Ärger über den „European Way of Life“: Die künftige EU-Kommissionschefin Von der Leyen gerät in Bedrängnis

Ärger über den „European Way of Life“: Die künftige EU-Kommissionschefin Von der Leyen gerät in Bedrängnis

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Hat Ursula von der Leyen, die künftige Präsidentin der EU-Kommission, mit ihrer Entcheidung die Sprache der Rechten übernommen? Das werfen ihr Linke, Grüne, Liberale und Sozialdemokraten zumindest vor. Das Europaparlament stößt sich am „European Way of Life“ – denn den soll ausgerechnet der Migrationskommissar schützen.

Von unserem Korrespondenten Eric Bonse, zz. in Brüssel

Sie war gekommen, um die Wogen zu glätten. Der Ärger über den „European Way of Life“ und die Migrationspolitik sei doch nur ein Missverständnis, sagte die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 19.9. vor den Fraktionschefs des Europaparlaments in Straßburg. Doch nach zweistündiger Debatte in der „Konferenz der Präsidenten“ war klar: Von der Leyen hat nicht überzeugt, der Streit geht weiter. Zwei Wochen vor Beginn der Anhörungen der designierten neuen EU-Kommissare sind von der Leyen und ihr Team in die Defensive geraten.

Dabei hat sie doch – nach eigenem Bekunden – nur das Beste gewollt. Als sie den designierten Migrationskommissar Margaritis Schinas mit dem „Schutz des europäischen Lebensstils“ beauftragte, will sie vor allem an Menschenwürde, Toleranz und Weltoffenheit gedacht haben.

Für manche sei der Begriff „europäische Lebensweise“ politisch zu aufgeladen, schrieb sie in einem Gastbeitrag für mehrere europäische Tageszeitungen. „Ich bin da anderer Meinung. Ich bin überzeugt, dass wir uns unsere Begriffe von Europas Gegnern nicht nehmen lassen dürfen.“

Le Pen feiert

Europas Gegner – damit sind Nationalisten und Rechtspopulisten gemeint, die in Flüchtlingen eine Bedrohung sehen. Doch ausgerechnet von denen bekommt Von der Leyen nun Beifall. Marine Le Pen, die Führerin der französischen Nationalisten, feiert einen „ideologischen Sieg“.

Linke, Grüne, Liberale und Sozialdemokraten sind entsetzt. Sie sehen sich in ihrer Kritik bestätigt, dass die CDU-Politikerin mit dem Schutz des „European Way of Life“ die Sprache der Rechten übernimmt, zumindest aber um sie wirbt. Von der Leyen müsse das ändern, so die Forderung.

Der Ko-Fraktionschef der Linken, Martin Schirdewan, kam sogar mit einem Vorschlag: „Wir haben einen anderen Titel vorgeschlagen – ein Europa der Vielfalt und der Solidarität.“ Doch darauf sei von der Leyen nicht eingegangen. „Sie ist nicht zu Konzessionen bereit“, so Schirdewans Fazit. „Wir haben ein ernstes Problem mit dem Titel, und wir werden ihn, so wie er ist, nicht akzeptieren“, erklärte die Fraktionschefin der Sozialdemokraten, Iratxe García. Auch beim Klima und beim sozialen Europa müsse Von der Leyen noch nachbessern.

Fünf Kommissare gelten als Wackelkandidaten

Optimistischer zeigte sich Ciolos Dacian, Fraktionschef der Liberalen. Von der Leyen habe sich Kritik angehört und Änderungen versprochen, sagte er nach dem Treffen. Sollte sie nicht Wort halten, werde dies die Anhörungen der Kommissare belasten.

Dabei stehen die Hearings, die vom 30. September bis zum 8. Oktober dauern sollen, schon jetzt unter keinem guten Stern. Gleich fünf Kommissare aus Ungarn, Polen, Rumänien, Frankreich und Belgien gelten als Wackelkandidaten, weil sie sich nicht für Rechtsstaat und Demokratie einsetzen oder in Affären verstrickt sind. Betroffen sind alle großen Parteien. Doch im Gegensatz zu früher gibt es diesmal weder eine informelle Koalition noch einen Nichtangriffspakt. Wenn ein konservativer Kommissar im Hearing durchfällt, könnten sich die Konservativen danach einen Sozialdemokraten oder Liberalen „vorknöpfen“.

Für Von der Leyen wäre dies ein Albtraum. Sie wurde im Juli nämlich selbst nur mit einer hauchdünnen Mehrheit von neun Stimmen gewählt. Am 23. Oktober muss sie sich – gemeinsam mit ihrem Team – erneut einer Abstimmung im Europaparlament stellen. Bis dahin müssen die Wogen wieder geglättet sein.

Tour
21. September 2019 - 13.29

Die Dame hat ja nicht mal ein Segelschiff sanieren können. Das kann ja was werden.

Tom
21. September 2019 - 12.46

Sie mag durchaus interessante Kompetenzen haben allerdings rein subjektiv gesprochen ist Sie für etwas zu ideologisch vielleicht auch zentralistisch was die europäische Union angeht. Naja man kann sich darüber streiten aber ich bin durchaus gespannt was daraus werden wird

DanV
21. September 2019 - 5.29

Und wie wäre es einfach mit "European Values", statt irgendwelche "Lebensweisen" vorzugeben, die sowieso erst definiert werden müssten ...

Jemp
21. September 2019 - 3.47

Englisch soll weltoffen wirken! Wirken tut es! Nur leider eher peinlich! Gibt viele die versuchen mit Anglizismen zu glänzen. Als Nicht-Brite geht das meistens "in die Hose"! Die Betroffenen merken selbst nicht, wie sie sich blamieren! Schul-Englisch und angewandetes Englisch sind sehr verschiedene Welten. Ich geniesse es, wenn "grosse" Geister in die Falle tappen!!! ????. ??

DanV
20. September 2019 - 21.23

@ Paula Sie haben absolut recht, wenn Sie sagen, dass wir zu unserer Lebensweise und unseren Werten stehen müssen. Aber nicht mit einem abgeänderten und uralten USA-Slogan. Worte sind so wichtig, so unglaublich wichtig, Gerade deshalb muß in diesem Fall über die Wortwahl diskutiert werden.

Heino
20. September 2019 - 18.47

Und was bleibt den Deutschen übrig für die nächste Wahl, Habeck und die freche Göre von den Grünen oder der mit der Hundekravatte?

Paula
20. September 2019 - 18.09

Linke, Grüne, Liberale und Sozialdemokraten machen sich hier lächerlich. Ursula Leyen ist CDU-Politikerin, also politisch mitte-rechts und sieht die Welt eben nicht durch die rosarote grüne Brille. Ich habe Bassam Tibi, Muslim und emeritierter Professor der Uni Göttingen, bereits in einem meiner vorherigen Kommentare zitiert, hier noch einmal: “Eigentlich bedeutet Leitkultur nichts anderes als eine Hausordnung für Menschen aus verschiedenen Kulturen in einem werteorientierten Gemeinwesen. Die Einheimischen sollten den Mut haben, diesen Kanon selbstbewusst zu vertreten.” Ob Leitkultur, European Way of Life oder Schutz des europäischen Lebensstils, dafür sollten wir alle einstehen, denn das heisst auch: keine Zwangsheiraten, keine Verstümmelung von kleinen Mädchen, Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen uvm. Und darauf sollten wir stolz sein anstatt uns selbst kleinzureden.

Lucilinburhuc
20. September 2019 - 17.35

„European Way of Life“ ist tatsächlich gewöhnungsbedürftig. Im Kontext der sich anbahnenden Konflikten der Grossmächten USA, China Rusland und Europa, macht es dennoch Sinn. Ebenso: Grundwerte und -Interessen innerhalb des Westens sind dabei auseinander zu driften und zwar entscheidend zwischen den USA und Europa. Eine Besinnung auf unsere Identität ist da kein Luxus.

DanV
20. September 2019 - 11.21

Das wird was werden. Eigentlich habe ich Ihre Ernenung, zwar mit Vorbehalt, als positiv gesehen, weil sie ein Mensch ist, der was bewegen will und nicht einfach nur auf seinem Posten sitzenbleibt. Aber wenn sie nicht mal die richtige Wortwahl treffen kann und sich auch nichts von anderen sagen lässt, ist sie ein no-go für Europa. Europäischer Lebensstil? Freie Übersetzung des "American Way of Life", den Trump gerade weiter verbiegt und der schon lange nicht mehr für Freiheit, Streben nach Glück und Wohlstand steht, sondern eher für Ausgrenzung, Egoismus und Reichtum für die Reichen. Menschenwürde, Toleranz und Weltoffenheit sind Werte, keine Stilelemente!

Europäer
20. September 2019 - 9.24

Auf Hanns Dieter Hüsch umgesponnen klänge das etwa so : "Sie nahm sich irgend einen Satz aus dem Weltall, von dem sie meinte er würde atmosphärisch so einigermassen passen, und haute den ganz radikal in eine Gesprächslücke dazwischen und sagte dann: Sag mal, wir brauchen ein Ressort zum Schutz des europäischen Lebensstils"... Aber im Ernst : Frau Albrecht sagte doch etwas was eigentlich niemanden vor den Kopf stossen sollte : "Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Dies ist unser europäischer Way of life". Ob man dafür aber ein Ressort braucht ist fraglich. Wenn man sich anschaut was das Heimatministerium in Deutschland gebracht hat im Vergleich zu den Personalkosten da kann man ja nur den Kopf schütteln.

Jacques Zeyen
20. September 2019 - 9.21

Eine kompetente Dame mit viel Biss eben. Eine Mutter von 7 Kindern als Verteidigungsministerin war wohl nicht der "Coup" von Merkelwürdig. Jetzt hat sie sich mit ihrer "Protégée"als Komissionspräsidentin durchgesetzt. Aus AKK wird auch nichts werden und Ulla Schmidt,na davon brauchen wir nicht mehr zu reden.Dann noch der Rückzug vom Eifeler Urgestein Andrea Nahles, May for eternal Brexitdeals...out, usw. Selbst "Mutti" muss sich nach 14 Jahren im Amt "Aussitzen" vorwerfen lassen. Und einer LePen bräuchte man nur einen Monat politische Verantwortung zu geben,dann wäre sie auch weg. Was ist denn nur mit den Frauen los?

Tom
20. September 2019 - 8.02

Ich frage mich jedes Mal, wie man nur diese Frau wählen kann. Ich würde es definitiv nicht tun wollen.