Drei Legenden, drei Meinungen

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Gullit, Karembeu, Galla: Drei Weltstars im Interview

Beim All-Stars-Cup im Teqball waren am letzten Wochenende eine ganze Reihe von ehemaligen Fußball-Weltstars dabei. Der Niederländer Ruud Gullit und die beiden Franzosen Christian Karembeu und William Gallas standen dem Tageblatt für ein Exklusiv-Interview zur Verfügung.

Tageblatt: Was hat sich im professionellen Fußball seit Ihrem Rückzug bis heute zum Positiven oder Negativen verändert?

Ruud Gullit: Das Spiel wurde zusehends schneller, und das gefällt mir. Die beste Regel, die zwischendurch eingeführt wurde, ist, dass der Torwart einen Rückpass nicht mehr mit der Hand annehmen darf. Die Champions League wurde größer und professioneller, was auch prinzipiell gut ist. Dagegen sind die Medien heute zu viel auf eklige Scoops aus, es müssen sensationelle Meldungen her, die den Sport nicht voranbringen. Zu meiner Zeit herrschte Respekt zwischen Journalisten und Spielern, wir gingen sogar öfters ein Bier zusammen trinken, diese Zeiten sind leider für immer vorbei.

William Gallas: Die Klubs sind heute besser strukturiert und professioneller geführt. Dies ermöglicht jungen Spielern eher, dass sie sich nur um das Geschehen auf dem Spielfeld kümmern müssen als zu meiner Zeit. Die ganze Energie kann auf den Fußball konzentriert werden. Doch die sozialen Medien wie Facebook, Instagram etc. stellen heute eine neue Gefahr dar. Diese können den jungen Spielern Probleme bereiten oder sie sogar in Gefahr bringen.

Weil das Spiel immer schneller wird, können die jungen Talente ihr Können heute eher beweisen als zu meiner Zeit. Mit 17 oder 18 Jahren glänzen immer mehr Spieler ansatzweise, doch leider sind sie nicht vollends ausgebildet. Da bei vielen Vereinen die Ausbildungszentren nicht mehr vorherrschen, werden bis zum Alter von 17 Jahren die einzelnen Schwächen der jeweiligen Talente mit Sicherheit nicht alle ausgemerzt sein. Die Spieler waren früher einfach kompletter. Deshalb sehe ich heute auf dem Spielfeld immer mehr Fehler und Schwächen.

Christian Karembeu: Die Ticketpreise sind für mich das größte Problem. Fußball soll für jeden zugänglich sein, es ist der populärste Sport weltweit und dies sollte auch so bleiben. Der Fußball darf sich niemals zum Elitesport entwickeln, seine globale Popularität soll weiter ansteigen. Doch nur aus Liebe zu diesem Sport und nicht durch eine elitäre Preispolitik. Da ich selbst in einem Klub tätig bin (Olympiakos Piräus, d. Red.), weiß ich, dass eine Rasenerneuerung Geld kostet, dass man ständig sein Stadion renovieren oder modernisieren muss und dass diese Investitionen kostspielig sind. Doch die Ticketpreise zu erhöhen, ist die falsche Lösung des Problems.

Auch die Einführung von neuen Regeln kann Probleme schaffen. Der Videobeweis ist ein aktuelles Beispiel dafür. Neue Regeln brauchen halt etwas Zeit, damit jeder sich mit ihnen auseinandersetzen kann, um deren Sinn zu verstehen. Erst dann werden Änderungen akzeptiert sein und den Sport voranbringen. Daneben sollte unser Sport unbedingt auch sauber bleiben und menschliche Irrtümer sollten im Allgemeinen nicht überbewertet werden.

FIFA Präsident Infantino möchte die Ablösesummen sowie die Spielergehälter begrenzen. Wie stehen Sie zu dieser Idee?

Ruud Gullit: Ich muss die genauen Pläne dieser Idee zuerst gelesen haben, um eine Aussage zu machen. Dies habe ich allerdings noch nicht getan. Ein ähnliches Modell besteht schon in der NBA, die wiederum eine amerikanische Liga ist. Inwiefern dieses amerikanische Modell Ansätze bieten kann unseren Sport weiterhin populär, groß und mit finanziellem Fairplay zu gestalten, muss zuerst analysiert werden. Aus solchen Überlegungen müsste ein zusätzlicher Schutz unseres Sports entstehen. Es darf jedoch keinesfalls eine Schwächung daraus entstehen.

Christian Karembeu: Diese Idee wurde schon in der NFL sowie in der NBA umgesetzt und diese amerikanischen Modelle sehen auch Ausnahmen für außergewöhnliche Talente vor. Es handelt sich dabei jedoch um geschlossene Ligen, wogegen unsere Fußball-Ligen offen sind. Aus diesem Grund müssen die Vereine genauso wie die EU in dieser Frage mitdiskutieren. Es handelt sich eben auch um einen länderübergreifenden Beruf. Die Diskussion muss also auf dieser Ebene geführt werden.

Sollten Vereine, die eine gute Jugendausbildungsarbeit leisten, von der UEFA nicht stärker geschützt werden als bis jetzt?

Ruud Gullit: Ich kenne dieses Problem besonders gut aus meinem eigenen Land. Mit 17 Jahren kaufen große ausländische Vereine unsere Talente, doch diese spielen im neuen Verein während der folgenden vier Jahre tatsächlich nur sehr selten. So vergeudet man Talente. Man sollte eine Regel einführen, dass junge Talente zuerst im eigenen Land einige Zeit spielen sollten. Dies würde ihnen Zeit geben, heranzureifen und besser zu werden. Erst dann sollen große Vereine sie kaufen können.

Kann im Teqball ein Mädchen einen Jungen schlagen, kann ein 50-Jähriger gegen einen 18-Jährigen gewinnen?

William Gallas: Absolut. Es geht bei diesem Sport um Taktik und darum, herauszufinden, wo die Schwächen des Gegners liegen. Diese muss man ausnutzen. Ein erfahrenerer Spieler kann das vielleicht besser. Man kann mit diesem Tisch auch gegen die Wand in der eigenen Garage üben, so kann jeder seine Schwächen gezielt ausmerzen. Es handelt sich um eine sehr demokratische Sportart, die den Rang einer olympischen Sportart verdient.

Christian Karembeu: Ja, ein Mädchen könnte einen Jungen schlagen, es ist eine Sportart, die sich an alle Menschen richtet. Es entspricht der „Equal Game Initiative“ der UEFA, die den Frauensport gleichberechtigt zum Männersport einstuft. Falls das Mädchen sich mit der Beschaffenheit des Tisches tiefgründig auseinandersetzt, falls es seine Technik perfektioniert und den Gegner taktisch gut analysiert, dann kann es sehr wohl gegen einen Jungen gewinnen.

Christian Schaack