ArbeitskampfInternational School of Luxembourg: Verhandlungen um neuen Kollektivvertrag drohen zu scheitern

Arbeitskampf / International School of Luxembourg: Verhandlungen um neuen Kollektivvertrag drohen zu scheitern
Am Montagmorgen veranstalteten Personaldelegation und Gewerkschaften vor der „International School of Luxembourg“ ein gemeinsames „Walk-in“, um gegen die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen zu protestieren Foto: Editpress/François Aussems

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Seit 18 Monaten ringen die Personalabteilung und die Personalvertretung der International School of Luxembourg um die Vereinbarung eines neuen Kollektivvertrags. Die Leitung der englischsprachigen Privatschule hat inzwischen das Schlichtungsamt angerufen. Personaldelegation und Gewerkschaften sind bereit, bis aufs Äußerste zu gehen. Am Montagmorgen veranstalteten sie vor der Schule ein gemeinsames „Walk-in“, um ein erstes Zeichen zu setzen und gegen die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen zu protestieren.

Die Personalvertretung und die Gewerkschaften OGBL und LCGB hatten Ende August 2018 eine zweiprozentige Lohnerhöhung für die Lehrer gefordert. Die Schulleitung und der Verwaltungsrat der International School of Luxembourg hatten diese Forderung jedoch abgelehnt. Stattdessen schlug die Personalabteilung („Human resources committee“ – HRC) neben der aktuellen Laufbahn eine zweite Lohntabelle für zukünftige Lehrer vor. Dieses neue Tarifsystem soll die ersten Jahre der Laufbahn aufwerten, um „Talente“ anzuziehen, die das Lehrerteam verstärken sollen, ließ die Schulleitung Mitte Dezember 2019 über eine Kommunikationsagentur mitteilen.

„Bei der neuen Lohntabelle sind die Anfangsgehälter zwar höher, doch in der Mitte sinkt die Laufbahn ab und am Ende zieht sie sich länger hin, sodass man mit der neuen Lohntabelle in 30 Jahren insgesamt weniger Lohn erhält als mit der aktuellen in 24 Jahren“, bemängelt die Verhandlungsführerin der Arbeitnehmerseite, Danièle Nieles, OGBL-Zentralsekretärin des Syndikats Erziehung und Wissenschaft (SEW). Das Personal habe sich gegen eine zweite Laufbahn ausgesprochen, weil es nicht akzeptieren wolle, dass neue Lehrer, die die gleiche Arbeit verrichten wie die anderen, künftig schlechter bezahlt werden. Diesen Ausdruck der Solidarität rechne sie dem Personal der ISL hoch an, betont Nieles.

Weniger Lohn in der Mitte der Tabelle

Nachdem die Personaldelegation den Vorschlag einer zweiten Laufbahn abgelehnt hatte, habe das HRC ein neues Angebot mit nur einer Lohntabelle vorgelegt. Dieses Tarifsystem sei aber lediglich eine „verkleidete“ Version der zuvor vorgeschlagenen zweiten Lohntabelle gewesen, sagt die OGBL-Zentralsekretärin. In der Mitte der Tabelle (Grad 12 bis 24) sollten die Arbeitnehmer weniger Lohn erhalten.

Im Gegenzug sollten die Leute, die jetzt schon dort arbeiten, eine Entschädigung bekommen. Allerdings sollte diese Entschädigung entfallen, sobald die Löhne infolge einer Indextranche über die in der Lohntabelle vorgesehenen Beträge hinausgehen, erklärt Danièle Nieles. Mit diesem Vorschlag konnten die Gewerkschaften natürlich nicht einverstanden sein und wiesen ihn am 13. Dezember 2019 zurück.

Zwei Drittel des Personals für weitere Schritte bereit

Dem Wunsch der Personalvertreter nach einem neuen Angebot kam die Leitung der ISL nicht nach. Stattdessen rief sie das nationale Schlichtungsamt an. Die Gewerkschaften und die Personalvertretung hoffen aber, dass es noch zu einer Einigung kommen wird. „Wir warten darauf, dass die Leitung uns einen neuen Vorschlag macht, bei dem niemand benachteiligt wird– weder die aktuellen noch die zukünftigen Lehrer – und dass sie ihre anderen Zugeständnisse einhält, auch ohne die Bedingung, dass wir die neue Lohntabelle akzeptieren.“ Wenn dies nicht eintrete, werde man sich vor dem Schlichtungsamt wiedersehen, so Nieles.

Derweil haben Personal und Gewerkschaften vergangene Woche mit gemeinsamen „Walk-ins“ und „Walk-outs“ begonnen. Am gestrigen Montagmorgen hatten sie die Presse eingeladen, um ihren Protest öffentlich zu machen. Diese Solidaritätsbekundungen sollen in den kommenden Wochen fortgesetzt werden. Die Gewerkschaften seien jedenfalls vorbereitet. In einer Umfrage beim Personal der ISL haben sich 63,5 Prozent der Angestellten für die Schlichtung und weitere eventuelle Konsequenzen ausgesprochen. „Eine Schule, in der zwei Drittel der Lehrer streiken, kann nicht mehr funktionieren“, betont Danièle Nieles.

Lehrergehälter unter denen in öffentlichen Schulen

Die „International School of Luxembourg“ wurde 1963 unter dem Namen „DuPont de Nemours Private School“ gegründet. 1969 wurde sie von Goodyear übernommen. Drei Jahre später wurde sie in „American School of Luxembourg“ umbenannt. Mit dem fortschreitenden Ausbau des Banken- und Finanzplatzes empfing die Privatschule immer mehr Schüler und wechselte mehrmals den Standort, bis sie 1999 das aktuelle Gebäude am „Campus Geesseknäppchen“ bezog und in „International School of Luxembourg“ umbenannt wurde. Im vergangenen Jahr finanzierte sich die ISL eigenen Angaben zufolge zu zwei Dritteln aus Schulgeldern und zu einem Drittel aus staatlichen Zuschüssen. Laut ISL-Personal liegen die Lehrergehälter in der Privatschule unter denen in öffentlichen Schulen.

Im Dezember 2019 wurde der Patronatsvertreter Nicolas Henckes zum Verwaltungsratsvorsitzenden der ISL ernannt. Henckes ist Direktor des luxemburgischen Handelsverbands CLC und Mitglied des Exekutivkomitees des Dachverbands der Unternehmer UEL. Seit den Sozialwahlen 2019 hält der OGBL mit vier Vertretern die Mehrheit in der Personaldelegation der ISL. Die beiden anderen Vertreter stellt der LCGB.