der Raumschiffe. Diese werden ständig modernisiert. Daher unsere Bezeichnung Kosmonaut-Testflieger. Wir fliegen nicht in einer serienmäßig hergestellten Maschine. Jeder Apparat ist einzigartig und unterscheidet sich vom Vorgängermodell.

Die auf der offiziellen Seite des Kosmonauten-Ausbildungzentrums Juri Gagarin angeführte Liste sowjetischer und russischer Kosmonauten ist sehr lang. Ist der Kosmonautenberuf schon dabei, ein ganz gewöhnlicher Beruf zu werden?
Ich bin davon überzeugt, dass sich jede berufliche Tätigkeit in die richtige Richtung entwickelt, wenn sie nicht mehr nur von einzelnen Personen ausgeübt wird. In den knapp 60 Jahren bemannter Raumfahrt gab es in Russland rund 120 Kosmonauten, die in den Kosmos geflogen sind. Das ist nicht gerade eine lange Liste.

Wird man in Zukunft überhaupt noch Kosmonauten brauchen? Angesichts des rasanten technischen Fortschritts und der Entwicklung Künstlicher Intelligenz. Es gibt ja unbemannte fliegende Maschinen, die bereits allerlei Aufgaben erfüllen …
(schallendes Lachen) Eine noch provokantere Frage … Der Mensch ist so geschaffen, dass er selbst immer wieder etwas Neues entdecken, den Wissenshorizont für die Menschheit erweitern möchte. Für mich war das einer der Gründe, um Kosmonaut zu werden.

Sie bilden auch jungen Kosmonauten aus. Auch für die Handhabung des neuen russischen Raumschiffs „Federazija“?
Ja. Ich hoffe, selbst noch damit zu fliegen.

Der erste Flug der „Federazija“ war noch für 2018 angelegt …
Leider sind diese Pläne weiter in die Zukunft verschoben worden. Ich selbst rechne nicht mit einem ersten Flug vor 2025/2026.

Mit welchem Ziel? Zum Mond?
Natürlich werden die ersten Flüge dazu dienen, das neue Raumschiff zu testen. Es unterscheidet sich ja von den bisherigen Raumschiffen vor allem durch sein größeres Volumen. Vier bis sechs Menschen können mitfliegen. Das Raumschiff wird auf andere Art landen. Es wird sowohl auf erdnahen Umlaufbahnen als auch in tiefere Regionen des Weltraums fliegen können. Es wird auch über andere Lebenssicherungssysteme verfügen. Die heutigen Raumschiffe können nicht länger als fünf Tage funktionieren, ohne an die Weltraumstation anzudocken. Der erste Flug wird dazu dienen, die Maschine zu testen. Die weiteren Zielen werden dann von den Entscheidungen von Roskosmos (russische Weltraumorganisation) abhängen. Ich selbst hoffe auf Flüge mindestens bis zum Mond.

Ihr Kollege Sergej Krikaljow sagte uns im vergangenen Jahr, man plane eine Weltraumstation in Mondnähe, um von dort aus weitere Ziele im Weltraum anzusteuern.
Ein solches Projekt wird derzeit tatsächlich ernsthaft diskutiert, vor allem von der NASA. Ich hoffe, dass auch dieses Projekt ein internationales sein wird, ungeachtet der aktuellen schweren politischen Beziehungen.

Wirkt sich die aktuelle Sanktionspolitik auf die Zusammenarbeit mit den US-Kollegen aus?
Bei unserer Arbeit an Bord der ISS merken wir davon nichts. Auch bei der Umsetzung der in der Vergangenheit eingegangenen Vereinbarungen. Aber man kann nicht ausschließen, dass sie sich negativ auf die Planung zukünftiger gemeinsamer Projekte auswirken wird. Was ziemlich frustrierend ist.

Vor Kurzem hat der US-Präsident die Schaffung von Weltraumstreitkräften angekündigt. Beunruhigen Sie derlei Nachrichten? Wissen Sie als Angehöriger der russischen Streitkräfte von derlei Plänen auch in Russland?
Ehrlich gesagt weiß ich nichts von derlei Plänen oder Gegenmaßnahmen. Die Eskalation militärischer Spannungen in der Welt ist ein großer Fehler sowohl vonseiten jeder einzelnen Macht als auch aller Mächte zusammengenommen. Ich hoffe, dass man diese Periode schnell überwinden und zu freundschaftlichen Beziehungen zurückfinden wird.


Der erste Mensch im Weltraum

Die neben dem Fliegermuseum in Mondorf errichtete Bronzeplastik des russischen Skulpteurs Alexej D. Leonow zeigt den Kopf Juri Gagarins im Helm seines Raumanzugs. Gagarin war am 12. April 1961 an Bord des Raumschiffs Wostok 1 zum ersten bemannten Weltraumflug gestartet. In 108 Minuten umkreiste die Raumkapsel die Erde. Den Steinsockel für die Büste lieferte die Firma Feidt. Die Initiative zur Gagarin-Skulptur im Mondorfer Park geht auf die russische Stiftung „Dialogue of cultures – United World“ zurück, der sich das Russische Kultur- und Wissenschaftszentrum in Luxemburg, das Fliegermuseum in Mondorf und das Thermalbad anschlossen. Ähnliche Juri-Gagarin-Büsten ließ die Stiftung seit 2011 in 23 Ländern Europas, Nordamerikas und Asiens errichten. In Europa sind das Deutschland, Italien, Norwegen, Dänemark, Kroatien und Griechenland.