Reportage Ein Tag in der Escher Bibliothek: „Hier will ich in Rente gehen“

Reportage  / Ein Tag in der Escher Bibliothek: „Hier will ich in Rente gehen“
Ein eingespieltes Team: Die sieben Mitarbeiter der Escher Bibliothek ergänzen sich perfekt Foto: Editpress/Alain Rischard

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In der Escher Bibliothek riecht es nicht nach verstaubten Büchern. Es riecht nach Pfefferminz. Für die Öffentlichkeit ist am Mittwochmorgen noch geschlossen. Aber hinter der cremefarbenen Fassade des Wohnhauses in der Emile-Mayrisch-Straße wuseln sieben Personen bereits fleißig umher. Sie räumen die zurückgebrachten Bücher ein, legen die aktuellen Zeitungen und Magazine aus, beantworten E-Mails und bereiten sich auf den Tag vor.

Es ist kurz nach neun Uhr, als sich Tamara, Jan, Sandra, Alexa, Kim, Georges und Daniela an den großen Tisch im Lesesaal auf dem ersten Stock setzen. Vor ihnen stehen bunte Tassen mit lustigen Aufdrucken. „I like my coffee Siriusly Black“ steht auf der von Tamara Sondag, der Leiterin der Escher Bibliothek. Die Stimmung ist gelassen bis ausgelassen. „We got dressed for success“, singt und tanzt Jan Guth, der Erzieher der Truppe, und bringt damit alle zum Lachen. „Wer morgens schlecht gelaunt hier ankommt, bleibt es nicht lange“, wird Kim später sagen.

Das Team nutzt die ruhigen Stunden vor den offiziellen Öffnungszeiten, um beim gemeinsamen Frühstück die anstehenden Aufgaben und Termine zu besprechen. Nachdem Marmeladenbrot und Müsli verputzt sind, ist es für Kim Nilles an der Zeit, nach unten zu gehen. An Morgen, an denen die Bibliothek geschlossen bleibt, empfängt sie Kindertagesstätten und liest ihnen vor. Sie erwartet die erste Gruppe, eine „Crèche“ aus Foetz, um 10.00 Uhr. Es klingelt ein paar Minuten zu früh. Als die sechs Kinder und die beiden Erzieherinnen es sich in der eigens dafür eingerichteten Leseecke mit Kuscheltieren und bunten Kissen gemütlich gemacht haben, beginnt Kim mit dem Erzählen der ersten Geschichte: „Les trois petits cochons“. Es folgen Dornröschen und „Jack et le haricot magique“. Die Kinder hängen der 32-Jährigen an den Lippen und rücken immer näher, bis sie ihr fast auf dem Schoss sitzen. „Wie machen die Kühe?“, fragt Kim, als eine Kuh im Buch zu sehen ist. „Muuuh!“, rufen die Kleinen begeistert.

Kim Nilles zwischen den Kuscheltieren in der gemütlichen Leseecke. Ihr Lieblingsbuch: „Die Säulen der Erde“ von Ken Follett.
Kim Nilles zwischen den Kuscheltieren in der gemütlichen Leseecke. Ihr Lieblingsbuch: „Die Säulen der Erde“ von Ken Follett. Foto: Editpress/Alain Rischard

Nach vier Geschichten dürfen die Kinder sich bei den Kinderbüchern umsehen. Begeistert ziehen sie diese aus den Regalen und blättern darin. „Am wichtigsten ist es mir, dass sie ein positives Bild von der Bibliothek im Kopf behalten“, sagt Kim Nilles. Sie habe auch schon Kindertagesstätten gehabt, bei denen niemand still sitzen konnte. Dann habe sie die Vorlesung unterbrochen und den Kindern erlaubt, im Regallabyrinth herumzulaufen. „Hauptsache, sie denken an etwas Schönes zurück, wenn sie später einmal an eine Bibliothek denken.“

Kim ist selbst zweifache Mutter und einer der Neuzugänge der Escher Bibliothek. Angefangen hat sie im Juli 2019. Als sie zum ersten Mal spontan einer Kitagruppe vorliest, kommt das so gut an, dass sich das Vorlesen inzwischen zu einer zeitaufwendigen Aufgabe entwickelt hat. Inzwischen kommen 27 Kindertagesstätten regelmäßig zu Kims Vorlesemorgen – und die müssen koordiniert werden.

Wie Weihnachten

Wenn sie nicht gerade Geschichten erzählt, sitzt Kim in der Ausleihe. „Dafür wurde ich eingestellt“, sagt sie. „Uns war es wichtig, jemanden zu haben, der immer da ist. Damit die Kunden sich an ein Gesicht gewöhnen können“, sagt Tamara Sondag. Kim nimmt also Bücher zurück und gibt sie heraus. Dazu gehört auch die Kundenberatung. „Wenn jemand mir sagt, was ihm gefallen hat, schlage ich vor, was er als Nächstes lesen könnte“, sagt sie. Zu ihrem Job gehört es außerdem, neue Kunden einzuschreiben. Wenn sie Zeit hat, macht sie einen Rundgang mit den Neuzugängen. „Wenn die Mutter kommt, um ihr Kind einzuschreiben und sie am Ende auch ein Buch mit nach Hause nimmt, dann bin ich glücklich“, sagt die quirlige junge Frau.

Um 11.00 Uhr klingelt es an der Tür. Es ist eine Lieferung der Escher „Librairie Diderich“. Hier bestellt die Bibliothek ihre Bücher. „Es ist uns wichtig, lokale Läden zu unterstützen“, sagt Tamara. Alexa und Kim kommen gleich angerannt und beugen sich über die erste Kiste. „Es ist jedes Mal wie Weihnachten“, sagen sie, und beim Blick in die Kiste freut sich auch gleich die Chefin: „Juhu ,The Witcher‘ ist angekommen.“ Die Bibliothek versucht immer, auf dem neuesten Stand zu sein. Wünschen Kunden sich etwas, das es noch nicht gibt, können sie einen Zettel ausfüllen und diesen in die Wunschbox werfen.

Georges Gromes gehört zum Inventar der Escher Bibliothek, darüber sind sich alle einig. Der 55-Jährige arbeitet am längsten von allen dort – seit insgesamt 36 Jahren. „Als ich angefangen habe, war ich 19 Jahre alt. Damals hat hier im Bibliothekshaus noch eine Frau gewohnt“, erinnert er sich. Georges kennt das Gebäude in- und auswendig. Spürt er einen Luftzug, weiß er genau, welches Fenster offen ist. Gibt es ein kaputtes Rohr, hat er es innerhalb kurzer Zeit aufgespürt und repariert es. Er ist „homme à tout faire“, wie er selbst sagt – und derjenige, der Tamara an ihren ersten Tagen als Leiterin am meisten weitergeholfen hat. Als diese vor fünf Jahren angefangen hat, war der vorherige Leiter nämlich schon nicht mehr da, um die junge Bibliothekarin einzuweisen.

Georges Gromes gehört zum Inventar der Escher Bibliothek. Er arbeitet seit 36 Jahren dort und kennt jede Schraube des Gebäudes. Sein Lieblingsbuch: „Die fliegenden Bücher des Mister Morris Lessmore“ von William Joyce
Georges Gromes gehört zum Inventar der Escher Bibliothek. Er arbeitet seit 36 Jahren dort und kennt jede Schraube des Gebäudes. Sein Lieblingsbuch: „Die fliegenden Bücher des Mister Morris Lessmore“ von William Joyce Foto: Editpress/Alain Rischard

Georges vereint die wohl unterschiedlichsten Aufgaben unter sich. Neben dem „Fonds ancien“ auf dem zweiten Stock, in dem ausgewählte Schmöker zu finden sind, betreut er die E-Books der Escher Bibliothek. Ein Projekt, das landesweit seit fünf Jahren läuft, und bei dessen Entstehung er von Anfang an mit dabei war. Im Gegensatz zu 45.000 physischen Büchern hat die Escher Bibliothek ganze 145.000 E-Books in ihrem Angebot. Insgesamt sei die Digitalisierung die größte Veränderung, seit er dort arbeitet. „Früher hatten wir einen großen Schrank mit einzelnen Karteikarten, auf denen die Informationen zu jedem einzelnen Buch niedergeschrieben waren“, sagt er. Heute läuft die Katalogisierung über das Online-System „ALEPH“, das sich die Luxemburger Bibliotheken teilen.

Von wegen Aussterben

Zudem ist Georges für den Multimediabereich zuständig, kümmert sich um die Finanzen, bildet zusammen mit Jan das „IT-Team“ des Hauses und schmeißt seit 36 Jahren die größte Abteilung der Bibliothek, nämlich die der Sachbücher. Aus Erfahrung kann er sagen: „Die Bibliothek stirbt nicht aus!“ Es kämen wieder viel mehr Kunden, als das noch vor 15 Jahren der Fall war.

Einer dieser Kunden ist Aldo Sagramola. Am Mittwochnachmittag ist er auf der Suche nach Informationen über den Rümelinger Bildhauer Albert Hames. Das Mitglied des „Photo Club Esch“ plant, dessen Atelier fotografisch festzuhalten. „Ich komme regelmäßig hierher, um Recherchen für mein Hobby zu machen“, sagt er begeistert. Er habe eine „Digitalophobie“, sagt er über sich. Wenn er dann doch nicht daran vorbeikäme, den PC nutzen zu müssen, werde ihm in der Bibliothek immer kompetent weitergeholfen.

Der Escher Aldo Sagramola kommt regelmäßig in die Bibliothek, um Recherchen für seine Fotoprojekte zu machen
Der Escher Aldo Sagramola kommt regelmäßig in die Bibliothek, um Recherchen für seine Fotoprojekte zu machen Foto: Melody Hansen

Für die meisten Kunden ist die Bibliothek mehr als nur ein Ort, an dem sie sich Bücher ausleihen. Es ist ein sozialer Ort, an dem sie auch mal ihre Sorgen lassen und neue Kraft schöpfen können. Das liegt Erzieher Jan Guth zufolge daran, dass es ein öffentlicher Ort ohne Stigma ist. Auch ein Obdachloser kann hereinkommen und einen Kaffee trinken, ohne dass er gleich als solcher enttarnt wird.

Darin sieht Jan eine seiner wichtigsten Aufgaben. Ihm liegt das Soziale im Blut. Der 30-Jährige hat sein Büro direkt gegenüber von Georges. Er arbeitet seit Juni 2017 im Team der Escher Bibliothek, für ihn ein absoluter Traumjob. Der Holländer kommt – wie sollte es anders sein – jeden Morgen mit dem Fahrrad zur Arbeit. Trotz seiner Abstammung ist er Escher durch und durch. „De Jan kennt zu Esch Jänni a Männi“, sagt Tamara.

Erzieher Jan Guth ist ein waschechter Escher und hat in der Bibliothek seinen Traumjob gefunden. Sein Lieblingsbuch: „Annihilation“ von Jeff VanderMeer
Erzieher Jan Guth ist ein waschechter Escher und hat in der Bibliothek seinen Traumjob gefunden. Sein Lieblingsbuch: „Annihilation“ von Jeff VanderMeer Foto: Editpress/Alain Rischard

Das Wohnhaus, in der sich die Escher Bibliothek befindet, und das sie so besonders macht, liegt Jan mit am meisten am Herzen. „Morgens hierherzukommen ist nicht wie arbeiten gehen. Ich gehe von einem Zuhause in das andere.“ Trotzdem weiß er um die Schattenseiten des Hauses. Es ist nicht barrierefrei und das ist ein großes Problem, für das früher oder später eine Lösung hermuss. Neben dem Bereich der Jugend- und Kinderbücher kümmert sich Jan derzeit um das „Esch 2022“-Projekt, das die Bibliothek eingereicht hat. Auch hier soll soziale Kohäsion großgeschrieben werden und es soll darum gehen, die „Escher miteinander zu vernetzen“, verrät er.

Liebe, die unter die Haut geht

Es ist 14.30 Uhr, als Kiko Menichetti durch die Tür der Bibliothek spaziert. Der Sänger und Gitarrist der Escher Band Zero Point Five trifft sich mit Tamara, um deren Auftritt in der Bibliothek zu besprechen. Geplant ist ein Akustikkonzert mitten im Lesesaal. Dieses soll am 2. März, dem Tag der offenen Tür und gleichzeitig der Abschlussfeier des „Centenaire“, stattfinden. Die Planung dieser und anderer Veranstaltungen gehört zu den Aufgaben der jungen Bibliotheksleiterin. Ihren Job macht sie mit absoluter Leidenschaft, die wortwörtlich unter die Haut geht. Auf ihrer linken Schulter hat sie ein Tattoo mit der Aufschrift „BESA“, drumherum ein Herz. BESA ist die Abkürzung, mit der die Escher Bibliothek im ALEPH-System eingespeichert ist. „So nennen wir die Bibliothek immer. ,Bibliothèque municipale d’Esch-sur-Alzette‘ ist uns etwas zu lang“, lacht sie.

Auf dem rechten Arm hat die 29-jährige ein Tattoo, das die Liebe zu ihrem Traumjob ausdrückt; „Librarians rock“ steht dort, umgeben von fliegenden Buchstaben und Büchern. Dass sie Bibliothekarin werden will, weiß sie, seit sie 16 Jahre alt ist. Also studiert sie genau das im Bachelor an der Uni in Köln und tritt 2015 den Posten der Leiterin in der Escher Bibliothek an. Seitdem ist es ihr Job, den Überblick zu behalten. Tamara managt das Personal, passt auf, dass alles übereinander stimmt, trifft Entscheidungen und behält dabei auch die Zukunft im Blick. An alles denken zu müssen, beschreibt sie, als seien tausend Tabs in ihrem Kopf offen. „Ich bin auch die Meckertante hier, das gehört dazu“, sagt sie. Es sei schließlich nicht alles immer nur larifari.

Bibliotheksleiterin Tamara Sondag hat Bücher schon immer ausgeliehen, damals noch im „Bicherbus“. Ihr Lieblingsbuch: „Tintenherz“ von Cornelia Funke
Bibliotheksleiterin Tamara Sondag hat Bücher schon immer ausgeliehen, damals noch im „Bicherbus“. Ihr Lieblingsbuch: „Tintenherz“ von Cornelia Funke Foto: Editpress/Alain Rischard

Davon, Bücher zu kaufen, hat Tamara noch nie viel gehalten. Schon als Kind leiht sie sich alles im „Bicherbus“ aus. Dadurch kam es dann auch mal vor, dass sie Bücher nicht der Reihe nach lesen konnte, weil ein bestimmter Band schon ausgeliehen war. „Ich habe die Harry-Potter-Reihe mit dem dritten Buch begonnen“, gibt sie zu. „Das geht!“ Heute kommt sie nicht mehr ganz so häufig zum Lesen. Sie verlässt die Bibliothek nur selten vor 20.00 Uhr. „Ich kann den Job nicht von mir als Privatperson trennen.“

In der Zwischenzeit haben sich drei Geschichtsstudenten der Uni Luxemburg  im Lesesaal ausgebreitet. Max Ribeiro, Damien Schmit und Bob Rommelfanger kommen seit zwei Jahren regelmäßig zum Lernen her. Daran hat auch die Eröffnung des Learning Center auf Belval nichts geändert. Bob und Max wohnen in einer Studentenwohnung in Esch und Damien kommt aus Bascharage, um von der gemütlichen Atmosphäre der Escher Bibliothek zu profitieren. „Hier wird man mit offenen Armen empfangen“, sagt der 24-jährige Damien. „Es ist einfach herzlich, das Team gibt einem viel zurück“, ergänzt Max, der 22 Jahre alt ist. Es sei überhaupt kein Vergleich zu dem riesigen Gebäude auf Belval.

Die drei Geschichtsstudenten der Uni.lu, Damien, Bob und Max, kommen seit zwei Jahren regelmäßig zum Lernen in den Lesesaal. Sie schätzen die herzliche BESA-Atmosphäre.
Die drei Geschichtsstudenten der Uni.lu, Damien, Bob und Max, kommen seit zwei Jahren regelmäßig zum Lernen in den Lesesaal. Sie schätzen die herzliche BESA-Atmosphäre. Foto: Melody Hansen

Eine Etage drüber ist Alexa Biwer gerade dabei, Bücher zu katalogisieren – eine ihrer liebsten Aufgaben. Kommt ein neues Buch an, muss es mit all seinen Metadaten in das ALEPH-System eingetragen werden: ISBN, Autor, Verlag, Ausgabe und andere Informationen gehören dazu. Daneben arbeitet Alexa in der Ausleihe und kümmert sich um den Belletristik-Bereich der englischen, deutschen, spanischen und italienischen Bücher. „Jeder von uns hält sein Regal im Auge“, sagt sie. Fehlt dort etwas, wird es bestellt. Manchmal stünden aber auch Bücher da, die seit Jahren kein einziges Mal ausgeliehen wurden. Die fliegen dann raus und werden an „Maisons relais“ oder andere Orte gespendet. Weggeworfen werde ein Buch nur äußerst selten.

Alexa Biwer arbeitet seit einem Jahr in der Escher Bibliothek und weiß jetzt schon: Hier will sie in Rente gehen. Ihr Lieblingsbuch: Die Harry-Potter-Reihe von J. K. Rowling.
Alexa Biwer arbeitet seit einem Jahr in der Escher Bibliothek und weiß jetzt schon: Hier will sie in Rente gehen. Ihr Lieblingsbuch: Die Harry-Potter-Reihe von J. K. Rowling. Foto: Editpress/Alain Rischard

Alexa hat Englisch, Finnisch und Skandinavistik im Master in Köln studiert und ist – wie all ihre Kollegen – ein echter Bücherwurm. Seit fast genau einem Jahr ist sie bei der Escher Bibliothek angestellt und ist sich jetzt schon sicher: „Hier will ich in Rente gehen.“ Schon als Kind sei die junge Escherin in die Bibliothek gekommen, sie verbinde damit Kindheitserinnerungen. „Ich stehe morgens auf und freue mich, zur Arbeit zu kommen“, sagt die 35-Jährige mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht. Das Projekt „E Buch op Rieder“ ist ihr „Baby“. Die Bibliothek bringt Senioren oder Menschen, denen die Fortbewegung schwerfällt, Bücher nach Hause. Unter anderem als Reaktion darauf, dass die Bibliothek nicht barrierefrei ist.

Gegenüber von Alexa sitzt Daniela Nigueira. Die 33-Jährige hat 2003 ihre Ausbildung zur „employée administrative“ in der Escher Bibliothek gemacht und ist seitdem nicht mehr von dort wegzudenken. Die außergewöhnlich gute Stimmung sei in den vergangenen 17 Jahren nicht immer so gewesen. Auch ihr Talent fürs Basteln kann sie erst seit den letzten Jahren ausleben. „Als die anderen gemerkt haben, dass ich das kann, haben sie mich dazu angespornt“, sagt Daniela, die von den anderen liebevoll Bastelfee genannt wird und das Haus zu Weihnachten, Halloween und Ostern dekoriert.

Bastelfee Daniela Nigueira bindet die Bücher der Bibliothek seit 17 Jahren ein und hatte somit jedes schon einmal in der Hand. Ihr Lieblingsbuch: „La tresse“ von Laetitia Colombani.
Bastelfee Daniela Nigueira bindet die Bücher der Bibliothek seit 17 Jahren ein und hatte somit jedes schon einmal in der Hand. Ihr Lieblingsbuch: „La tresse“ von Laetitia Colombani. Foto: Editpress/Alain Rischard

Jedes Buch, das in der Bibliothek ankommt, passiert mindestens ein Mal die Hände der zweifachen Mutter. Sie bindet sie in Selbstklebefolie ein, eine sehr präzise Arbeit, bei der sie auch mal abgelenkt wird. „Wenn mich ein Buch interessiert, erwische ich mich dabei, dass ich plötzlich schon auf Seite drei bin. Dann muss ich mich selbst dazu ermahnen, weiterzuarbeiten“, lacht sie. Fällt ein Buch auseinander, versucht sie, es zu reparieren. Das hat Daniela sich selbst beigebracht. Daneben kümmert sie sich um portugiesische Belletristik. Daniela arbeitet auch in der Ausleihe, verwaltet das Lager und läuft täglich mit internen Briefen zum Stadthaus und wieder zurück. Lesen, sagt Daniela, habe ihr geholfen, zu heilen. Die 33-Jährige ist sehr früh Mutter geworden und hatte mit einer postnatalen Depression zu kämpfen. In der Bibliothek zu arbeiten, ist auch für sie ein Traumberuf. Der Ort hier ist eine „Maison magique“, sagt sie.

Sandra Castellano sitzt im Büro nebenan. Sie ist das neueste BESA-Teammitglied und hat im September 2019 angefangen. Sandy mag es gemütlich: In ihrem Büro läuft leise Bruce Springsteen und ihr Diffuser versprüht den angenehmen Duft von Verveine. Nach dem Abschluss ihres Masterstudiums in „Information et documentation“ in Frankreich konnte sie bereits Erfahrung als Bibliothekarin und Archivarin in Luxemburg sammeln. Alexa, mit der sie noch aus Lyzeumszeiten befreundet ist, hat sie auf den BESA-Geschmack gebracht, sodass sie sich auf einen frei gewordenen Posten gemeldet hat. Die 35-Jährige ist die ruhigste aus der Truppe, geht jedoch vollkommen auf, als sie von ihrer Arbeit spricht.

Sandra Castellano ist die ruhigste der Truppe, aber wenn sie über ihren Job spricht, geht sie auf. Ihr Lieblingsbuch: „Le pavillon d’or“ von Yukio Mishima.
Sandra Castellano ist die ruhigste der Truppe, aber wenn sie über ihren Job spricht, geht sie auf. Ihr Lieblingsbuch: „Le pavillon d’or“ von Yukio Mishima. Foto: Editpress/Alain Rischard

Sandra liest am liebsten französische Literatur und kümmert sich demnach um die französischsprachige Belletristik. Beim Bestellen neuer Bücher versucht sie, die eigenen Vorurteile außen vor zu lassen, damit am Ende für jeden etwas dabei ist. „Um herauszufinden, was beliebt ist, inspiriere ich mich auf der Internetplattform ,Goodreads‘, sehe mir ,Booktube‘ und ,Bookstagram‘ an und sehe regelmäßig bei den Verlagshäusern nach. Zudem ist sie für alle möglichen Berichte und Statistiken zuständig. „Mit dem Jahresbericht, den wir für 2019 zum ersten Mal machen, bin ich fast fertig“, freut sie sich. Noch befindet sich Sandra in der Probezeit, die Düdelingerin, die inzwischen in Beles wohnt, kann sich aber jetzt schon vorstellen, für immer in der Escher Bibliothek zu arbeiten.

Rosa Amaral Coelho und Mira Fernandes sind die Letzten, die am Mittwoch in die Bibliothek kommen – und auch die Letzten, die gehen. Die beiden Reinigungskräfte gehören zur guten Seele des Hauses und haben beide eine besondere Beziehung zur Bibliothek. Rosa arbeitet seit neun Jahren dort und liebt die Atmosphäre, wenn sie abends mit den Büchern alleine ist. „Ich mag es, meine Ruhe zu haben“, sagt sie. Sie weiß besonders zu schätzen, dass sich in der Escher Bibliothek alle gegenseitig respektieren.

Rosa schätzt den respektvollen Umgang am Arbeitsplatz und mag es, abends alleine mit den Büchern zu sein
Rosa schätzt den respektvollen Umgang am Arbeitsplatz und mag es, abends alleine mit den Büchern zu sein Foto: Melody Hansen

Während Rosa den Keller und das Erdgeschoss putzt, kümmert sich Mira seit fünf Jahren um den Lesesaal und die Büros unterm Dach. Daraus, dass Putzen ihre Leidenschaft ist, macht sie kein Geheimnis. „Ich mag es, wenn alles schön sauber ist. Sowohl in der Bibliothek als auch bei mir zu Hause“, sagt sie. Mira hat zudem einen grünen Daumen und kümmert sich um die in allen Farben blühenden Orchideen im Lesesaal. „Ich weiß nicht, wie sie das macht“, sagt Daniela, „egal wie schlimm es einer Pflanze geht, Mira kriegt sie wieder hin.“

Mira hat einen grünen Daumen und kümmert sich täglich um die Pflanzen in der Bibliothek
Mira hat einen grünen Daumen und kümmert sich täglich um die Pflanzen in der Bibliothek Foto: Melody Hansen

Genau wie Daniela haben Rosa und Mira fast jedes Buch der Bibliothek schon einmal in der Hand gehalten. Denn jedes Exemplar, das von einem Kunden zurückgebracht wird, wird von den beiden desinfiziert, bevor es wieder zurück ins Regal wandert. Wenn gegen 22.00 Uhr der letzte Staubkorn aufgewischt und alle bunten Tassen gespült sind, geht es auch für die beiden nach Hause – und die Bücher haben die „Maison magique“ für ein paar Stunden für sich. 

Kernmayer
18. Januar 2020 - 15.43

Et ass wierklech schéin do, Problem ass, ausser e puer eeler Leit déi ze knéckeg sinn en Abo ze bezuelen liesen d'Zeitung an dat war et schonn.