FußballfilmRegisseur Jérôme Weber über seine F91-Doku: „Der Film und seine Pointe kamen gut an“

Fußballfilm / Regisseur Jérôme Weber über seine F91-Doku: „Der Film und seine Pointe kamen gut an“
In Jérôme Webers Dokumentation über das zweite Herbstmärchen des amtierenden Meisters kommen u.a. Jonathan Joubert (M./oben) und Tom Schnell (r./oben) zu Wort Cover: Jérôme Weber

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Die Europa-League-Erinnerungen sollen weiterleben – oder wie es F91-Präsident Romain Schumacher beschrieb: „Etwas für unsere Enkelkinder“. Am Montag wurde der Film „The European Dream 2.0“ von Regisseur Jérôme Weber in Düdelingen vorgestellt. Drohne, Rasen und UEFA-Regularien: Im Interview mit dem Tageblatt kam der Luxemburger auf die vergangenen vier Monate seiner Arbeit zurück. 

Tageblatt: Die schwerste Frage zuerst: 75 Minuten dauert Ihre Dokumentation über die zweite Europa-League-Teilnahme des F91 Düdelingen. Was wollten Sie dem Zuschauer in dieser Zeit vermitteln?

Jérôme Weber: Mein Ziel war es, die Menschen in den Vordergrund zu stellen, die das Ganze organisiert und gestemmt haben. Ob Théo Fellerich (Ehrenpräsident) oder Manou Goergen (Vorstandsmitglied), sie alle haben sich als Freiwillige in den Dienst des Klubs gestellt und wurden für den Einsatz belohnt. Das ist auch die „Message“ für Zuschauer, die nicht unbedingt fußballinteressiert sind. 

Wie lauteten denn die Vorgaben des Auftraggebers F91?

Es gab keine. Ich hatte freie Hand. Es hieß bloß, dass es sich um etwa 50 Minuten handeln sollte. Nun sind es ja ein paar mehr geworden. 

Sie sind ja eigentlich Drehbuchautor und Regisseur. Diesmal war der Ablauf nicht vorhersehbar. Wie sind Sie mit der Situation umgegangen?

Das war für mich eine neue Erfahrung, jedenfalls in dieser Größenordnung. Man weiß zu keinem Moment, was einen erwartet. Wie hell ist es im Stadion? Es bleibt keine Zeit, auf die richtige Beleuchtung zu warten. Da nimmt man seine Kamera auf die Schulter und filmt einfach drauf los. Ich kann schlecht vom Trainer verlangen, dass er seine Ansprache in der Halbzeitpause wiederholt, da ich keine optimale Einstellung hatte. Hinzu kommen diese unerwarteten Zwischenfälle wie die Verletzung von Torwart Jonathan Joubert in Sevilla. Da habe ich dann mitgefilmt, als man ihm eine Spritze in den Fuß verpasst hat. Man muss improvisieren und kurzfristige Entscheidungen treffen. 

Wie viele Personen waren insgesamt an der Fertigstellung des Films beteiligt?

Das ganze Material habe ich selbst gefilmt. Der ursprüngliche Plan war es, dass ich die Montage selbst übernehmen würde, aber nach dieser Kampagne war das nicht möglich. Ich war emotional zu nah am Geschehen dran gewesen. Daniel Di Vincenzo hat das Ganze in drei Wochen zusammengeschnitten. Normalerweise nimmt so eine Arbeit mehrere Monate in Anspruch. Drei weitere Personen kümmerten sich um das „Colour grading“ (die richtigen Farben) und den Sound.

Regisseur Jérôme Weber
Regisseur Jérôme Weber Foto: privat

Bei der Vorpremiere hat Vereinspräsident Romain Schumacher verraten, dass der Kontakt über Manou Goergen zustande kam. Wie lief das ab?

Ich selbst hatte bereits mit Théo Fellerich Kontakt aufgenommen, da ich die Idee hatte, eine Spielerpräsentation zu machen (zu finden auf www.f91.lu). Daraufhin kamen weitere Gespräche zustande. Ich bin in einer sportbegeisterten Familie aufgewachsen und schaue mir regelmäßig Spiele an. Ich hatte also ein wenig Ahnung, wie es abläuft. Letztes Jahr habe ich bereits eine Dokumentation über Basketballspieler Nelly Stephens gedreht. Diese Erfahrung hat mir geholfen, mich zu beweisen.

Jetzt dürfen Sie es ja verraten … Für welchen Fußballverein schlägt denn Ihr Herz?

Ich interessiere mich eher für ausländischen Fußball. Der F91 ist mir trotzdem sehr ans Herz gewachsen. Ich wurde sehr herzlich aufgenommen und durfte überall zusehen oder die Vereinsverantwortlichen zu den offiziellen Essen begleiten. Es entstand gleich ein kollegiales Gefühl. Düdelingen genießt ja nicht immer den besten Ruf, allerdings habe ich mich vom ersten Moment an gefühlt, als wäre ich bereits 20 Jahre dabei. Das hat dazu beigetragen, dass das Projekt besser geworden ist. 

Wie schwer war es, das ganze Material zu einem einzelnen Film zusammenzusetzen?

Im Vorfeld konnte es ja keinen konkreten Plan geben, in welche Richtung es gehen würde. Aber das Angebot an Highlights war riesig … und dankbar. Leider war ich in Nikosia zwar nicht dabei, doch es ging halt gleich mit dem ersten Sieg einen Luxemburger Mannschaft los. Danach kamen die Drohne im Stade Josy Barthel und die Atmosphäre in Sevilla. Im Heimspiel war es dann sozusagen wieder etwas normaler, ehe der Rasen des Stadions zum Thema wurde. Zum Abschluss kam dann noch einmal eine Reise in ein exotisches Land. Nichtsdestotrotz sollte der Schlüsselpunkt sich um die freiwilligen Helfer drehen, weshalb das Ende mit Théo Fellerich sehr emotional geworden ist. 

Nicht gern gesehen waren die Liveaufnahmen in den Straßen Aserbaidschans
Nicht gern gesehen waren die Liveaufnahmen in den Straßen Aserbaidschans Foto: Jérôme Weber

Als Interviewpartner kamen neben den Spielern Tom Schnell und Jonathan Joubert ebenfalls Trainer Bertrand Crasson, mehrere Vorstandsmitglieder, Sportminister Dan Kersch, Bürgermeister Dan Biancalana und RTL-Journalist Jeff Kettenmeyer zu Wort. Warum fiel die Wahl auf diese Personen?

Ich habe mich mit Manou Goergen kurzgeschlossen, hatte aber auch in dieser Hinsicht keine Vorgaben. Ich hätte gerne noch ein paar weitere Interviews geführt, doch dafür reichte die Zeit dann nicht. Tom Schnell und Jonathan Joubert repräsentieren die Mannschaft am besten. Ich hätte gerne noch mit Danel Sinani gesprochen, allerdings war er verreist. Die Gespräche wurden alle erst nach dem letzten Gruppenspiel geführt, denn bis nach dem Nikosia-Heimspiel war sportlich gesehen ein Weiterkommen noch möglich. Bertrand Crasson habe ich einem Hotel in Brüssel besucht, alle anderen Interviews fanden in Düdelingen und Luxemburg statt. 

Als BGL-Ligue-Spieler ist man es nicht unbedingt gewohnt, stets von einer Kamera begleitet zu werden. Wie haben die Sportler Ihre Präsenz wahrgenommen?

Sie hatten damit absolut keine Probleme. Ich war vor den Begegnungen, in der Pause und danach in den Umkleidekabinen dabei und habe mich im Hintergrund aufgehalten. Das Bildmaterial von den Trainingseinheiten habe ich nicht einmal genutzt, da der Film sonst zu lang geworden wäre. Während der gesamten Kampagne hat mich niemand aufgehalten oder weggeschickt. Natürlich habe ich auch gemerkt, wenn der Zeitpunkt kam, mich zurückzuziehen. 

Diese Aufnahmen aus den Kabinen sind für den normalen Fan etwas Neues. Wie wichtig war es, diese Momente zu zeigen?

Extrem wichtig. Das war eine meiner Bitten an den Verein, damit der Film eine Art Mehrwert hat. Alles kann und sollte man dann auch nicht verraten, damit die Spannung aufrechterhalten wird.

Warum haben Sie sich für diesen linearen Aufbau – sprich ein Spiel nach dem anderen – entschieden?

Der „leichteste Weg“ ist so eine Sache … Es birgt nämlich die Gefahr, dass es langweilig wird. Ich habe in diesem Fall aber keine andere Lösung gesehen. Der Fortschritt in der Geschichte ist anders nicht darzustellen gewesen. Deshalb war schnell klar, wie der Aufbau aussehen sollte. Viel Kopfzerbrechen haben dagegen die einzelnen Sequenzen bereitet: Wann welche Szene in Zeitlupe abgespielt werden würde, wann der Originalton zu hören sein sollte usw. Dank dieser Variationen bleibt ein Turnus bestehen. 

Sie haben den Verein über drei Monate auf Schritt und Tritt begleitet. Welcher Moment bleibt Ihnen besonders im Gedächtnis?

Die Eindrücke aus dem Stadion in Sevilla. Als die 30.000 Menschen zu sangen begonnen haben, durfte ich neben der Bank stehen. Dabei war es gar nicht so eingeplant gewesen. Im Vorfeld wurden die Fotografen beim UEFA-Meeting ganz genau gebrieft. Mir hat man aufgrund der TV-Rechte detailliert erklärt, was ich filmen dürfte und was nicht. Unmittelbar bevor es dann losging, kam einer der UEFA-Delegierten zu mir und hat mich quasi an die Hand genommen. Dank dieser Person durfte ich dann die beeindruckten Blicke der F91-Bank filmen, was sonst unmöglich gewesen wäre.

Unmittelbar bevor es dann losging, kam einer der UEFA-Delegierten zu mir und hat mich quasi an die Hand genommen.

Jérôme Weber, Regisseur

Hat man Sie denn irgendwie bei der Arbeit gestört?

So direkt nicht. In Baku habe ich allerdings nach wenigen Minuten gemerkt, wie strikt es auch außerhalb des Stadions zugehen kann. Eine Polizeipatrouille hat mich in der Stadt angesprochen und mich daraufhin aufgefordert, meine Kamera einzupacken. In Sevilla war das den Passanten beispielsweise komplett egal, da hat niemand reagiert.

Dies ist der Moment, der dem Regisseur besonders in Erinnerung geblieben ist: Trainer Bertrand Crasson ist beeindruckt vom Sevilla-Stadion
Dies ist der Moment, der dem Regisseur besonders in Erinnerung geblieben ist: Trainer Bertrand Crasson ist beeindruckt vom Sevilla-Stadion Filmausschnitt: Jérôme Weber

Wie hat das Publikum nach der Vorpremiere reagiert?

Das Feedback war nur positiv. Ob jetzt alle ehrlich waren, kann ich nicht so genau sagen (lacht). Was mich besonders freut, ist, dass meine Botschaft verstanden wurde. Es sind sehr breit gefächerte 75 Minuten, mit vielen Themen. Aber der Film und seine Pointe kamen gut an. Die Entscheidung, mit dem Rückblick auf die erste Europa-League-Teilnahme zu beginnen, wurde deshalb so getroffen, damit der Zuschauer gleich voll mitgehen kann und die Gänsehautmomente noch einmal erlebt. Dann folgt gleich der Sieg in Nikosia. Danach konnte dann wieder etwas Luft rausgenommen werden und die ersten Interviewpartner werden vorgestellt. Zudem sind die Bilder aus dem Stade Josy Barthel möglicherweise gleich geschichtsträchtig, wenn das Stadion abgerissen werden wird.

The European Dream 2.0

In den nächsten Wochen soll das Werk von Jérôme Weber bei RTL Telé Lëtzebuerg zu sehen sein. Danach wird der Film auf DVD erscheinen. Ein Datum oder die Stückzahl sind noch nicht bekannt.