„Béier (net méi) wéi fréier“

„Béier (net méi) wéi fréier“

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Seit Jahrhunderten wird Bier in Luxemburg gebraut. Neben dem „Miseler Wéngchen“ ist „onse Béier“ das zweitbeliebteste Getränk der Nation. Und obwohl im internationalen Vergleich die hiesigen Brauereien eher wie Mikroausgaben der Riesen wirken, verstehen sie es, ihre Produktvielfalt und Marketingstrategien am Puls der Zeit zu orientieren. Daisy Schengen hat sich in der aktuellen Bier(brauer)landschaft Luxemburgs umgesehen.

Für viele Menschen nicht nur in Luxemburg gilt: Entweder ist man Bier- oder Weintrinker. Gab es in der Welt der Weintrinker traditionell etwas mehr Abwechslung im Gegensatz zur (Pils oder Weißbier) eher begrenzten Auswahl in der Bierwelt, so hat sich in den letzten Jahren dieser Zustand deutlich gewandelt. Zwar bleiben die beiden Bier-Klassiker die „Zugpferde“ für die Brauer und die Referenzprodukte für den Verbraucher, doch ein Ausruhen auf der Tradition kann sich auch in Luxemburg kein Branchenprimus erlauben. Diese fünf Megatrends sind maßgeblich dafür verantwortlich:

Megatrend „Gesunder Lifestyle“

Mehr Sport, Work-Life-Balance, Paleo-, vegane, flexitarische, pescetarische Ernährung – heutzutage legen Verbraucher sowohl vermehrt Wert auf ihre psychische als auch auf ihre körperliche Gesundheit. Dabei spielt die Ernährung eine große Rolle. Bio-Produkte liegen dabei voll im Trend: ohne Pestizideinsatz, mehr Tierwohl, vermeintlich gesünder; weniger Zucker und Weizen, mehr natürliche Süße und Getreidevielfalt sind gefragt.

Die Bierbrauer in Luxemburg haben diese Trendhinweise aufgenommen und darauf mit ihrem Sortiment reagiert. Aus Wiltz kommen mit „Simon bio“ und „Simon dinkel“ zwei Vertreter dieser Gruppe. Aus Bascharage heißt es, dass alle Biere ohne Konservierungs- und Zusatzstoffe auskommen, und mit dem „Lëtzebio-Béier“ aus dem „wiedergeborenen“ Hause Funck-Bricher wurde vergangene Woche das jüngste Produkt in diesem Zusammenhang auf den Markt gebracht.

Nicht ganz unschuldig am Umdenken in der Branche sind die kleinen, die sogenannten Mikrobrauereien, in Luxemburg. Bereits 2016 punktete das „Fox Beer“ als erstes „Low-Carb-Bier“ mit kalorienarmem Gerstensaft (33 Prozent weniger Kalorien/100 ml) und rund 70 Prozent weniger Zucker (pro 100 ml) als vergleichbare Produkte bei der heimischen Kundschaft.

Megatrend „Mikro- und DIY-Bierbrauereien“

Spaß am Bierbrauen – als Hobby, aus Freude am guten Geschmack: 22 Mikrobrauereien gibt es in Luxemburg, hatten die Pressekollegen von Le Quotidien in einem Artikel vom März 2017 notiert. Von „Hielbrew“ über „Den Heischter“ bis „Okult“ – Bierbrauen ist längst nicht mehr nur das Handwerk einiger weniger.

Außerdem finden immer mehr Menschen dank Biersets und -anleitungen im Netz Gefallen am Hobby Bierbrauen in den heimischen vier Wänden.

Megatrend „Regional“

Dass wir unseren Planeten nicht wie bisher ausbeuten können, sollte mittlerweile bis zum letzten Menschen dieser Erde durchgedrungen sein. Neben „Bio“ rangiert inzwischen auch „Regional“ ganz oben auf der Anforderungsskala der Verbraucher. Die wachsende Zahl an Frischmärkten für lokale Erzeugnisse quer durch Luxemburg ist eindeutiger Beweis für den Wunsch nach mehr Heimat auf dem Teller.

So hieß es am Rande der Präsentation des neuen Bio-Bieres, dass es keine regionalen Hopfen- und Malzlieferanten aus Luxemburg im benötigten Umfang gebe. Doch das Wasser für das Getränk stamme aus einer 320 Meter tiefen Quelle hierzulande. Außerdem bedeutet „Regional“ gleichzeitig Werbung für einheimische Produkte und die luxemburgische Identität, schrieb die 2017 wieder zum Leben erweckte Bierbrauer-Konföderation in ihrer ersten Pressemitteilung über die Gründe für die Neuauflage des Zusammenschlusses von „Brasseries“ und „Brasseurs“.

Megatrend „Null Alkohol“

Strengere Gesetze, höhere Gebühren bei Verkehrsdelikten, die Einführung des sogenannten Punkteführerscheins haben auch Luxemburgs Autofahrer aufhorchen lassen. Gehörten früher mehr als nur ein Bier oder ein Glas Wein zum Essen oder in geselliger Runde dazu, so bleibt es heute oft nur bei einem Getränk.

Die veränderten „Trinkgewohnheiten“ der Verbraucher bereiten den Bierbrauern nicht nur Sorgen. So schlossen sie sich im März 2017 zur „Confédération des brasseries et des brasseurs“ zusammen, um den neuen Herausforderungen mit einer einheitlichen Strategie zu begegnen.

Gleichzeitig mussten sie sich der steigenden Nachfrage nach alkoholfreien Produkten anpassen. So stellte Anfang des Jahres Diekirch seine alkoholfreie Variante vor, aus Bascharage war Mitte September zu hören, dass es in diesem Zusammenhang noch keine Pläne zur Veränderung der Produktpalette gibt.

Megatrend „Nischenprodukte“

In Sachen typische Biersorten „im Ländchen“ spricht das offizielle Internetportal des Großherzogtums Luxemburg von einer „Weißbier- und einer Pilsener-Tradition“.

Sieht man sich das Angebot der hiesigen drei „großen“ Brauereihäuser an, so sind sie zwar vom Verkaufsvolumen her im Vergleich mit der internationalen Konkurrenz in der Tat „mikroskopisch klein“, in der Vielfalt ihrer Biere jedoch nicht. So bietet beispielsweise die Brauerei Simon aus Wiltz insgesamt neun Biersorten, die Brasserie du Luxembourg mit den Marken Diekirch und Mousel fünf. Bei der Brasserie Nationale mit ihren Marken Bofferding, Battin und seit neuestem Funck-Bricher zählt man insgesamt 13 Biersorten.

Insgesamt sind 27 Biersorten aus Luxemburg auf dem hiesigen Markt. Zum Vergleich: Die nach eigenen Angaben älteste Brauerei der Welt, Weihenstephan aus Deutschland, führt fünf Biersorten im Sortiment.

Kehren wir zurück nach Luxemburg und rechnen die Biere der kleineren Anbieter hinzu, haben die Verbraucher die Qual der Wahl aus mehr als 30 Sorten. Außerdem bringt die auch in Luxemburg aufkommende Craft-Bier-Szene neuen Schwung in diesen Trend.
Nicht nur rein zahlenmäßig ist der heimische Biermarkt beachtenswert. Die Vielfalt der Produkte – Bio, kalorienarm, Dinkel-, Frucht- oder Weihnachtsbier – für jeden Geschmack lässt sich daraus das richtige Getränk auswählen.

Megatrend „Gestiegenes Umweltbewusstsein“

Er könnte als eine Fortsetzung des Regional-Trends gelten, längst ist der Umweltschutz in die Gastronomie eingezogen. Kürzere Transportwege und weniger intensive Bewirtschaftung der Anbauflächen – auch von den fürs Bierbrauen essentiellen Hopfen und Gerste – tragen zu niedrigeren CO2-Emissionen und letztendlich zu einer besseren ökologischen Bilanz des Einzelnen bei.

Glasflaschen statt Getränkedosen, wiederverwendbare Verpackungen, solche aus nachwachsenden Rohstoffen oder Recycling-Ausgangsware, sind weitere spürbare Merkmale des gestiegenen Umweltbewusstseins. Stichwort Pfandsystem: Nicht nur Bierflaschen werden im Supermarkt zur Wiederverwertung zurückgegeben, inzwischen wenden auch manche Weinhersteller, deren Tropfen in Luxemburgs Supermärkten verkauft werden, das Pfandsystem an.

 

roger wohlfart
24. September 2018 - 23.09

Béier nët méi wéi fréier, an dach awer gëss de staark e wéi e Stéier ! Oder och net ?