Ach du liebes Lieschen: Darum scheitert der neue „Millennium“-Film vollkommen

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Die Fortsetzung der „Millennium“-Reihe durch Fede Alvarez enttäuscht auf der ganzen Linie. Die dritte Lisbeth Salander hält dem Vergleich mit dem Original nicht stand. Der Versuch des uruguayischen Regisseurs, einen Nordic-Noir-Film zu drehen, ist fehlgeschlagen.

Die Hackerin Lisbeth Salander (gespielt von Claire Foy) und der Journalist Mikael Blomkvist (Sverrir Guðnason) kämpfen gegen eine Bande, die sich ein Computerprogramm aneignen will, mittels dessen sich alle Atomwaffen auf der Welt kontrollieren lassen.

„The Girl in the Spider’s Web“ basiert auf dem Roman „Verschwörung“ (Originaltitel „Det som inte dödar oss“) von David Lagercrantz, der 2013 damit beauftragt wurde, die Fortsetzung der erfolgreichen „Millennium“-Trilogie von Stieg Larsson zu schreiben. Der Autor war 2004 im Alter von nur 50 Jahren gestorben.

Stand in den ersten drei schwedischen Verfilmungen der Plot im Mittelpunkt, so geht es in „Verschwörung“ (so der deutsche Titel des Films) hauptsächlich um die Figur der Lisbeth Salander, die zur Rächerin gedemütigter Frauen wurde. Mit Claire Foy bekommt Salander nun die dritte Interpretin. In der Neuverfilmung des ersten Teils durch David Fincher im Jahr 2011 („The Girl with the Dragon Tattoo“) wurde Salander von Rooney Mara dargestellt.

Claire Foy fehlt so ziemlich alles, was die erste Darstellerin der Figur, Noomi Rapace, der Rolle gab. Rapace war eine Kämpferin, der einerseits die verletzte Seele ins Gesicht geschrieben stand, die andererseits trotzdem Sinnlichkeit ausstrahlte. Foy ist eine moderne Superheldin mit einem hübschen Gesicht, bei der der Zuschauer nie zweifelt, dass sie zu den Guten gehört.

Stichwort Superheldin: Unter der Regie von Fede Alvarez – der bis dato vor allem Horrorfilme drehte – ist das „Millennium“-Universum zu einer Superheldenshow verkommen, in der Salander die gute Heldin ist, die ganz Batman-artig gegen das Böse kämpft. Nicht von ungefähr erinnert eines ihrer benutzten Fahrzeuge stark an ein Batmobil.

Es ist Alvarez nicht gelungen (er war auch am Drehbuch beteiligt), einen Plot zu zeichnen, der dem Original von Stieg Larsson gerecht wird. Der englische Titel spricht von einem Spinnennetz, was einerseits für das Internet steht, in dem sich die Hackerin Salander bewegt, andererseits soll es ein Netz aus Lügen und Intrigen sein. Das Internet kommt nur am Rande vor, und das Netz des Bösen ist – wie die gesamte Geschichte von Gut gegen Böse – sehr einfach gestrickt. Überraschungsmomente sind Mangelware, was die Geschichte sehr voraussehbar macht.

Alvarez zieht alle Register seiner Klischee-Trickkiste: In Schweden ist es immer kalt, und es schneit natürlich auch. Die düstere und bedrückende Atmosphäre darzustellen, welche die Zuschauer hierzulande aus schwedischen Krimis kennen, gelingt Alvarez trotzdem nur ansatzweise.

Es fehlt seinem Schweden das Beklemmende der ersten „Millennium“-Fassung. Bilder von schwedischen Wäldern genügen halt nicht, um eine bedrückende Atmosphäre zu zeichnen.

Grau und Schwarz sind die vorherrschenden Farben im Film, viele Szenen spielen sich in der Nacht ab. Alvarez übernimmt zwar die Bildsprache des Nordic-Noir-Genres (skandinavische Variante der Neo-Noir-Filme, d.h. in der Tradition des klassischen Film Noir), verrennt sich allerdings in einem Action-Film. Am Ende kämpft Salander gar mit einem Zauberstab (einem Taser) gegen ihre Widersacher. Ganz in der Tradition der Superhelden gelingt es der Protagonistin und ihren Helfern (der Journalist und ein amerikanischer NSA-Agent), ein ganzes Verbrechersyndikat zu besiegen.

Fede Alvarez’ „Thriller“ fehlt es an Spannung und Überraschungsmomenten. Nur einmal lässt er sein Talent zum Erschrecken aufblitzen (nein, wir werden Ihnen nicht den einzigen Schockmoment des Filmes verraten). Alles in allem: Diesen Film dürfen Sie verpassen.

P.S.: Aus luxemburgischer Sicht sei noch das Mitwirken von Vicky Krieps als Erika Berger, die Herausgeberin der Zeitschrift „Millennium“, erwähnt.