SkeletonLuxemburger Jeff Bauer will sich mit 46 Jahren noch für Olympia qualifizieren

Skeleton / Luxemburger Jeff Bauer will sich mit 46 Jahren noch für Olympia qualifizieren
Jeff Bauer ging im November 2019 auf der Olympiastrecke von Sotschi an den Start  Foto: Union luxemburgeoise de Skeleton

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Jeff Bauer ist der einzige Skeletoni in der Geschichte Luxemburgs. Nachdem er Olympia 2018 aus bürokratischen Gründen verpasste, will er sich mit 46 Jahren erneut für die Spiele qualifizieren. Ein ungewöhnlicher Weg – vor allem, weil er den Sport erst vor neun Jahren für sich entdeckt hat. 

Mit einer Hand an seinem 33 Kilogramm schweren Skeleton steht Jeff Bauer am Start des Eiskanals von Whistler (CAN). Er trägt spezielle Spikes, die ihm das Anlaufen auf der Eisfläche vereinfachen. Vor ihm befindet sich eine 1.450 Meter lange Strecke mit 16 Kurven, die Bauer in wenigen Momenten mit mehr als 130 km/h befahren wird. Das Licht schaltet auf Grün, Bauer rennt etwa 50 Meter an, um sich dann bäuchlings auf den Skeleton zu legen. Die Arme legt er eng an die Seiten, seine Beine ragen etwa ab den Knien über den superflachen Schlitten hinaus. Sein Gesicht befindet sich nur wenige Zentimeter über dem Eis. Schon nach den ersten Kurven beträgt seine Geschwindigkeit über 100 km/h. „Ungefährlich ist es nicht“, erklärt der 46-Jährige. „Aber für Rodler ist es deutlich gefährlicher. Als Skeletonis stürzen wir nicht so oft, weil der Skeleton schwer ist.“ Der höhere Körperschwerpunkt macht es für die Rodler dagegen riskanter. Bei den Olympischen Spielen 2010 verunglückte der georgische Rodler Nodar Kumaritaschvili im Eiskanal von Whistler tödlich. Der Hochgeschwindigkeitsparcours gilt aber nicht erst seit dem tragischen Unfall als eine der schwierigsten Strecken weltweit. „Fifty-Fifty“ haben Skeletonis, Bobfahrer und Rodler die gefährlichste der Kurven getauft: nach der Wahrscheinlichkeit, sie ohne Sturz zu überstehen. „Ich stürze öfter“, sagt Bauer. „Ich bin mir des Risikos des Sports bewusst. Bis auf Prellungen habe ich mir aber noch nichts Schlimmeres getan.“

Doch dass blaue Flecken nun zu seinem Alltag gehören, ist Teil einer kuriosen Geschichte: Vor neun Jahren entdeckte er den Sport – nun spricht der 46-Jährige von Olympia. Sportlich hatte er seine Teilnahme schon 2018 verdient gehabt. Dem in Ohio geborenen Athleten fehlte eine Unterschrift der Justiz, um seinen luxemburgischen Pass zu erhalten. Die Signierung kam zu spät, Bauer verfolgte das Geschehen bedauerlicherweise vor dem heimischen Bildschirm. Dass er ein Recht auf die luxemburgische Staatsbürgerschaft hat, liegt an der Geschichte seiner Familie. Nach dem Zweiten Weltkrieg machte sich der Großvater von Bauer nach Luxemburg, um bei Goodyear in Colmar-Berg anzuheuern. Auch Bauers Vater machte sich einst 1979 auf die Spuren seines Vaters und brachte den 6-jährigen Jeff mit ins Großherzogtum. Jeff ging hier zur Schule, lernte die Sprachen und schaffte es sogar in die Basketballnationalmannschaft der Junioren. Bauer kehrte nach zwölf Jahren Aufenthalt in Luxemburg in die USA zurück. Vier Generationen der Familie Bauer werden schon Zeit in Luxemburg verbracht haben, wenn bald der Neffe von Jeff in Luxemburg studieren wird.

Teilnahme an der WM 

Aktuell lebt Bauer in Park City (Utah). Er wohnt nicht weit von der Strecke, die 2002 bei den Olympischen Spielen genutzt wurde. Auch wegen der Nähe zum Eiskanal entdeckte Bauer den Sport. Mit 39 Jahren hat er sich zum ersten Mal die Strecke hinuntergetraut. „Ich habe nicht mit Skeleton angefangen, weil ich mit dem Gedanken spielte, mal an Olympia teilnehmen zu können“, erklärt Bauer. „Ich liebe Sport und neue Herausforderungen.“ Als Bauer sein Talent entdeckte, wurden seine Trainings intensiver und die Ambitionen größer. Bauer begann, Wettkämpfe in Nordamerika zu bestreiten, um später in der ganzen Welt aktiv zu sein: St. Moritz, Königssee (Österreich), La Plagne (Frankreich), Calgary (Kanada) oder Sotschi (Russland) gehören zu den Orten, an denen er bereits an den Start ging. In der Saison 2017/18 waren seine Ergebnisse dann so gut, dass er sich sportlich für Olympia qualifizierte – wäre da nicht die angesprochene Bürokratie gewesen. „Es war für mich sehr bitter, da es ein Traum gewesen wäre, zu Olympia zu fahren.“ Erst im Juni des letzten Jahres erhielt er dann den luxemburgischen Ausweis. Im März dieses Jahres trug er dann die rot-weiß-blauen Farben bei den Weltmeisterschaften in Whistler, bei denen er den 31. Platz belegte.

An der Nationalität dürfte es nun also nicht mehr scheitern, dass Bauer nicht an Olympia teilnehmen darf. Doch die Normen für die Olympischen Spiele 2022 sind strenger geworden. „Ich muss unter die besten 60 der Welt“, sagt Bauer. „Im letzten Jahr war ich auf Platz 57. Aber das ist alles ziemlich eng. Ich muss viel an mir arbeiten und meine Leistungen in diesem und im nächsten Jahr bestätigen.“ Mit der Teilnahme an Olympia 2022 in Peking will sich Bauer einen Traum erfüllen. „Ich sehe es als realistisches Ziel an.“

Unterstützung aus Luxemburg

Fünf Mal trainiert er dafür pro Woche – an einem Trainingstag im Kanal fährt er die Strecke drei Mal hinab. „Es hört sich nach wenig an, da ein Lauf nicht länger als eine Minute dauert. Doch es beansprucht den Körper so sehr, dass du viel Regenerationszeit benötigst. Nach drei Läufen hast du das tägliche Pensum erfüllt.“ Unterstützt wird Bauer derweil vom COSL und vom Sportministerium. „Ich bin ihnen für ihre Hilfe extrem dankbar. Ohne den Support könnte ich das alles nicht realisieren.“ Der Elite-Kaderathlet ist trotz der weiten Entfernung noch stark mit dem Großherzogtum verbunden. Er habe noch einige Freunde dort, mit denen er ständig in Kontakt ist. In diesen Gesprächen versucht er, die luxemburgische Sprache nicht ganz zu verlernen. „Ich bin sehr stolz, für Luxemburg starten zu dürfen. Ich bin mit diesem Land sehr verbunden.“ Vielleicht wird Bauer 2022 dann die luxemburgischen Farben in Peking vertreten. 

Jeff Bauer ist stolz, den rot-weiß-blauen Anzug tragen zu dürfen 
Jeff Bauer ist stolz, den rot-weiß-blauen Anzug tragen zu dürfen  Foto: Union Luxembourgeoise de Skeleton
Jeff Bauer nahm 2019 an einem Rennen auf der Olympiastrecke von Sotschi teil
Jeff Bauer nahm 2019 an einem Rennen auf der Olympiastrecke von Sotschi teil Foto: Union Luxembourgeoise de Skeleton

Patrick
31. Dezember 2019 - 3.58

Super daß Luxemburg wieder im Skeleton vertreten ist. Wir wünschen Jeff viel Erfolg. Er ist allerdings nicht der einzige Skeletoni in der Geschichte Luxemburgs. In den frühen 80er Jahren sind 2 Luxemburger auf der Bahn in Igls in Osterreich aktiv gewesen. Die sportlichen Resultate finden sich in den Tageblatt Archiven. Damals war Skeleton allerdings leider noch nicht Olympisch.

de Schmatt
30. Dezember 2019 - 15.13

Der Mann hat Mut! Wünsche ihm einen guten Rutsch ins neue Jahr und den angestrebten, erhofften sportlichen Erfolg!