PorträtEugène Berger: Bergsteiger, Staatssekretär, Fraktionspräsident

Porträt / Eugène Berger: Bergsteiger, Staatssekretär, Fraktionspräsident
Eugène Berger im April 2018 auf dem Nationalkongress der Demokratischen Partei, der er 1993 beitrat Foto: Editpress/Isabella Finzi

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Am Dienstag verstarb der Abgeordnete und frühere Hochbergsteiger Eugène Berger im Alter von 59 Jahren. In Erinnerung bleibt er wohl vor allem als erster Luxemburger, der den Mount Everest bezwungen hat. Doch auch in seiner politischen Karriere konnte der ehemalige Staatssekretär im Umweltministerium und langjährige DP-Fraktionsvorsitzende Akzente setzen.

Am 1. Oktober 1992 gelang Eugène Berger im Alleingang der Aufstieg zum Gipfel des Mount Everest. Bereits im 6. Schuljahr hatte er seine Leidenschaft für das Bergsteigen entdeckt. Sein Lehrer Albert Goergen, selbst begeisterter Bergwanderer, hatte ihn für diese Sportart gewinnen können. Im Alter von zwölf Jahren schloss Eugène Berger sich einer Gruppe Erwachsener an, die ihn auf ihre Wandertouren ins Müllerthal mitnahm. Neben den sportlichen Aktivitäten hätten diese Leute auch seine politischen Einstellungen beeinflusst, erzählte Berger 1994 in einem Interview mit der Zeitschrift Forum. Schon damals habe er davon geträumt, einmal den Mount Everest zu bezwingen. Mit 15 Jahren stieg er mit seinem Lehrer auf den Mont Blanc. Ein Jahr später besuchte er im französischen Chamonix ein Lager für junge Bergsteiger, wo er Kollegen für gemeinsame Touren fand.

1980 begann Eugène Berger als Lehrbeauftragter in der Primärschule zu arbeiten. Nach einem zweijährigen Abstecher in einer staatlichen Verwaltung nahm er 1985 eine Ausbildung zum Grundschullehrer auf, die er drei Jahre später abschloss. In dieser Zeit reifte in ihm der Wunsch, Höhenbergsteiger zu werden.

Als Held gefeiert

Mit dem Nanga Parbat bezwang er seinen ersten 8.000er, danach bestieg er den Gasherbrum II. Mitte der 1980er fühlte er sich bereit, den Mount Everest in Angriff zu nehmen und suchte nach einem Team und Sponsoren. Ein erster Versuch scheiterte an den Wetterbedingungen. Der Rest ist Geschichte. Im Alter von 31 Jahren hatte Eugène Berger als erster Luxemburger den Mount Everest erklommen. Noch im selben Jahr verlieh ihm die Sportpresse in seinem Heimatland die Auszeichnung „Sportler des Jahres“. 1993 veröffentliche er ein Buch über seine Expedition. „Ganz oben“ lautete der Titel. In Luxemburg wurde Berger damals als Held gefeiert.

Eugène Berger am 1. Oktober 1992 bei seiner Besteigung des Mount Everest
Eugène Berger am 1. Oktober 1992 bei seiner Besteigung des Mount Everest Foto: Privat

1993 begann auch sein politischer Aufstieg. Berger wurde Mitglied der Demokratischen Partei. Ein Jahr später kandidierte er auf der Südliste der DP für die Parlamentswahlen und schaffte auf Anhieb den Sprung in die Abgeordnetenkammer. Die DP konnte im Süden einen Sitz dazugewinnen. Berger belegte hinter Henri Grethen und John Schummer Platz drei. Kurze Zeit später wurde er Mitglied des Direktionskomitees der Demokratischen Partei. Schon früh setzte sich der Abgeordnete Berger für einen Deontologiekodex im Parlament, für die Trennung von Kirche und Staat und für die Jugend ein. Als ausgebildeter Grundschullehrer war er aber besonders im Bereich der Bildungspolitik aktiv.

Bei den Parlamentswahlen 1999 schaffte Eugène Berger die Wiederwahl. Die DP konnte im Süden einen weiteren Sitz gewinnen. Berger bekam rund 4.000 Stimmen mehr als 1994 und konnte sich vor John Schummer platzieren. Nur Henri Grethen lag noch deutlich vor ihm. Die DP bildete mit der CSV eine Regierung. Berger wollte Staatssekretär im Bildungsministerium werden, doch die zuständige Ministerin Anne Brasseur lehnte ab. Trotzdem schaffte es Berger in die Regierung. Unter Charles Goerens wurde er Staatssekretär im Umweltministerium. Dort war er an der Ausarbeitung von Luxemburgs erstem Klimaschutzplan zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen beteiligt, der im Mai 2000 vorgestellt und 2004 umgesetzt wurde. Mit großherzoglichen Reglements über umweltfreundliche Stromproduktion und Stromsparen leitete er erste Schritte zur Energiewende ein. Auch an der Ausarbeitung des Naturschutzgesetzes von Januar 2004 war er maßgeblich beteiligt. Zu kämpfen hatte Berger damals vor allem mit den Umweltorganisationen „Mouvement écologique“ und „Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga“. Konkret ging es um Baugenehmigungen, die der Staatssekretär für Grundstücke in der Nähe von Grünzonen und Naturschutzgebieten ausgestellt hatte. Gemeinsam mit Wirtschaftsminister Henri Grethen wurde Berger von der Umweltorganisation Greenpeace für den Bau des Gas-Dampfturbinenkraftwerks an der Ehleringer Schlackenhalde kritisiert.

Erster Rückschlag

2004 war Eugène Bergers Karriere erst einmal beendet. Vermutlich lag es weniger an ihm selbst als an seiner Partei, die schwere Verluste hinnehmen musste und insgesamt fünf Sitze verlor, alleine zwei davon im Süden. Der damalige Differdinger Bürgermeister Claude Meisch hatte sich hinter Henri Grethen zum neuen Hoffnungsträger der Liberalen im Süden gemausert und verwies Berger auf den undankbaren dritten Platz. Damit verfehlte der frühere Bergsteiger den Einzug ins Parlament. Auch bei den Gemeindewahlen 2005 blieb Berger glücklos. Den einzigen Sitz der DP im Gemeinderat Roeser musste er Camille Schleck überlassen, der sich nur knapp vor ihm platzieren konnte.

Schon Ende 2007 gewann Bergers politische Karriere aber wieder an Fahrt. Am 20. Dezember ersetzte er im Parlament Henri Grethen, der an den Europäischen Rechnungshof wechselte. Bei den Legislativwahlen 2009 verlor die DP zwar einen weiteren Sitz, konnte ihre zwei Mandate im Süden aber behalten. In Abwesenheit von  Grethen belegte Berger hinter Claude Meisch den zweiten Platz und schaffte diesmal wieder den direkten Einzug in die Abgeordnetenkammer. Zwei Jahre später konnte er bei den Gemeindewahlen einen weiteren Erfolg erzielen, als er in Roeser den ersten Platz auf der DP-Liste erreichte und zusammen mit Sandra Flammang in den Gemeinderat kam.

Im Parlament schärfte Berger in den Folgejahren sein Profil als Oppositionspolitiker. Insbesondere in seinen Spezialdisziplinen Bildung und Umwelt ging er mit der damaligen CSV-LSAP-Regierung hart ins Gericht. An der Grundschulreform der sozialistischen Bildungsministerin Mady Delvaux-Stehres übte Berger als Mitglied der parlamentarischen Unterrichtskommission harsche Kritik.

Fraktion statt Regierung

Bei den vorgezogenen Neuwahlen von 2013 konnte die DP wieder zulegen. Insgesamt verbesserte sie sich von 9 auf 13 Sitze, auch im Süden gewann sie ein Mandat. Berger konnte sein persönliches Resultat um rund 4.000 Stimmen verbessern, blieb aber, wie bereits 2009, weit hinter Claude Meisch zurück. Bei der blau-rot-grünen Regierungsbildung spielte der frühere Staatssekretär keine Rolle. Sein parteiinterner Widersacher Meisch beanspruchte das Bildungsressort für sich, das Umweltministerium ging an die Grünen. Damit waren Bergers Kernkompetenzen abgedeckt. Statt eines Ministeramts bot die Partei ihm den Posten des Fraktionsvorsitzenden im Parlament an. In den Folgejahren konnte er sein Ansehen in der Abgeordnetenkammer als Haushaltsberichterstatter und Mitglied des Büros festigen.

Als Fraktionspräsident stand Berger jedoch weit weniger in der Öffentlichkeit als die Minister Pierre Gramegna und Claude Meisch. 2017 wurde er zwar erneut in den Roeser Gemeinderat gewählt, doch bei den Parlamentswahlen 2018 verfehlte er den direkten Einzug ins Parlament. Auf der DP-Liste im Südbezirk belegte er hinter Gramegna, Meisch und Max Hahn nur den vierten Platz. Weil die Dreierkoalition aber fortgesetzt wurde, konnte er für Gramegna in die Abgeordnetenkammer nachrücken und behielt den Vorsitz in der DP-Fraktion.

Mitte vergangener Woche wurde Eugène Berger nach einem Suizidversuch auf die Intensivstation eines Krankenhauses eingeliefert, wie am vergangenen Freitag bekannt wurde. Am Dienstag (21.1.2020) verstarb er im Alter von 59 Jahren. Das Parlament unterbrach seine öffentliche Sitzung, nachdem die Nachricht von Bergers Tod bekannt geworden war. Die Abgeordneten legten eine Schweigeminute ein. Anschließend löste Kammerpräsident Fernand Etgen die Sitzung auf. Der Escher Schöffe Pim Knaff wird voraussichtlich für Berger ins Parlament nachrücken.
Eugène Berger hinterlässt eine Tochter und einen Sohn.

Nathalie
22. Januar 2020 - 12.44

Am vergangenen Freitag war Eugène Berger nach einem Suizidversuch auf die Intensivstation eines Krankenhauses eingeliefert worden ?Daat ass traureg awer daat geet keen eppes un an huet Net an der Zeitung ze stoen?