VeruntreuungAudit enthüllt Schwachstellen in der Buchhaltung der Gemeinde Hesperingen

Veruntreuung / Audit enthüllt Schwachstellen in der Buchhaltung der Gemeinde Hesperingen
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Infolge interner Veruntreuungsfälle hatte der Schöffenrat ein Audit in Auftrag gegeben. Am Montag haben Vertreter der Firma PricewaterhouseCoopers (PwC) dem Gemeinderat das Ergebnis ihrer Arbeit vorgestellt. Schwachstellen im System hatten den Beamten ihre Betrügereien erleichtert.

„Das ist skandalös“, rief Bürgermeister Marc Lies. „Was Sie dort sagen, ist ein Generalverdacht gegenüber allen Angestellten dieser Gemeinde.“ Lies’ Nerven lagen offensichtlich blank. Sein empörter Ausruf galt nicht den anwesenden Vertretern von PwC, sondern der Bemerkung von Marie-Lynn Keller („déi gréng“), die sich ihrerseits schockiert über das zeigte, was sie eben gehört hatte. Man habe ein Audit in Auftrag gegeben, um zu erfahren, wie ein solcher Betrug in Zukunft verhindert werden könne, und nun sehe man die „face cachée“ des gesamten Systems, das offensichtlich viele Schwachstellen habe. 

Im vergangenen Juni war aufgeflogen, dass zwei Gemeindebeamte während 20 Jahren öffentliche Gelder veruntreut hatten. Lies will keine genauen Summen nennen, doch die Opposition spricht von 3 Millionen Euro. Nach einigem Zögern hatte der Schöffenrat der Forderung der Opposition nach einem externen Audit zugestimmt. Die damit beauftragte Firma PwC stellte am Montag das Ergebnis ihrer Arbeit dem Gemeinderat vor und gab Ratschläge, wie das Risiko von Veruntreuung minimiert werden könne.

Mehrere Anomalien

Die Methoden, die die Beschuldigten anwandten, waren falsche Buchungen und das Erstellen von fiktiven Zulieferern. Eine häufig benutzte Betrügermasche, auf die auch hier zurückgegriffen wurde, sei die Ausstellung von wichtigen Rechnungen, die dringend bezahlt werden müssten, erklärte einer der PwC-Mitarbeiter.

Auch bei den Buchungsvorgängen konnten die Firmenvertreter einige Anomalien feststellen. So konnten Zulieferer Bestellformulare mehrfach nutzen, ohne dass es auffiel; Alarmsignale des Buchungssystems können ignoriert werden, ohne dass es dokumentiert wird; mehrere Nutzer besaßen Rechte, die sie nicht haben sollten, und konnten Änderungen an Stellen vornehmen, wo sie eigentlich nicht durften.

Verbesserungsvorschläge

PwC gab den Gemeindeverantwortlichen einige Ratschläge mit auf den Weg, wie die Kontrollmechanismen verbessert werden können. Erstens sollen die existierenden Zulieferer kontrolliert werden. Wird die Kontonummer eines Zulieferers geändert, soll diese Änderung genauer geprüft werden. Geschehe das nicht, vereinfache dies den Betrügern, Geld umzuleiten.

Auch sollten in Zukunft regelmäßig Stichproben unter den Zahlungsaufträgen gemacht werden. Das nun durchgeführte Audit dürfe keine einmalige Sache bleiben, sondern solle ein ständiger Prozess werden. Eine Datenbank mit üblichen Einkaufspreisen könnte nützlich sein, um festzustellen, wann Einkaufspreise weit über dem Durchschnitt liegen. Und letztendlich müssten alle Angestellten geschult werden, um eventuelle Betrugsfälle besser zu erkennen.

Täter kannten das System sehr gut

PwC wies allerdings auch darauf hin, dass schon 2009 wesentliche Änderung im Zahlungsverkehr eingeführt wurden, die eventuellen Betrügern ihre Sache erschweren sollten. So wurde ein „service financier“ geschaffen, der getrennt von der „recette communale“ funktioniert. Mit der damaligen Neuerung seien auch die Prozesse der Auszahlung von Rechnungen und der Aufnahme eines neuen Kontos getrennt worden.

Auch nun habe der Schöffenrat schon einiges in die Wege geleitet, darunter eine zusätzliche Kontrolle, wenn eine auszuzahlende Summe eine bestimmte Grenze überschreitet. Man müsse allerdings immer bedenken, dass kein System hundertprozentig sicher sei – und in diesem Fall sei es von Leute ausgenutzt worden, die es sehr gut kannten.

Kritik an der Vorgehensweise

Die Untersuchungen liefen parallel zu den Ermittlungen der Kriminalpolizei. Er habe zuerst die Ergebnisse dieser strafrechtlichen Untersuchungen abwarten wollen, sagte Bürgermeister Lies auf die Frage von Roland Tex („déi gréng“) hin, warum der Schöffenrat anfangs gezögert habe, ein Audit in Auftrag zu geben. Lies erklärte ferner, dass alle Gemeindemitarbeiter über die Ergebnisse der Studie und vor allem über die Konsequenzen informiert würden.

Man sei zwar froh, dass eine Prüfung gemacht worden sei, doch sie bedauere es, dass die Opposition nicht bei der Ausarbeitung des Lastenheftes mit eingebunden worden sei, meinte Myriam Feyder (DP). Eine kleine Überraschung gab es für sie dann zum Schluss, als sie fragte, ob sie eine Kopie des Berichts bekommen könne. Die Vertreter von PwC gaben eine indirekte Absage. Man wolle nicht, dass Details an die Öffentlichkeit kommen. Dass die Presse bei der öffentlichen Sitzung zugegen war, war dem Mann wohl entgangen.

Ideen für die Gemeindereform

Zum Abschluss sagte Lies, es sei nun Zeit, dass Ruhe in die Gemeinde einkehre. Er betonte, dass sich die meisten Mitarbeiter an das Gesetz halten und die Veruntreuung eine Sache von Kriminellen sei, die das informatische System missbraucht, Unterschriften und Unterlagen gefälscht hätten. „Et ass e Crime, eng Sauerei.“ Doch er trete für absolute Transparenz ein: Erstens habe der Schöffenrat sofort Anzeige erstattet, als er vom Betrug erfuhr, und alles, was man in Erfahrung bringe, werde dem Innenministerium mitgeteilt.

Die Frage nach der offiziellen Sitzung, ob er damit nicht einen Stein ins Rollen brächte, bejahte Lies sofort. Er sei schon von anderen Bürgermeistern auf die Sache angesprochen worden und hoffe, dass die Erkenntnisse aus dieser Sache mit in die Gemeindereform einfließen.

Weiteres

Vor der Vorstellung des PwC-Berichts stimmte der Gemeinderat noch über 17 Endabrechnungen von Projekten ab, die teilweise schon bis ins Jahr 2001 zurückreichen. Nach dem, was im Juni aufgeflogen sei, könne man sich denken, warum die Verantwortlichen die Endabrechnungen nicht vorgelegt hätten. Marc Lies sagte, diese Abstimmung sei aber nur Formsache, die die strafrechtlichen Folgen nicht beeinträchtigten. Roland Tex („déi gréng“) kritisierte den Schöffenrat, der sich in Sachen Buchhaltung doch immer selbst lobe. Angesichts der Tatsachen müsse den Behauptungen doch widersprochen werden. Wie nicht anders zu erwarten lehnte die Opposition die meisten dieser „décomptes“ ab. Der Gemeinderat hieß außerdem das Projekt eines ökologischen Parkplatzes am „Weischbändchen“ in Fentingen gut. Die Kosten belaufen sich auf 1 Million Euro.

berlusco
24. Januar 2020 - 14.38

Wann ech gutt informéiert sinn ass d' Präsidentin vun der Budgetskontrollkommissioun am Schöfferot zu Hesper, oder? An wéi huet hat bei den 17 skandaléisen Endabrechnungen gewielt? Abgesegnet? Do verstinn ech d'Welt awer guer net méi....

Sully
21. Januar 2020 - 16.54

@J.C.Kemp "Nun, seit Joerzengten eng typesch C-Gemeng." Für einmal kann ich Ihnen zu 100% zustimmen, danke,

Hilger A
21. Januar 2020 - 15.41

De Pol. Ganz genee.

KTG
21. Januar 2020 - 14.09

@Patrick W.: Hesper ass net sou kleng. Zwar kleng am Verglach mam Ausland, allerdéngs zu Lëtzebuerg op der 7. Plaz.

J.C.Kemp
21. Januar 2020 - 10.45

Nun, seit Joerzengten eng typesch C-Gemeng.

de Pol
21. Januar 2020 - 10.25

Der gesamte Schöffenrat müsste eigentlich zurücktrete, weil er versagt hat indem er seiner Kontrollpflicht in Sachen Finanzen nicht nachgekommen ist.

Patrick W.
21. Januar 2020 - 8.45

Wann dat esou weider geet, brauch an Zukunft all Gemengerot eng eegen Audit-Firma. (Hesper ass jo nach eng kleng Gemeng).