KommentarSchrassig setzt mit Tattoo-Studio ein Ausrufezeichen

Kommentar / Schrassig setzt mit Tattoo-Studio ein Ausrufezeichen
Tätowierungen haben eine lange Tradition, nicht nur in Gefängnissen. Zu glauben, Insassen würden aus Gesundheitsgründen auf ein Motiv verzichten, wäre naiv.  Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Das Gefängnis in Schrassig hat Anfang 2017 das weltweit erste Tattoo-Studio hinter Gittern ins Leben gerufen. Und warum nicht? Die Idee ist so einfach, dass man sich fast mit der flachen Hand auf die Stirn schlagen könnte. Eigentlich liegt es auf der Hand: Tattoos haben eine lange Tradition in Haftanstalten. Die Motive stehen für Verbrechen, Gangzugehörigkeiten oder andere Begebenheiten in der Vergangenheit. Sie sind eine Art nonverbale Kommunikation unter Gefangenen.

Auch wenn Tattoos als Statussymbole für eigene Verbrecherkarrieren in Europa etwas an Bedeutung verloren haben, so sind sie für viele Häftlinge – wie für Menschen außerhalb der Gefängnismauern – eine wichtige emotionale Stütze. Jedes Motiv hat eine Bedeutung für seinen Besitzer und es wäre naiv, zu denken, Häftlinge würden sich von möglichen Gesundheitsrisiken davon abbringen lassen.

So verhält es sich auch mit Drogen. Sie sind zwar verboten im Gefängnis, doch irgendwie schaffen es die Insassen trotzdem, da ranzukommen. Als unverantwortliche Gefängnisverwaltung könnte man nun das Problem ignorieren. Nach dem Motto: Drogen, Tattoos und Geschlechtsverkehr unter Gefangenen sind tabu, also gibt es sie in unserem Gefängnis nicht. Schließlich käme alles andere ja auch einem Eingeständnis gleich, dass man die Gefangenen nicht im Griff hat.

Luxemburg geht in dieser Hinsicht jedoch mit gutem Beispiel voran. Die Verantwortlichen in Schrassig wissen, dass sie das Problem mit Verboten nicht aus der Welt schaffen können. Auch haben sie eingesehen, dass sich die Gefangenen mitunter gemeingefährliche Alternativen einfallen lassen. Menschlich gesehen ist es somit die einzig richtige Entscheidung, die Betroffenen nicht nur aufzuklären, sondern auch, so weit es geht, zu schützen. Und das erreicht man nicht durch Einzelhaft, sondern durch eine Kondomausgabe, den Spritzentausch und ein Tattoo-Studio, in dem sich die Häftlinge in einem hygienisch einwandfreien Raum mit sauberem Material tätowieren lassen können.

Dass sogar Initiativen wie die Ausgabe von Kondomen in anderen europäischen Gefängnissen bei weitem nicht die Regel sind, zeigt, dass Luxemburg in dieser Hinsicht tatsächlich neue Akzente setzt. Die Realität ist: Insassen finden immer einen Weg. Und wenn das menschliche Argument nicht hilft, dann sicher das finanzielle: Eine Hepatitis-Behandlung für einen Patienten kostet mindestens 40.000 Euro. Das Tattoo-Programm hat in den letzten drei Jahren nur 6.000 Euro verschlungen. Entgeht nur ein Patient dadurch einer Erkrankung, hat sich das Programm auf Jahre hinaus gelohnt. Und das nicht nur finanziell.

Grénge Poli
6. Februar 2020 - 15.25

Quod licet Iovi, non licet bovi!!

Jacques Zeyen
6. Februar 2020 - 10.32

@arendt dat nennt een "liberté d'expression".Déi reklaméieren d'Journalisten just fir séch.

arendt
5. Februar 2020 - 17.51

Ech gesinn en tätowéierte Redakter huet all d'Kritike geläscht, Chapeau!

J.Scholer
5. Februar 2020 - 16.52

Mit gutem Beispiel vorangehen wäre endlich den Strafvollzug nach nordischen Muster zu reformieren und offene Strukturen mit Wohngruppen , Arbeitsplätzen, Schule,....einzuführen. Sogar unsere belgischen Nachbarn haben solch eine moderne Struktur geschafft, auch um den immer älter werdenden Verurteilten gerecht zu werden. Dieser „ Seniorenknast“ ist behindertengerecht eingerichtet und funktioniert nach modernsten Erkenntnissen, sogar Tiere sind erlaubt. Vor Wochen hat ein französischer Fernsehsender über dieses Thema berichtet, wobei klar hervorging:“ Mat d‘Stroof an Abschreckung resozialiséiert een keen, Réckfäell gin et emmer, awer vill manner. „

Christophe Cherel
5. Februar 2020 - 11.43

wow! cool initiativen! och mat de Spretzen. deck progressiv! respekt.